Mal wieder sind alle Augen auf Juri Knorr gerichtet. Der 24-jährige Starspieler erlebte 2024 Höhen und Tiefen. Bundestrainer Alfred Gislason kann dennoch auf ihn bauen.

Mit hängendem Kopf steht Juri Knorr vor den Kameras und Mikros der Journalisten. Er versucht, die richtigen Worte zu finden für das, was gerade passiert ist. Doch er wirkt abwesend, in Gedanken woanders. „Ich mache mir selbst Vorwürfe“, hadert der Handball-Star. Er habe, so behauptet er, nicht alles auf der Platte gelassen.

Das war vor einem Jahr, im Januar 2024, als die DHB-Auswahl sich in der letzten Hauptrunden-Partie bei der Heim-EM den Kroaten geschlagen geben musste. Die Szene abseits des Spielfelds ist exemplarisch für Knorrs Wesen: Er geht hart mit sich ins Gericht, ist selbst sein größter Kritiker. Von Teamkollegen und Bundestrainer Alfred Gislason bekommt er hingegen regelmäßig Rückendeckung. „Er kriegt ziemlich viel Druck von der Öffentlichkeit“, sagt Gislason über den gebürtigen Flensburger.

Bei großen Turnieren waren in den letzten Jahren alle Augen auf Juri Knorr gerichtet. Diesen genialen Spielmacher, der eine Partie an sich reißen und entscheiden kann. Der 24-Jährige gehört noch zu den jungen Spielern, sein Welpenschutz ist aber längst aufgehoben. Denn mit überragenden Leistungen kam große Verantwortung. Auch bei dieser Handball-Weltmeisterschaft werden Fans, Trainer und Mannschaft wieder ihre Hoffnungen in ihn setzen.

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„Nicht immer einfach, mit dem Druck umzugehen“

Sich Gedanken zu machen, ist Juri Knorrs Job. Auf seiner Position, Rückraum Mitte, ist er der Denker und Lenker im Spiel. In der Nationalmannschaft als auch bei seinem Verein, den Rhein-Neckar Löwen. Manchmal, wie bei der Heim-EM, macht Knorr sich allerdings im Nachgang eines Spiels zu viele Gedanken. Er ist ein Overthinker, wie es Neudeutsch heißt.

Wer Knorr beim Handballspielen zuschaut, dem fällt schwer, das zu glauben. Auf der Platte wirkt es meist, als hätte dieser Mann gar keine Nerven. Humorlose Schlagwürfe, präzise Siebenmeter, geniale No-Look-Pässe – er schüttelt sie quasi aus dem Ärmel. Sein Spielstil ist einzigartig. Die Bereitschaft zum Risiko unterscheide ihn von anderen, sagte Knorr mal über sich selbst. Der Sohn des ehemaligen Nationalspielers Thomas Knorr wurde früh als größtes Talent im deutschen Handball gehandelt und trägt seit 2020, wie früher sein Vater, das DHB-Trikot.

Seither begleiten Juri Knorr auch die Erwartungen. „Es ist nicht immer einfach, mit dem Druck umzugehen. Aber auf der anderen Seite will man das ja auch als Profisportler: Ich will ganz oben ankommen und dann gehört das dazu“, verriet Knorr im Interview mit der „Sport Bild„. „Ich bin nicht der Typ, der so gern im Rampenlicht steht.“

Wenn ihm das Rampenlicht mal wieder zu grell ist, zieht er sich zurück. Knorr gilt als bodenständiger Typ, der viel Wert auf Familie und Privatleben legt. Darüber gibt der ruhige Handballer nur selten etwas preis. Bekannt ist aber, dass er gemeinsam mit Freundin und Hund lebt, wie etwa in einem Instagram-Post nach seinem Wechsel zu den Rhein-Neckar Löwen zu sehen ist.

Juri Knorr pünktlich zur WM wieder fit

Und bald steht der nächste Wechsel an. Knorr wird die Handball-Bundesliga im Sommer verlassen und sich dem dänischen Spitzenklub Aalborg anschließen. Das gaben der Verein und der 24-Jährige im September bekannt. Viel los beim stillen Starspieler.

Generell hat Juri Knorr ein bewegtes Jahr mit Höhen und Tiefen hinter sich. Auf den 4. Platz bei der Heim-EM folgte ein miserabler Saisonabschluss mit den Löwen (12. Platz). Bei den Olympischen Spielen in Paris sorgten Knorr und das DHB-Team dann für Furore, holten sensationell die Silbermedaille. Für seinen Verein läuft es in der aktuellen Saison wieder etwas besser (derzeit 7. Platz), doch Knorr wurde im Oktober durch einen Daumenbruch zurückgeworfen, fiel wochenlang aus.

Von der Verletzung hat er sich nun erholt. Zwar fehlte Knorr den Rhein-Neckar Löwen auch in den letzten beiden Spielen des Jahres krankheitsbedingt, doch pünktlich zur Handball-WM meldete er sich fit. Bundestrainer Gislason und die deutschen Spieler dürften erleichtert sein, denn der Spielmacher wird beim DHB vor allem im Angriff wieder eine zentrale Rolle einnehmen. An seinen Fähigkeiten gibt es keine Zweifel. Die kommen höchstens von Knorr selbst, wenn er wieder mit sich hadert.

Quellen:Sport1″, „Kicker„, „Handball-World„, RTL