Mit seinem Vorpreschen in der Migrationspolitik eckt CDU-Kanzlerkandidat Merz heftig an. Die SPD wirft ihm Erpressung vor und verfolgt ihre eigenen Pläne. Was diese Woche in der Debatte ansteht.
Im Streit um eine Verschärfung der Migrationspolitik greift die SPD den Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz scharf an. „Indem er AfD-Stimmen in Kauf nimmt, wirft er nicht nur die bisherigen Grundsätze der Union über Bord, sondern spaltet die demokratische Mitte und sendet ein fatales Signal an unsere europäischen Partner“, sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Merz handele weder staatsmännisch noch weitsichtig.
SPD-Chefin Saskia Esken sagte der Funke Mediengruppe, Merz spiele mit dem Feuer und versuche, die demokratischen Parteien zu erpressen, indem er mit einer Zusammenarbeit mit den Rechtsextremisten der AfD drohe. „Damit zeigt Friedrich Merz einmal mehr, dass er der Verantwortung, die das Amt des Bundeskanzlers erfordert, nicht gewachsen ist.“
Warum Merz angegriffen wird
Merz steht in der Kritik, weil er gesagt hatte, er werde Anträge zu einer Verschärfung der Migrations- und Sicherheitspolitik in den Bundestag einbringen, „unabhängig davon, wer ihnen zustimmt“. Die AfD hatte daraufhin erklärt, die „Brandmauer“ sei gefallen.
In einem Antrag zur unverzüglichen Umsetzung eines Fünf-Punkte-Plans grenzt sich die Union aber scharf von der AfD ab: „Die AfD nutzt Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte illegale Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen.“ Auch in einem zweiten Antragsentwurf mit sicherheitspolitischen Forderungen schafft die Union Distanz zur AfD.
Das sind die fünf Punkte in dem Antrag:
Dauerhafte Grenzkontrollen zu allen NachbarländernEinreiseverbot für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumenten – auch wenn sie ein Schutzgesuch äußern.Ausreisepflichtige sollen inhaftiert werden und Abschiebungen müssten täglich erfolgen.Der Bund muss die Länder beim Vollzug der Ausreisepflicht unterstützen, etwa bei Beschaffung von Reisepapieren. Es sollen Bundesausreisezentren geschaffen werden. Ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder sollen in einem unbefristeten Ausreisearrest bleiben, bis sie freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren oder die Abschiebung vollzogen werden kann.
Ab Mittwoch Bundestagssitzungen mit Regierungserklärung
Ab Mittwoch tagt das Plenum im Bundestag. Noch sind die Anträge nicht auf der Tagesordnung. Ob die Unions-Anträge eine Mehrheit finden, ist unklar. Die FDP sowie BSW-Chefin Sahra Wagenknecht signalisierten Zustimmung, das wäre aber keine Mehrheit. Merz kündigte auch einen Gesetzentwurf an.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am Mittwoch eine Regierungserklärung zu den Konsequenzen aus dem Messerangriff mit zwei Toten und zwei Schwerverletzen in Aschaffenburg abgeben. Als Täter wurde ein 28-jähriger ausreisepflichtiger Afghane festgenommen. Nach der Tat war die Debatte über Migrationspolitik neu entflammt.
Die SPD plant, Sicherheitsgesetze vorzulegen. „In dieser Woche legen wir erneut sinnvolle Sicherheitsgesetze vor, die bisher von der Union abgelehnt oder als nicht dringlich erachtet wurden, darunter erweiterte Befugnisse für die Bundespolizei und die Umsetzung der europäischen Asylreform“, sagte Miersch dem RND. „Über diese Vorschläge wollen wir mit allen demokratischen Fraktionen im Bundestag reden.“
Schon heute beraten die Innenminister der Länder und des Bundes in einer digitalen Sitzung über die Sicherheitslage in Deutschland.
Paus: Merz‘ Kurs mach Millionen Menschen Angst
Auch die Grünen haben starke Bedenken wegen der Unions-Anträge. „Dieser Kurs von Friedrich Merz macht Millionen von Menschen in unserem Land Angst. Es muss möglich sein, für die großen Herausforderungen unseres Landes Mehrheiten innerhalb des demokratischen Spektrums zu finden“, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) dem RND. Nach dem Vorschlag der Union, „Doppelstaatlern den deutschen Pass entziehen zu können, ist das ein weiteres klares Signal, dass die Merz-Union scharf rechts abbiegt.“
Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck warnte vor einem Ende des Rechtsstaats. „Die Anträge sind in Teilen europarechtswidrig oder verfassungswidrig, und man kann nicht sehenden Auges das Recht brechen, um danach das Recht zu ändern“, sagte er in den ARD-„Tagesthemen“. Es handele sich dabei um kein „wahltaktisches Spielchen“, denn die Anträge könnten mit einer einfachen Mehrheit im Bundestag beschlossen werden.
„Dann würden Union, AfD, FDP und BSW diese Mehrheiten herstellen und die Union hätte aus meiner Sicht einen demokratischen Tabubruch begangen“, sagte der Wirtschaftsminister.
Linnemann verteidigt Pläne
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte die Regierungsparteien Grüne und SPD auf, einem Gesetzentwurf über Zurückweisungen zuzustimmen. „Wer das Thema Migration den Rändern überlässt, der spielt deren Spiel. Wir werden das nicht tun“, sagte er der „Bild“. Man erlebe eine neue Dimension der Brutalität in Deutschland. „Man kann zuschauen oder wir können handeln.“