In Europa häufen sich Fälle von Hunden, die sich plötzlich aggressiv verhalten. Ursache könnten verunreinigte Kauknochen sein. Wie Sie reagieren, wenn Ihr Haustier betroffen ist.
Wenn sich der eigene Hund plötzlich aggressiv gegenüber Herrchen und Frauchen verhält, diese nicht mehr erkennt, verängstigt oder verwirrt wirkt, ist das ein Schock für die Halter. Seit Ende August 2024 zeigen immer mehr Hunde in Europa diese plötzliche und drastische Verhaltensänderung. Tierärzte vermuten eine Vergiftung hinter dem Phänomen, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet – gefunden ist die Ursache aber noch nicht. Die Tierärztliche Hochschule in Hannover untersucht aktuell das sogenannte „Werwolfsyndrom“. In Verdacht stehen verunreinigte Rinderhautknochen.
Welche Symptome zeigen die Hunde?
PanikattackenAngst (heulen, zittern)epileptische AnfälleFluchtverhaltenaggressives Verhalten
Hunde mit „Werwolfsyndrom“ zeigen ein ängstliches, panisches Verhalten, das sich durch Heulen, Bellen, Knurren und willkürliche Bewegungen äußert. Ebenfalls typisch für das Syndrom ist, dass die Tiere zu flüchten versuchen. Einige Hunde zeigen auch ein aggressives Verhalten. Nina Meyerhoff, Tierärztin in der Neurologie an der Hochschule Hannover, erklärt gegenüber dem RND, es gebe auch Hinweise, dass die Hunde unter Halluzinationen litten. Einige Tiere erleiden gar epileptische Anfälle.
Wichtig: Von anderen neurologischen Krankheiten wie Angststörungen unterscheidet sich das „Werwolfsyndrom“ durch sein plötzliches Auftreten. Die Tierärztliche Hochschule Hannover hat auf ihrem Instagram-Account ein Video mit zwei betroffenen Hunden geteilt, die völlig verängstigt sind und sich nicht beruhigen lassen. Beobachten Sie bei Ihrem Hund eine ähnliche Verhaltensänderung, ohne dass es dafür einen Grund gibt, liegt die Vermutung nahe, dass er vom „Werwolfsyndrom“ betroffen sein könnte.
Wie verhalte ich mich, wenn mein Hund betroffen ist?
Für betroffene Hundehalter sind die Qualen ihres Tieres schwer zu ertragen. Trotz der emotionalen Belastung für Frauchen und Herrchen ist es laut Meyerhoff aber wichtig, auf die eigene Sicherheit zu achten, weil sich die Tiere völlig anders als gewohnt verhielten. Das liege mitunter daran, dass die Hunde ihre Halter nicht mehr zu erkennen scheinen. Von anderen Menschen, insbesondere Kindern, sollten Sie Ihren Hund deshalb fernhalten. Erste Anlaufstelle für Betroffene ist eine Facharztpraxis für Tierneurologie. Immerhin kann Meyerhoff zufolge den meisten Hunden geholfen werden. Die Mediziner behandeln die Symptome in der Regel mit Beruhigungsmitteln, die die Angst der Tiere lösen oder mit entkrampfenden Mitteln, sollten die Hunde unter epileptischen Anfällen leiden. Nach Angaben der Veterinärin schwebten die meisten Tiere nicht in Lebensgefahr. Die Symptome dauerten mehrere Tage bis Wochen an.
„Werwolfsyndrom“: Theorien über die Ursache
Was die Verhaltensänderung der Hunde auslöst, ist noch nicht geklärt. Die Indizien sprechen aber für eine Vergiftung. Der Verdacht liege laut Meyerhoff nahe, weil behandelte Hunde kurz nach ihrer Genesung wieder unter den Symptomen litten. Was die Vergiftung auslöse, ist derzeit unklar, denn die Suche nach der Ursache gestaltet sich wegen vieler verschiedener Tests aufwendig. In Verdacht stehen verunreinigte Futtermittel wie Rinderknochen oder andere Kauknochen. Indizien dafür lassen sich aus anderen europäischen Ländern ableiten.
In Finnland, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz tritt das „Werwolfsyndrom“ ebenfalls auf. Der Tiernahrungsproduzent Vafo rief in Finnland vergangenen Sommer einige seiner Produkte zurück, die in China hergestellt wurden und in Verdacht standen, die Symptome auszulösen. Dabei handelte es sich um Kauknochen und Kausticks, die in Deutschland nicht auf dem Markt sind. Laut Meyerhoff gingen die Fälle nach dem Rückruf zurück.
Doch damit ist der Spuk nicht vorbei, denn aktuell häuften sich laut der Medizinerin wieder Fälle des „Werwolfsyndroms“ in Finnland. Verdächtigt werden abermals Produkte von Vafo, diesmal aber andere Leckerlis. Dass mehrere Länder in Europa von dem Phänomen betroffen sind, könnte daran liegen, dass womöglich verschiedene Hersteller für Tiernahrung die gleichen Produktionsstätten nutzen.
Als Ursache ausgeschlossen haben die Medizinerinnen und Mediziner bis jetzt Ektoparasitika, also Mittel, die zur Bekämpfung von Parasiten verabreicht werden, ebenso wie Impfungen. Sie können zwar ähnliche Symptome hervorrufen, aber laut Meyerhoff bestehe zwischen Impfung und Symptomen kein zeitlicher Zusammenhang.
So schützen Sie Ihr Tier
Die meisten Hersteller von Tiernahrung schweigen sich darüber aus, wo das Futter hergestellt wird, was es für Halter schwierig gestaltet, das eigene Haustier zu schützen. Meyerhoff empfiehlt, den Hunden vorerst keine Kauknochen zu geben. Wie viele Tiere von dem „Werwolfsyndrom“ betroffen sind, ist nicht bekannt.