Diesmal ist es ein winterlicher Turbowahlkampf: Hessens SPD nimmt die vorgezogene Bundestagswahl in den Blick. Eine Bundesministerin bekommt bei der Listenaufstellung keine grandiose Unterstützung.

Die hessische SPD zieht mit ihrem Landesvorsitzenden Sören Bartol als Spitzenkandidat in den kurzen Wahlkampf für den Bundestag. Bei der Listenaufstellung der Partei in Gießen-Allendorf bekam Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf Platz vier 79,0 Prozent der Stimmen. Bartol hatte zuvor mit 87,2 Prozent Platz eins erhalten. 

Rund zwei Monate vor der vorgezogenen Bundestagswahl rief er seine Partei zu einem engagierten Wahlkampf mitten im Winter auf. In einer Turnhalle in Gießen-Allendorf forderte Bartol vor knapp 340 Delegierten, nach Weihnachten „müssen wir auf die Straße“. Nur noch neun Wochen blieben bis zur Wahl. „Es geht um eine Richtungsentscheidung“, betonte Bartol, der bereits seit 22 Jahren im Bundestag sitzt.

Wahlkampf mit rotem Bollerwagen

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesbau- und auch im Bundesverkehrsministerium sagte mit Blick auf die Todesfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt, nun sei es schwer, „die richtigen Worte zu finden“, während gleichzeitig die vielen Schwerverletzten in der ostdeutschen Stadt „um ihr Leben bangen und auch kämpfen“. Faeser war kurzfristig statt zu dem hessischen Parteitreffen nach Magdeburg gereist.

Auf Platz zwei der Liste steht die SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Dagmar Schmidt – sie bekam 90,1 Prozent. Armand Zorn erhielt 91,9 Prozent auf Platz drei. Auf Platz fünf setzte sich Felix Döring, dessen Markenzeichen Wahlkampf mit einem roten Bollerwagen ist, in einer Kampfkandidatur mit 55,1 Prozent gegen Jens Zimmermann durch. 

Platz-vier-Kandidatin Faeser hat derzeit kein Bundestagsmandat. Weil die SPD in Umfragen derzeit weit hinter der CDU liegt, gilt es als unsicher, dass sie nach der am 23. Februar vorgesehenen vorgezogenen Bundestagswahl ihr Ministeramt behält.

Bundesinnenministerin statt Ministerpräsidentin

Die Juristin hatte bei der hessischen Landtagswahl im Oktober 2023 als SPD-Spitzenkandidatin ein desaströses Wahlergebnis eingefahren – und blieb Bundesinnenministerin, statt wie angestrebt Ministerpräsidentin ihres Heimatlandes zu werden. Vom Landesparteivorsitz zog sich Faeser zurück. Regierungschef von Hessen ist Boris Rhein von der CDU geblieben. Er regiert seit rund einem Jahr mit der SPD als Juniorpartnerin. 

Kaweh Mansoori, Vorsitzender der SPD Hessen-Süd und Wirtschaftsminister im Land, nannte Faeser als Bundesinnenministerin „ein Bollwerk für unsere Demokratie“. Zur SPD-Kandidatenliste sagte Mansoori vor der geheimen Abstimmung darüber: „Wir sind keine Personenkultpartei, wir sind eine Programmpartei.“ 

„Warum führt eigentlich keine Frau die Liste an?“

Die Vorsitzende der Jusos Hessen-Süd, Michelle Breustedt, fragte: „Warum führt eigentlich keine Frau die Liste an?“ Timon Gremmels, Chef der SPD Hessen-Nord und Landeskulturminister, wiederum bezeichnete Spitzenkandidaten Bartol als „das Gesicht der hessischen SPD“ und gab als Parole für den Wahlkampf aus: „Kämpfen, kämpfen, kämpfen“.

Bartol betonte, am 23. Februar gehe es „um nichts weniger als die Zukunft des Landes“. Und beispielsweise darum, ob es künftig bezahlbaren Wohnraum, ausreichend Jobs in der Industrie und Hilfe für das Kriegsland Ukraine gebe. In den vergangenen drei Jahren habe SPD-Kanzler Olaf Scholz Deutschland „klar, besonnen und sicher“ geführt. „Olaf ist ein hervorragender Kanzler“, versicherte Bartol. Die SPD hat laut einem Sprecher knapp 41.000 Mitglieder in Hessen.