Sie sieht aus wie der altbekannte Werbeträger im Stadtbild, rund und mit Plakaten beklebt. Künftig könnten besondere Litfaßsäulen im Notfall zum Einsatz kommen.

Historisches Medium mit digitalem Hut: Mit dem Prototypen der „Litfaßsäule 4.0“ sollen Menschen im Katastrophenfall bei einem langanhaltenden Stromausfall informiert werden. Litfaßsäulen böten die bauliche Voraussetzung, um die erforderliche Technologie zu integrieren und vor Vandalismus zu schützen, hieß es bei der Vorstellung des Projektes von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik in Darmstadt. Die Säule soll nun auch bei Warntagen als ein Bestandteil der Schutzsysteme wie Apps oder Sirenen getestet und dann möglicherweise auf weitere Säulen und auch in anderen Städten eingesetzt werden.

Der „digitale Hut“ umfasst Photovoltaik und eine Brennstoffzelle und soll bei einem Blackout den Menschen Informationen liefern, wenn andere Kommunikationssysteme und Mobilfunknetze nicht mehr funktionieren. Das System kann autark 72 Stunden funktionieren, Nachrichten können direkt von der Feuerwehr eingespeist werden. 

Das Projekt wurde von „EmergenCity“, einem Forschungszusammenschluss der Technischen Universität Darmstadt und der Universitäten Kassel und Marburg, in Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Politik realisiert. Es gehe darum, den Schutz und die Stärkung der Infrastruktur in den Fokus zu nehmen, sagte Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU). Nach den Worten von Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) zeigt das Projekt, dass die Wissenschaft am „Puls der Zeit“ arbeitet. 

Der Verleger Ernst Litfaß – auch „Reklamekönig“ genannt – erhielt 1849 die Genehmigung, in Berlin 150 „Annoncier-Säulen“ aufzustellen. Die Idee hatte er vermutlich auf Reisen nach London und Paris entwickelt, wo es schon Vorläufer der „Litfaßsäule“ gab. Die Erste wurde 1850 aufgestellt. Nach Angaben der Projektbeteiligten gibt es heute noch in mittleren und größeren Städten in Deutschland rund 65.000 Litfaßsäulen.