Wertschätzung im Job zeigt sich auch an einem angemessenen Lohn. Trotzdem schrecken viele vor Gehaltsverhandlungen zurück. So gelingt Ihnen die Vorbereitung.

Übers Gehalt zu verhandeln, ist für viele eine unangenehme Herausforderung – über Geld spricht man ja angeblich nicht. Sollten Sie aber. Denn ein angemessener Lohn ist einer der Hauptfaktoren für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Sinnhaftigkeit und Teamspirit zahlen die Miete schließlich nicht.

Der wichtigste Schritt auf dem Weg zum Wunschgehalt ist, überhaupt danach zu fragen. Denn dass der Chef oder die Chefin von sich aus ein Angebot machen, ist eher Ausnahme als Regel. „Dann gut vorbereitet und mit einer Strategie ins Gespräch zu gehen, kann sich buchstäblich auszahlen“, sagt Oliver Kempkens, der als Headhunter Führungskräfte an Konzerne, Start-ups und Mittelständler vermittelt. Capital hat er sieben Stolperfallen verraten, an denen Gehaltserhöhungen häufig scheitern.

#1: Sich unter Wert verkaufen

Wer maßgeblich zum Erfolg einer Firma beiträgt, sollte dafür entsprechend belohnt werden. Gleichzeitig kann eine Lohnerhöhung auch Anreiz sein, sich künftig nochmal richtig in die Arbeit zu stürzen. Doch einfach mehr Geld zu fordern, ist eine zu banale Verhandlungsstrategie. Vor einer Gehaltsverhandlung sollten Sie sich deshalb klarmachen, was Sie geleistet haben und welchen Aufgaben Sie sich künftig widmen wollen. Eine fundierte Selbsteinschätzung kann selbst kritische Vorgesetzte überzeugen. „Ziel ist es, Argumente gegen ein höheres Gehalt auszuhebeln“, sagt Personalexperte Kempkens. „Das gelingt durch augenscheinliche Objektivität, mit der sich die Verhandlungsposition belegen lässt.“

Besonders selbstbewusst können Sie ins Gespräch gehen, wenn Sie Ihrer Firma Mehrwert bringen. „Gerade kleine Unternehmen wollen Leute, die Verantwortung über das hinaus übernehmen, was sie arbeitsvertraglich leisten müssen“, erzählt Kempkens. „Mit etwas mehr Einsatz kann man sich gut abheben. Das zeigt, dass man aufmerksam gegenüber den Kollegen und der Organisation ist.“

#2: Kein Austausch mit Kollegen

Zur Vorbereitung gehört auch, sich vorab mit dem eigenen Team auszutauschen. Dadurch bekommen Sie ein Gefühl für die Gehälter der Kolleginnen und Kollegen und eine Vorstellung für ihre eigene Position im Unternehmen. Eventuell erfahren Sie auch von Umständen, die Vorgesetzte gegen eine Lohnerhöhung anführen könnten, merkt Experte Kempkens an: „Wenn der Kollege schon zehn Jahre ohne Gehaltssteigerung dabei ist, warum ist es dann für Sie selbst schon an der Zeit?“ Entsprechende Einblicke helfen, Gegenargumente vorwegzunehmen.

#3: Ohne Wunschgehalt in die Gehaltsverhandlung

Die Aufforderung, eine konkrete Zahl zu nennen, ist wohl der entscheidende Moment in jeder Gehaltsverhandlung. Die richtige Antwort hängt davon ab, wo Sie stehen: Betriebszugehörigkeit, Marktwert, branchenübliches Gehaltsspannen oder der Anteil am Unternehmenserfolg sind entscheidende Faktoren. Liegen Sie bei der Summe über dem Machbaren, stoßen Sie der Gegenseite unweigerlich vor den Kopf. „Irgendwas zwischen Inflation und zehn Prozent ist aufs Jahr gerechnet eine Grenze, für die Sie sich meist eine gute Argumentationsgrundlage zurechtlegen können“, weiß Experte Kempkens aus Erfahrung.

Zu niedrig sollten Sie aber auch nicht einsteigen. Die erste Zahl stellt lediglich die Verhandlungsbasis dar, häufig treffen sich beide Parteien schließlich in der Mitte. Bleiben am Ende nur ein paar Euro mehr im Monat übrig, verfliegt die Freude über eine genehmigte Lohnerhöhung rasch. Wichtig deshalb auch zu wissen, wie viel Steuern und Abgaben von der Lohnanpassung abgehen. Online gibt es Brutto-Netto-Rechner, mit denen Sie prüfen können, welchen Unterschied eine Erhöhung des Bruttolohns nach den Abzügen tatsächlich ausmacht. „Man verhandelt allerdings in brutto, weil der Arbeitgeber auch brutto denkt“, so Kempkens.

#4: Starre Gehaltsvorstellungen haben

Eine alternative Strategie wäre, nur den Wunsch nach mehr Lohn zu äußern, ohne gleich mit einer Summe ins Haus zu fallen. Lassen Sie den anderen einen Vorschlag machen, legt Sie es in dessen Hand, die eigenen Leistung in einen Geldbetrag zu übersetzen. Das könne zu einer angenehmen Überraschung führen: „Chefs setzen da tendenziell höher als tiefer an“, erzählt Headhunter Kempkens. „Vielleicht bietet der Arbeitgeber 25 Prozent mehr an, obwohl Sie selbst nur auf fünf oder zehn Prozent gehofft haben.“

#5: Den falschen Zeitpunkt wählen

„Der richtige Moment für eine Gehaltsverhandlung ist dann, wenn ich Leistung nachweisen kann“, so Headhunter Kempkens. Um das der Chefin oder dem Chef darzulegen, eignet sich in der Regel das jährliche Mitarbeitergespräch, in dem gesteckte Ziele evaluiert werden. Haben Sie schneller sichtbare Erfolge erzielt, können Sie alternativ auch einen eigenen Termin für Ihr Anliegen ansetzen. Ein abgeschlossenes Projekt, neu gewonnene Kunden oder wenn Sie eine neue Mitarbeiterin geworben haben, können passende Aufhänger sein.

#6: Anforderungsprofil nicht kennen

„Erfahrungsgemäß machen sich Vorgesetzte in Deutschland wenig Gedanken darüber, welche Aufgaben eine Stelle umfasst, was jemand dafür mitbringen muss und wie die Performance anschließend gemessen und bewertet werden kann“, berichtet Kempkens. Doch nur wenn Sie wissen, was von Ihnen erwartet wird, können Sie Ihre Erfolge anschließend richtig benennen und hervorheben, was Sie darüber hinaus geleistet haben.

Bleibt das Anforderungsprofil vage, lohnt es sich zu fragen, was Sie machen müssen, um zum gewünschten Gehalt zu kommen. „Damit haben Sie 90 Prozent der Kolleginnen und Kollegen etwas voraus, weil die das nicht machen“, sagt Experte Kempkens. „Bestenfalls stellen Sie schon am ersten Tag dafür die Weichen und lassen die Verantwortlichen definieren, welche Leistungen sie voraussetzen und wohin der Weg gehen soll.“

#7: Unflexibel sein

Nur Bares ist Wahres? Das stimmt schon lange nicht mehr. Mittlerweile gibt es viele Gehaltsalternativen, mit denen Arbeitgeber Beschäftigten wertschätzen können. „Ein paar hundert Euro mehr oder weniger ändern meist nicht viel am Lebensstil“, sagt Kempkens. „Vertrauensarbeitszeit, Homeoffice oder zusätzliche Urlaubstage aber möglicherweise schon.“ Auch Corporate Benefits wie ein vom Arbeitgeber bezahltes Fahrrad, Bahncard, Dienstwagen oder eine Tankkarte können eine Art alternativer Kompensation sein. „Wenn Sie herausgefunden haben, was Ihnen wichtig ist, können solche Angebote Teil der Gehaltsverhandlungen sein“, so Kempkens. Diese Flexibilität könne sogar einen großen Vorteil darstellen, weiß der Headhunter: „Eine realistische Selbsteinschätzung, Mehrwert fürs Unternehmen und Flexibilität – das schafft Sympathie und stärkt die eigene Position.“

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