Die Social-Media-App TikTok soll in den USA gesperrt werden, wenn die Betreiberfirma nicht verkauft. Interesse zeigt der Milliardär und Tech-Kritiker Frank McCourt.
Für TikTok rückt ein Verbot in den USA immer näher: Dem chinesischen Mutterkonzern ByteDance bleibt bis zum 19. Januar Zeit, die Kurzvideo-App zu verkaufen. Sonst wird die vor allem bei Jugendlichen beliebte Plattform in den USA gesperrt.
Ernsthaft interessiert zeigt sich ausgerechnet ein großer Kritiker von Social Media: der amerikanische Unternehmer Frank McCourt. „Wir freuen uns darauf, mit der TikTok-Mutter ByteDance, dem gewählten Präsidenten Donald Trump und der neuen Regierung zusammenzuarbeiten, um diesen Deal abzuschließen“, sagte er Anfang Januar.
Ein von ihm gebildetes Konsortium stehe vor der Abgabe eines offiziellen Angebots. Zur Höhe der geplanten Offerte machte der 71-Jährige keine Angaben. Nach früheren Informationen hat er Finanzierungszusagen von insgesamt 20 Milliarden Dollar erhalten.
Zu seinen Plänen mit der umstrittenen Videoplattform äußert sich McCourt hingegen klar: Er möchte TikTok umgestalten zu einer „neuen und besseren Version des Internets, in der der Einzelne respektiert wird und seine Identität und seine Daten besitzt und kontrolliert“, wie er dem Medium Semafor im Mai 2024 sagte.
Wer ist Frank McCourt?
McCourt stammt aus einer Familie, die seit Generationen im Immobilien- und Baugewerbe im Raum Boston tätig ist. Er studierte Wirtschaft an der Georgetown University in Washington, D.C. Nach dem Abschluss arbeitete er in der Straßenbaufirma seines Vaters.
1977 gründete er The McCourt Company, die sich auf die Entwicklung großer gewerblicher Immobilienprojekte spezialisierte. Seit 2013 heißt das Unternehmen McCourt Global. Frank McCourt ist seit 2023 dessen geschäftsführender Vorsitzender, zuvor war er der CEO des Unternehmens.
TikTok zu kaufen, wäre nicht die erste für einen Milliardär typische Anschaffung: Im Jahr 2004 erwarb McCourt die Mehrheitsanteile des Baseball-Teams Los Angeles Dodgers für 430 Millionen US-Dollar. Er setzte seine damalige Ehefrau und spätere US-Botschafterin Jamie McCourt als Vorständin des Clubs ein.
Frank und Jamie McCourt posieren mit dem damaligen Bürgermeister von Los Angeles Antonio Villaraigosa beim Eröffnungsspiel der US-Baseball-Saison in 2009
© Imago
McCourts Zeit als Eigentümer der Dodgers endete 2012 mit der Insolvenz des Teams. 2011 übernahm der Baseball-Verband Major League Baseball (MLB) die Geschäfte der Dodgers und leitete eine Untersuchung zur Verwaltung durch McCourt ein. Man habe „große Sorge um die Finanzen und den Betrieb“ des Teams, das bald darauf Insolvenz anmeldete und für 2 Milliarden US-Dollar verkauft wurde.
Im Jahr 2016 kaufte McCourt dann den französischen Fußballverein Olympique Marseille für 45 Millionen US-Dollar. In der französischen Tageszeitung Le Monde schrieb er 2021 einen Gastbeitrag, worin er sich in der Rolle als Eigentümer von Olympique Marseille gegen die European Super League aussprach. Seine Kritik an der undurchsichtigen Zentralisierung von Macht im Fußball gelte auch für die Tech-Branche, so McCourt.
McCourts Pläne für TikTok
McCourt engagiert sich seit einigen Jahren für ein besseres Internet und die Nutzung digitaler Technologie zum Wohl des Menschen – und nicht für Profit. Dazu gründete er im Jahr 2021 die gemeinnützige Initiative Project Liberty. McCourt stellte 100 Millionen US-Dollar bereit, um Technologien zu entwickeln, die dem Gemeinwohl dienen.
Mit dem Kauf von TikTok verfolgt er offenbar das gleiche Ziel. Gegenüber dem Medium Semafor sagte er dazu: „TikTok präsentiert das Beste und das Schlimmste des Internets. Es verbindet 170 Millionen Menschen und ermöglicht es ihnen, kreativ zu sein, Dinge zu erschaffen und zu genießen“, so McCourt. „Auf der anderen Seite haben sie keinen wirklichen Anteil an der Wertschöpfung, und ihre Daten werden abgegriffen, gestohlen und nach China verschifft.“
In seinem 2024 erschienen Buch Our Biggest Fight äußert McCourt seine Kritik zu modernen digitalen Technologien noch schärfer: „Wie arme, machtlose Untertanen von Monarchen und Aristokraten sind wir Leibeigene, unterjocht von einer kleinen Gruppe von Unternehmen, die eine feudale Internet-Architektur ausgenutzt haben.“
Wie genau er TikTok umbauen will, ist bisher zwar unklar. Vorhaben wie Project Liberty und seine öffentlichen Äußerungen lassen aber vermuten, dass die Veränderungen grundlegend sein werden.
Wie geht es weiter?
Die im Gesetz festgeschriebene Frist für den Verkauf von TikTok läuft am 19. Januar aus. Sie kann um drei Monate verlängert werden, sollte der amtierende US-Präsident Joe Biden bis dahin zu der Ansicht gelangen, dass sich die Transaktion ihrem Abschluss nähert. Selbst wenn Mutterkonzern ByteDance in den kommenden Tagen einen Käufer für TikTok finden sollte, bleibt unklar, ob die chinesische Regierung einem solchen Deal zustimmen würde.
ByteDance würde Insidern zufolge lieber dichtmachen als verkaufen. Experten halten es zudem für ausgeschlossen, dass der Konzern im Rahmen eines solchen Deals die Algorithmen, die unter anderem Nutzern neue Clips vorschlagen, preisgeben würde. Sie fielen unter Technologien, für deren Export eine staatliche Genehmigung der Regierung in Peking notwendig sei. Ohne diese Algorithmen sei die Video-Plattform deutlich weniger wert als aktuell.
ByteDance will beim Supreme Court einen Aufschub erreichen. Am vergangenen Freitag hielt das oberste Gericht der USA dazu eine Anhörung ab. Dort ging unter anderem um die Frage, ob das Gesetz zum Eigentümerwechsel das per Verfassung garantierte Recht auf Redefreiheit verletzt. Die verantwortlichen Richter werden voraussichtlich in den kommenden Tagen über den Fall entscheiden. Bleibt das Gesetz in seiner jetzigen Form bestehen, träte das Verbot einen Tag vor Donald Trumps zweiter US-Präsidentschaft in Kraft.