An der Polizei-Hochschule in Wiesbaden steht eine der bundesweit modernsten Trainingsstätten zur Verfügung. Was ist das Besondere an der neuen Anlage?

Nach dem Notruf eines Ehemanns treffen zwei Polizisten in einer Wohnung auf eine Frau im psychischen Ausnahmezustand, die mit einem Messer hantiert. Diese Szene gehört zu einer Übung – jedoch können hessische Beamtinnen und Beamten tagtäglich im Berufsalltag mit einer solchen Situation konfrontiert sein. An der hessischen Polizeischule werden ganz unterschiedliche Einsätze trainiert und neuerdings auch in einer virtuellen Umgebung.

Die etwa zwölf mal zwölf Meter große Trainingsanlage in einer Halle ist komplett leer – die Wohnung der Frau mit dem Messer oder auch ganz andere Tatorte und Umgebungen gibt es nur virtuell. Mit speziellen VR-Brillen (Virtual-Reality-Brillen) ausgerüstet, tauchen die Beamten in eine computergenerierte Wirklichkeit ein. Dies kann etwa eine Tankstelle nach einem Raubüberfall sein oder ein Tatort nach einem Tötungsdelikt.

Polizisten steht eine der modernsten Anlagen zur Verfügung

Die Virtual Reality Trainingsanlage an der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit in Wiesbaden gehöre aktuell zu den bundesweit modernsten Trainingsstätten aller Polizei– und Sicherheitsbehörden, sagt Innenminister Roman Poseck (CDU). Geübt wird dort Tatortarbeit und Taktik sowie Kommunikation und Stressresilienz. 

Perspektivisch sollen weitere Inhalte zur Ersten Hilfe, Lagebeurteilung im Einsatz und zum Brandschutz hinzukommen, wie der Innenminister ergänzte. Auch Spezialeinheiten und operative Einheiten der Polizei sollen künftig dort üben können. „Klar ist aber auch, dass der neue Trainingsbaustein das klassische Training nicht ersetzen, sondern ergänzen soll“, sagte Poseck.

Bis zu acht Beamte gleichzeitig können auf der Trainingsfläche geschult werden, berichtet ein Polizeihauptkommissar. Sie tragen nicht nur VR-Brille, sondern nehmen auch andere Polizeiausrüstung wie etwa Taschenlampen, Waffen und Elektroschockgeräte mit in die virtuelle Welt, jedoch in einer speziellen Trainingsversion. In der Szenerie können Polizeibeamte verschiedenen Rollen einnehmen. 

Es sei einer der großen Vorteile der neuen Anlage, dass etwa Kinder und Tiere besser in ein Training eingebunden werden können – in einer virtuellen Version. Selbstverständlich wurden schon früher Polizistinnen und Polizisten anhand von gespielten Szenarien auf ihre Einsätze vorbereitet – jedoch sei das sehr viel aufwendiger und teurer gewesen, berichtet der Polizeihauptkommissar. Die Szenen seien bisher über mehrere Kameras gefilmt worden und mussten zur Nachbesprechung mühevoll geschnitten werden. Mit dem neuen Trainingsareal kann jede Einstellung aus vielen verschiedenen Blickwinkel mit einem Klick angesteuert werden. 

Moderne Anlage soll Polizeiausbildung attraktiv machen

Derzeit befindet sich die Anlage in der Einführungsphase, geplant ist ihr Betrieb künftig an fünf Tagen die Woche. Die Szenarien in der virtuellen Welt dauern bis zu knapp zehn Minuten. Anschließend gibt es eine Nachbesprechung. Mit den modernen Trainingsmöglichkeiten sollen auch potenzielle Bewerberinnen und Bewerber angesprochen werden, sagt Innenminister Poseck. Im vergangenen Jahr hätten alle 645 Stellen für Polizeianwärterinnen und -anwärter mit passenden Bewerbern besetzt werden können.

Die angehenden Polizeibeamten werden dann während ihrer Ausbildung sicherlich einmal mit der VR-Brille in der Übungshalle stehen. Bei dem Training mit der Frau und dem Messer können die beiden Polizisten die Situation erfolgreich entschärfen. Sie bringen die Mutter dazu, die gefährliche Waffe wegzulegen. Die Kinder sind während des Einsatzes mit dem Ehemann in der Küche in Sicherheit. Mutter und Kinder gibt es nur als computergenerierte Personen, der Ehemann wird von einem Beamten gespielt.