Eine 39-Jährige wird in ihrer Wohnung in Husum erstochen. Ihr damals 18 Jahre alter Sohn ist wegen Mordes angeklagt. Nun wurde das Urteil verkündet. Eines konnte jedoch nicht geklärt werden.
Drei Mal stach ein junger Mann nach Ansicht des Landgerichts Flensburg in Hals und Nacken seiner Mutter. Heimtückisch, geplant und in der Absicht, sie zu töten, wie die Vorsitzende der Jugendkammer sagte. Dafür wurde der zur Tatzeit 18-Jährige heute zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der inzwischen 19-Jährige die 39-Jährige am 30. April vergangenen Jahres in Husum in ihrer Küche erstochen hat.
Die Nebenklage hatte in ihrem Plädoyer neun Jahre Jugendstrafe gefordert. Die Staatsanwaltschaft eine Jugendstrafe von siebeneinhalb Jahren und die Verteidigung eine Verurteilung zu nicht mehr als siebeneinhalb Jahren Jugendstrafe. Den Mordvorwurf sahen alle drei als erwiesen an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann Revision eingelegt werden.
Familie zog in den Irak – Mutter kehrte von Türkeibesuch nicht zurück
Der Heranwachsende wurde nach Angaben des Gerichts in Lübeck geboren und besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Als er etwa vier Jahre alt war, zogen die Eltern seinen Angaben zufolge mit ihm und seinen zwei älteren Brüdern in den Irak. Die Frau verließ einige Jahre später ihren wesentlich älteren Mann und die Kinder. Sie kehrte von einem Türkeibesuch nicht zurück. Die Gründe dafür seien nicht bekannt, sagte die Vorsitzende Richterin. Viele Jahre lang bestand demnach kein Kontakt, die Frau versuchte aber Kontakt zu ihren Söhnen herzustellen.
Neue Familie der Frau nahm Sohn in Husum auf
Erst wenige Wochen vor der Tat kam der Angeklagte zu ihr nach Husum. Hier lebte die 39-Jährige mit einem neuen Partner, dessen Sohn und zwei gemeinsamen kleinen Kindern. Die Familie habe ihn trotz beengter Verhältnisse herzlich aufgenommen, sagte die Vorsitzende Richterin.
Der Angeklagte habe die Tat dem Gericht zufolge spätestens am Tag vorher geplant. Er wusste, dass er am Morgen mit der Mutter allein sein würde. Er sei in die Küche gegangen, habe ein Messer in seiner Hand versteckt und seine Mutter gerufen, sagte die Vorsitzende Richterin. Dann stach er nach Überzeugung des Gerichts zu. Der Tod trat rasch ein, wie die Vorsitzende Richterin sagte. Sie sei nicht in der Lage gewesen, sich zu wehren.
Im Anschluss hat er die Leiche unter dem Etagenbett im Kinderzimmer seiner Halbgeschwister versteckt. Sowohl den Tathergang als auch das Verstecken der Leiche hatte der Angeklagte in seiner Aussage zu Prozessbeginn bestätigt. Nach der Tat setzte der Angeklagte sich nach Frankreich ab. Hier konnte er am 7. Mai 2024 festgenommen werden. Sein Ziel war nach Angaben des Gerichts der Irak, wo seine Brüder und sein Vater weiterhin leben.
Warum hat der Sohn seine Mutter getötet?
Der Angeklagte schilderte vor Gericht, dass er seine Mutter spontan getötet habe, weil sie ihn nicht zurück in den Irak zu Vater und Geschwistern gelassen habe. Sie habe ihm gesagt, sein Vater sei nicht der leibliche Vater von ihm und seinen Brüdern. Mit dieser Aussage habe sie zum zweiten Mal sein Leben zerstört. Das erste Mal sei gewesen, als sie die Familie verlassen habe. Nach dem Gespräch sei er in die Küche gegangen, habe nachgedacht und dann beschlossen, sie zu töten.
Diese Version stimmt nach Ansicht des Gerichts nicht. „Wir sind überzeugt, dass das nicht der Fall ist“, sagte die Kammervorsitzende. Wie zahlreiche Zeugen geschildert hatten, passe dies nicht zur Persönlichkeit der Mutter und auch nicht zu den Lebensumständen der Frau zur Zeit der Geburten der Jungen. Ein DNA-Test, den das Gericht machen ließ, bestätigte, dass der Angeklagte der Sohn seines Vaters ist. Auch die Zeit, die nachweislich für die Tat infrage kam, sei zu kurz für ein Gespräch, ein längeres Nachdenken, die Tatausführung und das Spurenbeseitigen gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin.
Was den Angeklagten dazu bewogen hatte, seine Mutter zu töten, konnte die Kammer indes nicht feststellen. Dass er bereue, die Frau umgebracht zu haben, glaubte sie ihm nicht: Er bereue allein die Folgen, die die Tat für ihn habe.