Eine 39-Jährige aus Niedersachsen soll die Entführung von Bundesgesundheitsminister Lauterbach mitgeplant haben. Am Rande einer Corona-Demo wies sie Polizisten auf das geplante Verbrechen hin.
Weil sie sich an „Reichsbürger“-Plänen zum Sturz der Bundesregierung beteiligt haben soll, steht eine 39-Jährige vor dem Oberlandesgericht (OLG) Celle. Der Hausfrau und Mutter aus dem Landkreis Hildesheim wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens vorgeworfen. Außerdem soll sie illegal einen Schlagring besessen haben.
Die Angeklagte, die nicht in Untersuchungshaft sitzt, versteckte am ersten Prozesstag ihr Gesicht hinter einem Aktenordner. Sie schwieg zu den Vorwürfen, will sich aber zu einem späteren Zeitpunkt äußern. Laut Anklage gehörte die Frau zur sogenannten „Kaiserreichsgruppe“, die im Jahr 2022 einen bundesweiten Stromausfall und die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorbereitet haben soll.
War die Frau einer Mitverschwörerin?
Es handelt sich um das erste Verfahren im Zusammenhang mit dieser Gruppe in Niedersachsen, beim OLG Celle ist die niedersächsische Zentralstelle zur Terrorismusbekämpfung angesiedelt. Das Gericht hat mehr als 20 Verhandlungstage angesetzt, um zu klären, ob die Frau eine Mitverschwörerin war. Für die Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung.
Am 14. Februar 2022 sprach die Frau aus einem kleinen Ort im Landkreis Hildesheim am Rande einer Demonstration gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen eine Polizistin an und sagte, sie wolle vor einem bevorstehenden Verbrechen warnen. Die Polizeioberkommissarin, die damals in Sarstedt das Gespräch mit der Angeklagten führte, wurde heute in Celle als erste Zeugin vernommen.
Die Frau habe sehr aufgeregt gewirkt und berichtet, dass sie Angst um ihr Leben und um das Leben ihrer Kinder habe, berichtete die 29-jährige Polizistin. Sie habe erzählt, dass sie bei einem Treffen rekrutiert werden sollte und dass es um Pläne für einen bundesweiten Stromausfall und für die Entführung von Minister Lauterbach gehe. Die Gruppe habe sie anwerben wollen, weil sie Administratorin in vielen Telegram-Gruppen sei – auch von einer Gruppe, die sich „Veteranen“ nannte.
Laut dem Vermerk der Polizistin gab die heute 39-Jährige in dem Gespräch an, dass bundesweit rund 1.500 Mitglieder die Pläne zum Sturz der Bundesregierung und Einführung des Deutschen Kaiserreiches von 1871 verfolgten. Die Frau habe deutlich gemacht, dass sie die Ideologie der Gruppe nicht vertrete und nicht unterstützen möchte, sagte die Polizeibeamtin. Nach ihren Angaben hatte die mutmaßliche „Reichsbürgerin“ damals den Verschwörern weder zu noch abgesagt.
Angeklagte soll Nahkampfausbildung geplant haben
Die Generalstaatsanwaltschaft Celle wirft der Angeklagten vor, an zwei Treffen der „Kaiserreichsgruppe“ teilgenommen zu haben, und zwar in Schlotheim in Thüringen sowie im niedersächsischen Verden.
Weitere Prozesse gegen mutmaßliche Mitglieder der „Kaiserreichsgruppe“ gibt beziehungsweise gab es laut OLG Celle vor den Oberlandesgerichten in Koblenz, Frankfurt am Main, Hamburg, Düsseldorf und München.
Das Oberlandesgericht Frankfurt verurteilte Ende November einen 62-Jährigen in diesem Komplex zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren. Der Mann hatte sich unter anderem bereit erklärt, Waffen in seiner Garage zwischenzulagern. Er sagte, er bereue die Tat.
Vor einer Woche hatte der Beginn des Prozesses in Celle kurzfristig verschoben werden müssen, weil der Pflichtverteidiger der Angeklagten erkrankt war.