Nach Ansicht des Fuldaer Bischofs Gerber ist es wichtig, für andere da zu sein. Auch wenn man davon keinen persönlichen Vorteil hat.

Der katholische Bischof von Fulda, Michael Gerber, sieht die Situation der katholischen Kirche in Deutschland noch stärker als früher in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang. „Was wir in den Kirchenaustritten erfahren, ist Teil eines gesamtgesellschaftlichen Phänomens“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. 

Es liege nahe, den Blick auch auf andere Institution wie etwa Parteien und Gewerkschaften zu richten, deren Mitgliederkurven ebenfalls stark nach unten gingen. „Das Vertrauen in Institutionen, die nach dem Krieg jahrzehntelang wesentliche Stabilitätsfaktoren für unsere Republik waren, schwindet ganz offensichtlich.“

Mitgliederverlust und Arbeit an der Glaubwürdigkeit

Zählte die katholische Kirche im vergangenen Jahr im Bistum Fulda ungefähr 340.000 Mitglieder, waren es 1990 noch 466.000. Die Kirche verlor somit in diesem Zeitraum mehr als 125.000 Mitglieder.

„Wir als Kirche sind ähnlich wie die Parteien herausgefordert, an der eigenen Glaubwürdigkeit zu arbeiten“, sagte er. Dabei könne das Christentum eine wichtige Ressource für gesellschaftliches Engagement sein. „In meiner christlichen Haltung bin ich gefordert, mich in dieser Gesellschaft einzusetzen, vor allem auch für andere.“ 

„Evangelische und katholische Kirche haben einiges zu bieten“

Die Kirchen müssten sich fragen, wo ihre Relevanz „für die ganz großen gesellschaftlichen Fragen“ sei und was sie jungen Menschen anbieten könne, die sich für die Gesellschaft, den Zusammenhalt und die Menschenrechte einsetzen wollen. „Und da haben wir als evangelische und katholische Kirche einiges zu bieten“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. 

Messdiener-Wallfahrt und Beteiligung an Sozialaktion

Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Messdiener-Wallfahrt nach Rom und die dritte bundesweite Sozialaktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in diesem Jahr. An der „72 Stunden Aktion“ beteiligten sich nach Angaben der Veranstalter rund 80.000 Menschen. „Ich halte die Erfahrung, dass es sich lohnt, für andere da zu sein, ohne dass ich dafür gleich einen eigenen Vorteil habe, für wichtig“, sagte Gerber. 

Die Gesellschaft lebe davon, dass viele „mehr investieren, als sie müssten“, fügte der Bischof hinzu. „Aber letztlich geschieht die Vollendung nicht durch das, was der Mensch selbst schafft, sondern sie gelingt durch einen anderen, nämlich Gott.“