In Sachsen-Anhalt werden immer weniger Kinder geboren. Das wirkt sich auf die Kitas aus. Was bedeutet das für die Beschäftigten?

Angesichts sinkender Kinderzahlen stellen sich Kita-Träger in Sachsen-Anhalt zunehmend auf einen Umbruch im Betreuungssystem ein. An manchen Orten wird das Personal bereits in anderen Bereichen eingesetzt, woanders reduzieren Erzieherinnen ihre Stunden, wie mehrere Träger und Kommunen auf Anfrage bestätigen.

Hintergrund ist vor allem die demografische Entwicklung. 2023 wurden in Sachsen-Anhalt laut dem Statistischen Landesamt 13.550 Kinder geboren, das bedeutete einen neuen Tiefstand. Nach vorläufigen Zahlen waren es 2024 noch einmal mehr als 1000 weniger. Im Jahr 2016 gab es noch mehr als 18.000 Neugeborene. Dieser Rückgang wirkt sich auf das Betreuungssystem aus.

Erzieherinnen reduzieren Stunden

In der Gemeinde Hohe Börde gab es nach Angaben des Awo-Landesverbands in einer Kita beispielsweise bei Vollbelegung in den vergangenen Jahren stets zusätzliche Wartelisten. Seit diesem Jahr gibt es bei einer Kapazität von 182 Plätzen erstmals 15 freie Plätze. In Halberstadt sei eine Kita geschlossen worden, weil die Gesamtkapazität der Stadt aufgrund der Prognosen eine Reduzierung der Betreuungskapazitäten um 160 Plätze erforderlich gemacht habe, hieß es. Das Deutsche Rote Kreuz teilte mit, in den Einrichtungen im Landkreis Stendal etwa seien die Betreuungszahlen zuletzt um 12 Prozent gesunken.

Bei einer geringeren Belegung gerät die Finanzierung der Platzkosten ins Wanken. Die Folge: Erzieherinnen und Erzieher müssen Stunden reduzieren oder sich darauf einstellen, künftig in anderen Bereichen zu arbeiten.

Opposition forderte bessere Personalschlüssel

Eine Umfrage der Landeshauptstadt Magdeburg unter Kita-Trägern hat ergeben, dass in vielen Einrichtungen bereits Stunden reduziert worden sind. Sollten bald weder geburtenstarke Jahrgänge noch vermehrte Zuzüge eintreten, sei mit einer weiteren Verschärfung der Situation zu rechnen, schätzt die Verwaltung ein. „Für viele Träger könnte dies bedeuten, dass sie zunehmend gezwungen sein werden, den Personaleinsatz an die sinkende Nachfrage anzupassen.“

Die Oppositionsfraktionen Linke und Grüne im Landtag fordern, die demografische Entwicklung positiv zu nutzen. Damit keine Stunden gestrichen und die Fachkräfte im System gehalten werden, soll der Personalschlüssel verbessert werden. Ziel ist es, so die Qualität in den Einrichtungen zu erhöhen und das Personal gleichzeitig zu entlasten.

Auch die Awo drängt darauf. „Die sinkenden Geburtenzahlen sind eine solche Chance, für mehr Personal am Kind und damit für mehr Hilfsangebote für Familien zu sorgen“, sagt Vorständin Steffi Schünemann. Doch eine Verbesserung des Personalschlüssels ist angesichts der angespannten Haushaltslage des Landes derzeit nicht in Sicht.

Awo warnt vor Abwanderung von Fachkräften

Eine andere Möglichkeit ist, dass Erzieher fit für weitere Bereiche in der Kinder- und Jugendhilfe gemacht werden. Das DRK etwa setzt auf Personaltransfers. Es sei gut vorstellbar, vorhandenes oder frei werdendes Kita-Personal weiterzuqualifizieren, sagt Bereichsleiter Christian Slotta.

Andere sind skeptisch. Erzieherinnen arbeiteten oft mit Leidenschaft und Überzeugung in der frühkindlichen Bildung, sagt Steffi Schünemann. Es bestehe die Gefahr, dass sie sich in andere Bundesländer mit besseren Rahmenbedingungen orientierten als in ein anderes Arbeitsfeld wie die Jugendarbeit.

Sozialministerin Petra Grimm-Benne hat das Thema im Blick. „Wir haben über das Landesjugendamt alle Jugendämter gebeten, uns eine Einschätzung zu den Personalbedarfen zur Verfügung zu stellen“, sagt die SPD-Politikerin. Es müsse darum gehen, Erzieherinnen und Erzieher im System zu halten. Dennoch gebe es auch viele Bereiche in der Kinder- und Jugendhilfe, wo dringend pädagogische Kräfte gebraucht würden.