Bedrohungen für Jüdinnen und Juden im Alltag nehmen auch in Deutschland zu. Bundeskanzler Olaf Scholz spricht sich für eine Vermittlung von historischen Fakten aus.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich für ein aktives Gedenken an die Verbrechen des Dritten Reiches und den Holocaust ausgesprochen. „Unrecht nicht zu dulden, nie mehr wegzuschauen, Nein zu sagen, dass muss uns heute Richtschnur sein, 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz“, sagte der Bundeskanzler bei einer Gedenkveranstaltung zur Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main. 

Die Erinnerung an den von Deutschen begangenen Zivilisationsbruch der Schoah müsse wach gehalten und jeder Generation in Deutschland immer wieder neu vermittelt werden. „Unsere Verantwortung hört nicht auf“, betonte Scholz. 

Historische Wahrheiten vermitteln

Gerade heute würde Antisemitismus, Rechtsextremismus, völkisches Gedankengut und teils unverhohlene Menschenfeindlichkeit vielerorts eine erschreckende und alarmierende Normalisierung erfahren. „Vor allem das Internet und soziale Netzwerke werden oft zu Durchlauferhitzern für extremistische Positionen, für Hetze und Hass“, sagte Scholz. Dieser Hass bedrohe besonders oft Jüdinnen und Juden im realen Leben. 

Gerade heute, in Zeiten von Internethass und Fake-News, gehe es um die Vermittlung der historischen Wahrheit. Unabhängig von Herkunft, Familiengeschichte oder Religion, 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz sei es wichtiger als je zuvor, Fakten klar auszusprechen und die richtigen Lehren daraus zu ziehen. „Ich trete jedem Schlussstrich, jedem „Lange her“ entgegen“, sagte der Bundeskanzler. „Jüdisches Leben, das ist Frankfurt. Jüdisches Leben, das ist Deutschland. Das sind Wir“, erklärte Scholz. 

Auch die aktuellen Geschehnisse in Israel griff Scholz auf. „Ich bin froh, dass jetzt drei Geiseln freigekommen sind“, sagte er. Es bleibe aber eine bittere Wahrheit, dass ein bitterer Terrorangriff mit dem Ziel der Entmenschlichung Grund für dieses Leid in Israel und dem Gazastreifen war. „Und das dürfen wir niemals vergessen“, betonte er. Die ersten drei von 33 israelischen Geiseln im Gazastreifen waren am Sonntagnachmittag im Rahmen einer Waffenruhe-Vereinbarung der israelischen Armee von der Hamas übergeben worden. 

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden sprach sich ebenfalls für ein lebendiges Gedenken an den Holocaust aus: „Unser Blick auf Auschwitz darf sich in seinem Kern nicht verändern.“ 

Etwa 700 Gemeindemitglieder sowie geladene Gäste aus Politik, Gesellschaft, Kirchen und Wirtschaft nahmen am Gedenktag der Jüdischen Gemeinde der Mainmetropole teil. Darunter Innenministerin Nancy Faeser (SPD), der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD), der Publizist Michel Friedman und die Auschwitz-Überlebende Eva Szepesi.

Auschwitz vor 80 Jahren befreit

Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Truppen die Überlebenden des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz im besetzten Polen befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet, überwiegend Juden. Seit 1996 wird der 27. Januar in Deutschland als Holocaust-Gedenktag begangen. In Israel wird seit 1951 am „Jom haSchoa“ der Millionen jüdischen Opfer während des Holocausts gedacht.