Justizopfern steht nach ungerechtfertigter Haft Entschädigung zu. Menschen, die in U-Haft saßen und später freigesprochen wurden, auch. In Bayern kommen pro Jahr Hunderte Fälle zusammen.

Die bayerische Justiz befasst sich pro Jahr mit Hunderten Fällen von Entschädigungen für Menschen, die beispielsweise zu Unrecht in Haft saßen oder nach einer Untersuchungshaft freigesprochen wurden. Die Zahl der „Entschädigungssachen“ nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) lag nach Angaben des bayerischen Justizministeriums 2023 bei insgesamt 326. Im Vorjahr lag die Gesamtzahl noch bei 354 und im Jahr 2021 bei 348. 

Siebenstellige Summen für Entschädigungszahlungen 

Wie das Justizministerium bereits 2022 mitteilte, zahlt Bayern pro Jahr rund eine Million Euro an Entschädigungen für Menschen, die etwa zu Unrecht in Haft saßen oder nach einer Untersuchungshaft freigesprochen wurden. Im Jahr 2021 waren es rund 1,4 Millionen Euro, die nach dem entsprechenden Gesetz ausgezahlt wurden, wie das Justizministerium auf Anfrage in München mitteilte. In den beiden Jahren davor waren es jeweils etwa eine Million Euro. Summen für die Jahre 2022, 2023 und 2024 teilte das Ministerium auf Anfrage nicht mit. 

Eine Entschädigung nach dem StrEG setzt kein Fehlverhalten staatlicher Stellen voraus. Die Gelder umfassen also nicht nur Entschädigungen für eine Haft, die sich im Nachhinein als ungerechtfertigt herausstellt, sondern unter anderem auch Zahlungen nach Festnahmen, wenn das Verfahren gegen den Festgenommenen dann später eingestellt wird, sowie beispielsweise Schäden aus einstweiliger Unterbringung, aus Beschlagnahmungen oder einem vorläufigen Berufsverbot. 

Justizopfer Genditzki hat den Freistaat verklagt

Derzeit macht der Fall von Manfred Genditzki weiter Schlagzeilen, der freigesprochen wurde, nachdem er mehr als 13 Jahre lang zu Unrecht im Gefängnis gesessen hatte. Er hat den Freistaat verklagt und fordert mindestens 750.000 Euro.

Im September 2023 hatte Genditzki nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München eine Entschädigung für die erlittene Untersuchungs- und Strafhaft von 368.700 Euro erhalten. Dieser Betrag entspricht der Entschädigung für 4.916 Tage im Gefängnis, denn pro Tag stehen Genditzki nach dem StrEG 75 Euro zu.

Darüber hinaus erhielt Genditzki laut Generalstaatsanwaltschaft 451.577 Euro Schadenersatz für den erlittenen Verdienstausfall. Von diesem Posten waren ihm zuvor 50.443 Euro für ersparte Kost und Logis und 48.979 Euro für den während seiner Haftzeit erarbeiteten Verdienst abgezogen worden. 

„Das ist verflixt wenig für 14 verlorene Jahre“, sagte Genditzkis Anwältin Regina Rick nach Bekanntwerden der Klageerhebung und verwies auf Pläne der Politik, den Satz von 75 Euro auf 100 Euro pro Tag im ersten halben Jahr und 200 Euro danach zu erhöhen – was auch der Freistaat befürwortet. Rick kritisierte vor allem, dass ihrem Mandanten noch „Geld für Kost und Logis“ abgezogen worden sei. „Auf die Kost und die Logis hätte er gern verzichtet.“ Auch gegen das Ergebnis dieses StrEG-Verfahrens wollen Genditzki und Rick klagen, wie die Juristin sagte.