Ein Sonderausschuss des Landtags beleuchtet Hintergründe und mögliche Einflussnahmen bei der Gründung der Klima-Stiftung MV. Ein prominenter Zeuge sollte Auskunft geben. Doch der kommt nicht.

Er wäre der bislang hochkarätigste Zeuge gewesen, der vor dem Nord Stream 2-Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtags aussagen sollte. Doch kurz vor der für Freitagmorgen geplanten Zeugenbefragung sagte der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sein Kommen ab. Aus gesundheitlichen Gründen, wie ein Landtagssprecher am Donnerstagabend sagte. 

Nach Schröders Absage beschränkt sich die Zeugenbefragung im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nun auf den ehemaligen Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig. Der frühere Stasi-Offizier, der als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin galt, war 2020 zu Gast in der Schweriner Staatskanzlei, um über den Weiterbau der vor allem von Umweltverbänden, osteuropäischen Staaten und den USA kritisierten russisch-deutschen Gas-Pipeline Nord Stream 2 zu reden. 

„Wir sind uns mit Nord Stream einig, dass das Projekt zum Erfolg geführt werden soll“, hatte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) nach dem Treffen gesagt. Die CDU, die als damaliger Koalitionspartner der SPD die Bestrebungen mitgetragen hatte, wirft Schwesig nun vor, sich zum Handlanger Putins gemacht zu haben.

Opposition vermutet Einflussnahme Russlands 

Die Oppositionsparteien CDU, Grüne und FDP, auf deren Initiative der Sonderausschuss eingerichtet worden war, hatten sich vor allem von der Befragung Schröders Aufschlüsse über mögliche Einflussnahmen Russlands auf Entscheidungen der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Bau von Nord Stream 2 erhofft. Sie stellen in Zweifel, dass die Idee zur Gründung der „Stiftung Klima- und Umweltschutz“, mit deren Hilfe in erster Linie die Fertigstellung der Pipeline abgesichert werden sollte, von der Landesregierung kam. 

Schröder war nach seinem Ausscheiden aus der Politik lange Jahre für russische Energieunternehmen aktiv. Unter anderem als Präsident des Verwaltungsrats der Nord Stream 2 AG, einem Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Gazprom, sorgte er für Verbindungen zwischen Wirtschaft und Politik. Als Interessenvertreter von Nord Stream war Schröder mehrfach auch mit Spitzenpolitikern Mecklenburg-Vorpommerns zusammengetroffen. 

Landesregierung unterstützte Nord Stream-Projekte 

Die Landesregierung hatten den Bau der Ostsee-Gasleitungen, die in Lubmin bei Greifswald enden, stets aktiv unterstützt. Mit der Stiftungsgründung Anfang 2021 sollten Sanktionsdrohungen durch die USA gegen am Pipeline-Bau beteiligte Unternehmen umgangen werden. 

Die Nord Stream 2 AG war mit 20 Millionen Euro größter Geldgeber der Stiftung. Ihr gesonderter wirtschaftlicher Teil sorgte dafür, dass die Gasleitung zu Ende gebaut wurde. Durch sie sollte – wie schon durch die 2011 in Betrieb genommene Pipeline Nord Stream – russisches Gas nach Westeuropa fließen. Wegen der russischen Aggressionen gegen die Ukraine gab es von Deutschland allerdings keine Genehmigung zur Inbetriebnahme. Kurz nach Kriegsbeginn kamen sämtliche Gaslieferungen durch die Nord Stream-Leitungen zum Erliegen. Im September 2022 wurden die am Grund der Ostsee verlegten Rohrstränge vermutlich durch Sabotageakte beschädigt. 

Klimaschutz-Stiftung MV besteht weiter 

Als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine hatte der Landtag Anfang 2022 die Auflösung der umstrittenen Stiftung beschlossen. Doch kam es nicht dazu, weil sich der frühere Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) als Vorstandsvorsitzender mit Verweis auf das Stiftungsrecht dagegen zur Wehr setzte. Ein Gutachten bestätigte diese Rechtsauffassung. 

Ein Ende 2024 eingesetzter neuer Vorstand soll die Stiftung in die Zivilgesellschaft überführen. Das Land, das als Stifter für den Grundstock 200.000 Euro eingebracht hatte, will sich vollständig aus der Stiftung zurückziehen. Dem Vernehmen nach stehen für Umweltprojekte noch etwa 13 Millionen Euro zur Verfügung, die von Nord Stream 2 und aus Erlösen des bereits aufgelösten Geschäftsbetriebes der Klimastiftung stammen.