Im Gefängnis in Diez helfen Inhaftierte beim Drucken wichtiger Unterlagen für die Bundestagswahl. Ein Beitrag für die Demokratie – und für sie eine wichtige Ablenkung im Gefängnisalltag.

Schon bald bekommen viele Menschen in Rheinland-Pfalz Briefe, die durch die Hände von Straftätern gegangen sind. Denn in der Justiz- und Sicherungsverwahrungsanstalt Diez werden wichtige Unterlagen für die Bundestagswahl für ganz Rheinland-Pfalz gedruckt.

An einer der Maschinen steht ein 62 Jahre alter Mann, der anonym bleiben möchte. In dieser Woche druckt er Unterlagen für eine Landratswahl. Während der Arbeit hat er ständig ein Lächeln im Gesicht. Er darf an einer der teuren Druckmaschinen arbeiten, weil er schon lange dabei und dadurch erfahren ist, wie er stolz erzählt. „In der Druckerei bin ich seit 2014 und an der Druckmaschine bin ich seit Ende 2014.“ Weshalb er im Gefängnis sitzt, will er nicht sagen.

Dunkle Halle, laute Maschinen – aber immer Beschäftigung

Mit flinken Fingern überprüft er jeden Zettelstapel, rückt ihn noch mal gerade und checkt im Licht das Ergebnis. Dann rollt er das Brett mit dem Stapel zur Seite, um Platz für den nächsten zu machen.

In der Halle rattern die Maschinen laut, das Licht scheint nur gedämpft aus ein paar Deckenfenstern und wegen des Alkohols, der beim Drucken verwendet wird, riecht es nach Desinfektionsmittel. Und trotzdem ist der 62-Jährige viel lieber hier als in seinem Zimmer. Für ihn ist die Arbeit eine wichtige Abwechslung im sonst eher tristen Gefängnisalltag. „Jeden Tag gehe ich gerne Arbeiten. Dann bin ich vom Zimmer weg“, sagt er. „Ich hab immer Beschäftigung. Das hab ich auch draußen so gehabt, dass ich jeden Tag immer Arbeit hatte.“

„Gelebte Demokratie

Mit Wahlen kann er selbst persönlich wenig anfangen, sagt er. Obwohl Häftlinge generell wählen dürfen – im offenen Vollzug auch draußen, sonst per Briefwahl. „Was Wahlen betrifft, bin ich eigentlich ganz raus“, sagt der 62-Jährige. Ob er Wahlzettel drucke oder andere Sachen, sei für ihn irrelevant. „Ich bin eigentlich mit jedem Auftrag zufrieden.“ Durch seine Arbeit nehmen er und die anderen Gefangenen aber eine wichtige Funktion im demokratischen Prozess ein. 

Auf der einen Seite sei der Druckauftrag eine große Herausforderung, sagt Volker Fleck, Leiter der Justiz- und Sicherungsverwahrungsanstalt Diez. „Auf der anderen Seite erfüllt es uns auch mit Stolz, dass wir mitwirken können und die Vorbereitung der Bundestagswahl als Aspekt von gelebter Demokratie auch sehen.“

Doch wie kam es überhaupt dazu, dass die Wahlunterlagen ausgerechnet im Gefängnis gedruckt werden? Sie seien vom Wahlleiter angefragt worden, erklärt Fleck. Darauf sei die JVA sehr stolz. Bereits in der Vergangenheit hatte die Druckerei der JVA Unterlagen für verschiedene Wahlen produziert, Erfahrung war also vorhanden. Und die war durch den vorgezogenen Wahltermin am 23. Februar wichtig. Nach internen Beratungen habe man dann entschieden: „Ja wir schaffen das, wir können den Auftrag erfüllen“, sagte Fleck.

500 Insassen in Diez

Seitdem ist der Job für die Insassen noch mal stressiger geworden, schließlich muss die wegen der vorverlegten Wahl kurze Frist eingehalten werden. In der Druckerei arbeiten rund 65 Inhaftierte. Insgesamt sitzen in der JVA Diez im Norden von Rheinland-Pfalz rund 500 Menschen. Der Schwerpunkt der JVA liege auf Langzeitstrafen, sagt Fleck. 

Mit dem Druck der Wahlunterlagen starteten die Inhaftierten am 9. Dezember. Gedruckt wurden in der JVA Diez viele benötigte Unterlagen für Rheinland-Pfalz, etwa die Umschläge oder das Merkblatt. „Nicht die Stimmzettel, weil wir die erforderlichen Maschinen nicht haben“, sagt Fleck. 

Insgesamt entstanden hier rund mehrere Millionen Papiere und rund 70.000 Siegelmarken. In der Halle stapeln sich mittlerweile braune Kartons, die darauf warten, verschickt zu werden. Diese Woche gehen die Arbeiten für die Bundestagswahl zu Ende. 

„Hier hab ich immer was zu tun“

Wer in der Druckerei arbeiten will, müsse sich ganz normal bewerben, erklärt Druckereileiter Markus Weyers. „Dann gucken wir, ob sie zuverlässig sind und sich eignen.“ Gerade an die teuren Maschinen darf nicht jeder. Denn es ist kein leichter Job. 

„In den Betrieben mitzuwirken, bedeutet natürlich auch Tagesstruktur einzuüben“, erklärt Fleck. Das sei auch ein Auftrag der Justizvollzugsanstalt. „Das bedeutet, dass nicht nur die Arbeit im Vordergrund steht, sondern es ist auch ein Teil der Arbeit, die wir im Rahmen der Resozialisierung auch leisten.“

Auch abseits der Bundestagswahl hat die Druckerei ständig Aufträge. Der 62-Jährige und die anderen Häftlinge arbeiten unter der Woche von 6:45 bis 16 Uhr. Er brauche das, sagt er. „Wenn ich jetzt mal hier von der Arbeit fernbleiben würde, dann würde mir im Zimmer die Decke auf den Kopf fallen. Hier hab ich immer was zu tun.“