Mehrere Frauen werfen dem Fantasy-Autor Neil Gaiman sexuellen Missbrauch vor. J.K. Rowling vergleicht die Vorwürfe gegen Gaiman mit dem Skandal um Harvey Weinstein.
Keine Fantasie, sondern harte Vorwürfe: Der gefeierte Autor Neil Gaiman sieht sich schwerwiegenden Anschuldigungen von sexuellem Fehlverhalten ausgesetzt. In einem umfangreichen investigativen Artikel des „New York Magazine“ werfen acht Frauen dem 63-jährigen Schriftsteller vor, über Jahre hinweg seine Machtposition missbraucht und wiederholt sexuelle Grenzen überschritten zu haben. Zu den mutmaßlichen Opfern gehören ehemalige Hausangestellte und eine frühere Nanny der Familie Gaiman.
Erschütternde Schilderungen eines Kindermädchens
Die Vorwürfe gegen Neil Gaiman erstrecken sich über mehrere Jahrzehnte. Bereits im vergangenen Jahr wurden erste, überwiegend anonyme Anschuldigungen gegen ihn öffentlich. Diese waren Teil der Podcast-Reihe „Master: The Allegations Against Neil Gaiman“. Der Artikel des „New York Magazine“ lässt nun acht Frauen zu Wort kommen, die ihre Missbrauchserlebnisse schildern.
Besonders erschütternd ist der Bericht von Scarlett Pavlovich, die 2022 als Babysitterin für die Familie Gaiman in Neuseeland arbeitete. Pavlovich gibt an, dass sich der erste Vorfall bereits am ersten Arbeitstag ereignete. Gaiman habe sie eingeladen, in einem Garten ein Bad zu nehmen, sei später nackt zurückgekehrt und habe sie in eine unangemessene Situation gebracht.
Die Vorwürfe umfassen sexuelle Nötigung und Vergewaltigung. Pavlovich behauptet, Gaiman habe sie zu Oralsex gezwungen und sie später angewiesen, den Urin von seiner Hand abzulecken – eine Erfahrung, die sie als besonders erniedrigend und traumatisch beschreibt.
Andere Frauen berichten von ähnlichen Vorfällen, bei denen sie sich unter Druck gesetzt fühlten, ihre Erlebnisse geheim zu halten, um mögliche Skandale zu verhindern. Der Bericht stützt sich auf E-Mails und Nachrichten, die die Aussagen der Frauen belegen.
Neil Gaiman leugnet
Nach monatelangem Schweigen äußerte sich Neil Gaiman in einem Blogeintrag auf seiner Website zu den Vorwürfen. „Ich habe niemals nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen vorgenommen“, betonte er. Zugleich räumte er ein, in vergangenen Beziehungen Fehler gemacht und emotionales Fehlverhalten gezeigt zu haben. Dennoch wies er die Vorwürfe zurück und versicherte, keine der genannten Taten begangen zu haben. Gaimans Anwälte bezeichneten die Anschuldigungen als haltlos und kündigten an, rechtliche Schritte zu prüfen.
Die Anschuldigungen haben bereits Auswirkungen auf Gaimans berufliche Projekte. Netflix stoppte die Produktion der Serie „Dead Boy Detectives“, die auf Gaimans gleichnamigen Charakteren basieren sollte. Auch Disney legte die Verfilmung von Gaimans Bestseller „The Graveyard Book“ auf Eis. Besonders schmerzlich für Fans: Die geplante dritte Staffel der erfolgreichen Serie „Good Omens“, für die Gaiman als Showrunner verantwortlich war, wird nicht fortgesetzt. Stattdessen soll ein 90-minütiges Special produziert werden, jedoch ohne Gaiman als Showrunner.
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J.K. Rowling und die Weinstein-Vergleiche
Im Zuge der Debatte äußerte sich die britische Autorin J.K. Rowling auf der Plattform X (ehemals Twitter). Sie verglich den Fall von Neil Gaiman mit dem Skandal um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein. Rowling kritisierte die vermeintliche Zurückhaltung der Öffentlichkeit bei den Vorwürfen gegen Gaiman und stellte die Frage: „Warum wird Gaiman anders behandelt?“
Die Vorwürfe haben in Gaimans Fangemeinde für einen Schock gesorgt, denn für viele galt der Brite als progressiver, aufgeklärter Denker. Der Autor, der in der Literatur- und Comic-Welt als Verfechter sozialer Gerechtigkeit und Unterstützer der LGBTQIA+-Gemeinschaft bekannt ist, galt vielen als glaubwürdiges Vorbild. In seinen Werken wie „The Sandman“ und „American Gods“ integrierte er zahlreiche queere Charaktere und setzte sich aktiv für soziale Themen ein.