Wie geht es im nächsten Jahr in Deutschland nach der Bundestagswahl weiter? Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff hat da klare Vorstellungen und zieht Vergleiche zum Fall der Mauer.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erwartet von der neuen Bundesregierung, dass sie einen Schwerpunkt auf die Wirtschaftspolitik legt. „Die nächste Bundesregierung muss homogen an der Überwindung der Wirtschaftskrise arbeiten und darf erst danach wieder darüber nachdenken, was bei wieder wachsenden Erträgen an Wohltaten beschlossen werden kann“, sagte der Regierungschef der Deutschen Presse-Agentur.
Am 23. Februar ist die Bundestagswahl. Bis zur Bildung der neuen Bundesregierung werde in den nächsten Monaten noch keine politische Linie erkennbar sein, an der sich die Menschen orientieren könnten, so Haseloff. „Doch wir stecken in einer Wirtschaftskrise, die chemische Industrie steht auf der Kippe, sie steht unter einem riesigen Druck. Da braucht es zeitnah Lösungen, sonst stehen hier im Osten noch mal riesige Brüche an.“ Zu möglichen Bündnissen nach der Bundestagswahl wollte er sich nicht äußern.
Der CDU-Politiker fordert, dass insbesondere Industriearbeitsplätze erhalten werden. „Wenn Klimapolitik greifen soll, muss jeder Industriearbeitsplatz in Deutschland gehalten werden. Das nützt dem Klimaschutz, denn wenn die Arbeitsplätze woanders hin verlagert werden, werden dort größere Emissionen erzeugt als hier.“
Haseloff sieht „kritischste Phase seit dem Zweiten Weltkrieg„
Haseloff vergleicht die aktuelle Situation in Deutschland mit der Phase nach der Wiedervereinigung im Osten. Allerdings sei die Perspektive aktuell schlechter. „Trotz aller wirtschaftlichen Herausforderungen ist der Fall der Mauer positiv belegt gewesen. Derzeit erleben wir wieder eine kritische Phase, aber die Menschen im Osten erkennen keine positive Perspektive und Prognose. Ukraine, Israel, USA – man weiß nicht, wie es weitergeht“, so der Regierungschef.
„In diesen Zeiten ist es wichtig, dass man mit einer klaren politischen, demokratisch legitimierten Führung versucht, diese Konflikte und auch die wirtschaftlichen Herausforderungen wie die Inflation und die Energiewende zu lösen“, sagte der dienstälteste Ministerpräsident Deutschlands. „80 Prozent Ablehnung der Ampelregierung mit dem Kanzler an der Spitze sind ein Signal, dass man sich bundesweit nicht gut regiert fühlt – und das in der kritischsten Phase seit dem Zweiten Weltkrieg.“
Verständnis für Verunsicherungen in der Bevölkerung
Der CDU-Politiker hat Verständnis dafür, dass die Stimmung in der Bevölkerung und insbesondere im Osten schlecht ist. „Es gab seit der deutschen Einheit noch nie so viele gleichzeitige Verunsicherungen wie jetzt und auch noch nie so viele Eskalationspunkte auf der Welt, die sehr nah an Deutschland herangerückt sind“, sagte er. „Ukrainekrieg, der Nahe Osten, die Migrationsbewegungen – wir sind in gewisser Weise zum Sammelbecken weltweiter Probleme geworden.“
Die Bevölkerung im Osten sei im Durchschnitt älter als die im Westen, so Haseloff. „Die Menschen reagieren mit ihrer Lebenserfahrung und auch den Brüchen, die sie selber in ihrer Biografie hatten, sensibler – nicht nur mit Blick auf ihr eigenes Schicksal, sondern eben auch darauf, was das für ihre Kinder und Enkelkinder bedeutet. Das darf Politik nicht ignorieren, darauf muss man reagieren.“