Seit vielen Jahren wird über die Fahrrinne der Weser gestritten. Umweltverbände legen nun eine neue Studie dazu vor.
Aus Sicht von Umweltverbänden wäre eine weitere Vertiefung der Unterweser für die Umwelt eine Katastrophe und für die Wirtschaft ohne großen Nutzen. „Wer profitiert davon? Das wären nur die Reedereien – auf Kosten der Steuerzahler und der Natur“, kritisiert Beatrice Claus von WWF. Mit einer neuen Studie möchten BUND und WWF erneut das Gespräch mit Politik und Wirtschaftsvertretern suchen.
Langjähriger Streit zwischen Umweltverbänden, Wirtschaft und Politik
Pläne sehen vor, die Fahrrinnen der Außenweser und der Unterweser Nord auszubauen. Damit könnten auch größere Schiffe mit mehr Ladung als bislang die Häfen der Region anlaufen. Die Außenweser verläuft von der Nordsee bis Bremerhaven, die Unterweser Nord von Bremerhaven bis Brake. Für die Vertiefung der Unterweser soll die Fahrrinne von Brake bis Nordenham um bis zu einen Meter ausgebaut werden. Darüber wird seit Jahren diskutiert.
Die Umweltverbände werteten nun Daten zu den ein- und auslaufenden Schiffen in Brake im vergangenen Jahr aus. Laut der Studie hätten fast alle einlaufenden Seeschiffe voller beladen werden können. Auch beim Auslaufen schöpfte demnach kein Schiff den bisher möglichen Tiefgang von 11,60 Metern voll aus. „Der Export aus dem Hafen Brake lässt sich auch ohne Vertiefung steigern“, so das Ergebnis der Auswertung.
Anpassung der Fahrrinne entscheidend für Wettbewerbsfähigkeit?
Wirtschaftsverbände und die Politik halten eine Weservertiefung hingegen für unumgänglich. „Wir müssen bedenken, dass Schiffe den Hafen Brake deshalb nicht anlaufen, weil ein bestimmter Tiefgang nicht vorgehalten wird, den andere Häfen bieten können“, erklärte ein Sprecher des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums.
Ein Beispiel ist der Getreideexport: Nach Angaben des Wirtschaftsverbands Weser ist dieser schon vor einigen Jahren vollkommen zum Erliegen gekommen, weil der Tiefgang nicht ausreicht. „Ohne eine Fahrrinnenanpassung bleibt der Hafen Brake für viele Reedereien und Handelshäuser unattraktiv“, befürchtet Geschäftsführer Thomas Voigt. Sie weichen für ihr Geschäft auf andere Häfen wie Rotterdam, Amsterdam, Vlissingen und Antwerpen aus. Damit gehe ein hoher Verlust für den Standort Brake einher und die Versorgungssicherheit sei gefährdet.
Als Spezialhafen sei Brake in seiner Funktion nicht so leicht zu ersetzen, entgegnet Martin Rode, Geschäftsführer des BUND Bremen. Jährlich würden dort rund vier Millionen Tonnen Futtermittel umgeschlagen. Auch beim Umschlag von Zellulose und Holz, pflanzlichen Ölen, Windenergie-Komponenten und Stahlladungen zähle Brake zu den führenden Häfen Europas. „Brake hat keine echte Konkurrenz“, ist Rode überzeugt.
Auch Beatrice Claus fordert andere, nachhaltige Strategien für die Zukunft der deutschen Häfen. „Vertiefungen sind Maßnahmen von gestern, die die Hafenstandorte nicht sichern.“
Massive Schäden für Flora und Fauna befürchtet
Die ökologischen Auswirkungen wären bei einer Vertiefung der Unterweser massiv, betont Susanne Gerstner, Landesvorsitzende des BUND Niedersachsen. „Flora und Fauna, die nur dort zu finden sind, würden zerstört.“ Die Verbände warnen, dass mehr Brackwasser in die Weser und die Wesermarsch gelangt. Brackwasser besteht aus Salzwasser und Süßwasser. Seitenarme drohen zu versanden. Zudem werde sich die Tide verändern. Damit steige das Hochwasserrisiko.
Momentan gebe es nicht einmal eine Einigung, wie die schon entstandenen Schäden bei Arbeiten in der Vergangenheit begrenzt werden können, kritisiert Gerstner. „Man ist noch weit davon entfernt, eine Lösung zu finden.“ Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es, erste Maßnahmen des sogenannten Generalplans Wesermarsch sollen ab 2026 umgesetzt werden.
Gutachten und Pläne werden erstellt
Unterdessen wird die umstrittene Fahrrinnenanpassung der Weser weiter von Behörden geprüft und geplant. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Weser-Jade-Nordsee lässt derzeit Gutachten erstellen, wie die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) auf Anfrage mitteilte. Danach beginnt das sogenannte Planfeststellungsverfahren, bei dem die Pläne ausgelegt sowie Einwendungen von Beteiligten und Betroffenen eingeholt werden. Ein Zeitplan dafür stehe bislang nicht fest.