Immer wieder beklagen Gewerkschaften die Überlastung von Lehrkräften. Mehrere hundert Lehrer haben die Schulen in NRW vergangenes Jahr auf eigenen Wunsch verlassen.
Insgesamt 684 Lehrkräfte haben vergangenes Jahr nach Angaben des Schulministeriums in Nordrhein-Westfalen den öffentlichen Schuldienst gekündigt. Darunter waren 393 tarifbeschäftigte und 291 verbeamtete Lehrkräfte. Das geht aus der Antwort des Schulministeriums auf eine Kleine Anfrage der SPD-Landtagsopposition hervor. Gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten waren das 1,5 Prozent und 0,19 Prozent. Hinzu kamen 2024 neun Schulleitungen, die den Dienst quittierten.
„Jede Lehrkraft, die den Schuldienst verlässt, ist eine zu viel“, räumte Schulministerin Dorothee Feller (CDU) in einer Mitteilung ein. „Wir arbeiten daran, die Schulen weiter zu unterstützen und Lehrkräfte einzustellen.“ Ein Handlungskonzept mit 34 Maßnahmen zeige bereits Wirkung.
Jede dritte Lehrkraft, die den Schuldienst 2024 den Rücken kehrte, war bis 40 Jahre alt. Von den 229 Kündigungen in dieser Altersgruppe fielen 143 auf verbeamtete Lehrkräfte. Rund 30 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer, die den Schuldienst verließen, waren der Statistik zufolge älter als 61 Jahre (208). Auffällig in dieser Altersgruppe ist, dass bis auf eine Ausnahme nur tarifbeschäftigte Lehrkräfte den Dienst kündigten. Die Gründe für die Kündigungen wurden nicht erfasst.
Fast 13.000 Lehrkräfte gehen in den Ruhestand
In den Jahren 2025 bis 2029 könnten 12.930 Lehrerinnen und Lehrer aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze in den Ruhestand eintreten, hieß es weiter. Die Aussagekraft der amtlichen Prognosen sei aber eingeschränkt. So müsse beispielsweise beachtet werden, dass regelmäßig ein auf Grundlage der amtlichen Schuldaten nicht quantifizierbarer Teil der Lehrkräfte aufgrund von Dienstunfähigkeit, Schwerbehinderung oder auf Antrag bereits früher in den Ruhestand gehe.
Sorge über Kündigungen junger Lehrkräfte
Im Jahr 2023 hatten nach früheren Angaben des Ministeriums 930 Beschäftigte den öffentlichen Schuldienst in NRW quittiert. Darunter waren 320 Beamte und Beamtinnen und 610 Tarifbeschäftigte. In den Zahlen enthalten waren aber nicht nur Lehrkräfte, sondern auch sozialpädagogisches Fachpersonal.
Die SPD nannte den hohen Anteil junger Lehrkräfte unter 40 Jahren, die den Schuldienst frühzeitig aufgeben, besorgniserregend. Als Gründe würden häufig die schwierigen Rahmenbedingungen, zusätzliche administrative Anforderungen sowie die zunehmende Einschränkung von Teilzeitmöglichkeiten genannt, so die Opposition.
Der Lehrermangel ist nach wie vor ein großes Problem. Nach aktuellen Zahlen des Schulministeriums sind noch rund 8.050 Lehrerstellen unbesetzt. An den Schulen in NRW seien aber gut 7.400 Menschen mehr tätig als noch zwei Jahre zuvor Ende 2022 – knapp 5.700 Lehrkräfte und über 1.700 Alltagshelfer. Zugleich habe aber der Personalbedarf wegen gestiegener Schülerzahlen, weiterem Ganztagsausbau und Inklusion deutlich zugenommen.
Schulministerin sieht Lichtblicke
Schulministerin Dorothee Feller (CDU) nannte die Bekämpfung des Lehrermangels eine Daueraufgabe. Seit Ende 2022 seien in NRW aber bereits rund 7.400 Menschen mehr an die Schulen gebracht worden. „In dieser Zeit gibt es insgesamt 12.000 Neueinstellungen, davon mehr als 10.000 Lehrkräfte.“ Zudem würden die Schulen durch bislang mehr als 1.700 Alltagshelfer entlastet.
Außerdem gebe es die Möglichkeit, weniger Klassenarbeiten schreiben zu lassen. „Hoffnungsvoll stimmt mich auch, dass die Zahl der Referendare in der letzten Zeit gestiegen ist.“ ln Kürze werde es weitere Unterstützung geben.
Verbände: Lehrer-Beruf nicht mehr sinnstiftend
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE NRW) forderte die Landesregierung auf, den Arbeitsplatz Schule so zu gestalten, dass die Lehrkräfte, die jeden Tag trotz vieler Herausforderungen das schulische Leben aufrecht hielten, „gerne bleiben“, sagte der VBE-Landesvorsitzende Stefan Behlau.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW NRW) kritisierte, die ohnehin schon schlechten Arbeitsbedingungen von Lehrkräften würden durch Zwangsabordnungen und die Einschränkung von Teilzeitmöglichkeiten noch verschärft. Die Lehrer erlebten ihren Beruf „nicht mehr als sinnstiftend, weil sie gezwungen sind, den Mangel zu verwalten“, sagte die Landesvorsitzende Ayla Celik. „Die Kündigungen sind die logische Konsequenz eines unhaltbaren Zustandes.“