Großeltern haben kein Recht, von ihren Kindern Enkelkinder zu erwarten. Für ein Leben ohne Nachwuchs gibt es viele unterschiedliche Gründe, findet unsere Autorin.

Klimakrise, Ukrainekrieg, Inflation – wer will in solchen Zeiten Kinder? Die Geburtenrate in Deutschland sank laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung von 1,57 (2021) auf 1,36 (2023) und erreichte damit ein Tief seit 2009. Trotzdem bleibt die romantische Vorstellung vieler Eltern, dass sie irgendwann automatisch zu Großeltern werden. Angesichts der aktuellen Debatte über die sinkende Geburtenrate in Deutschland und die gesellschaftliche Erwartung an junge Paare, „ihren Beitrag“ zu leisten, rückt dieses Thema in den Fokus. 

In einer Gesellschaft, in der sich wirtschaftliche, soziale und persönliche Lebensbedingungen radikal verändert haben, sollten Großeltern ihre Erwartungen aber überdenken. Es ist weder gerechtfertigt noch respektvoll, von den eigenen Kindern zu verlangen, Enkelkinder in die Welt zu setzen.

Kinder sind teuer!

Kinder kosten Geld. Die Entscheidung, Kinder zu bekommen, ist heute eng mit wirtschaftlichen Überlegungen verbunden. Die Kosten für Kindererziehung – angefangen bei der Kinderbetreuung bis hin zur Ausbildung – sind enorm. Im Schnitt gaben Paare mit einem Kind im Jahr 2018 ganze 763 Euro im Monat für ihr Kind aus. Und während man einen Zweijährigen noch gut mit den Klamotten des Cousins einkleiden kann, hört die Second-Hand-Akzeptanz spätestens dann auf, wenn der 15-Jährige die Nike-Turnschuhe verlangt.

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Hinzu kommt, dass der Arbeitsmarkt zunehmend unsicherer geworden ist, während die Mieten und Lebenshaltungskosten steigen. Viele junge Paare überlegen daher zweimal, ob sie sich ein Leben mit Kindern leisten können – oder ob sie ihre 50 Quadratmeter wirklich noch mit zwei Kleinkindern teilen wollen. Es ist schlichtweg unangemessen, von außen Druck auszuüben, wenn Paare mit ihrer finanziellen Lage bereits genug zu kämpfen haben.

Gleichberechtigung und Karriere

Aber auch die Rolle der Frauen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten fundamental verändert. Während es vor dreißig Jahren noch selbstverständlich war, dass die Frauen sich um Haus und Kinder gekümmert haben, haben Frauen heute glücklicherweise mehr Möglichkeiten Karriere zu machen und beruflich erfolgreich zu sein. Viele Frauen entscheiden sich ganz bewusst dafür, ihre berufliche Karriere zu verfolgen und das Muttersein nicht in den Mittelpunkt ihres Lebens zu stellen. 

Das ist nicht nur eine legitime Entscheidung, sondern auch der Ausdruck von persönlicher Freiheit. Großeltern, die hier ihre eigenen Wünsche nach Enkelkindern über die persönlichen Lebensentwürfe ihrer Kinder stellen, verhalten sich übergriffig. 

Nicht jeder Mensch will ein Leben mit Kind

Und ganz wichtig: Nicht jeder Mensch möchte Kinder. Kinder können toll sein – sie schränken das eigene Leben und die eigenen Bedürfnisse, zumindest für einige Jahre, aber auch ein (glauben Sie den Influencern auf Weltreise kein Wort). Manche Paare entscheiden sich also auch aus Überzeugung gegen ein Leben mit Nachwuchs – sei es, weil sie andere Lebensziele verfolgen oder schlichtweg kein Interesse daran haben, Eltern zu werden. Diese Entscheidung zu akzeptieren, ist ein Zeichen von Respekt. Es ist nicht die Aufgabe der Großeltern, den Lebensentwurf ihrer Kinder zu bewerten oder zu manipulieren.

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Unsichtbare Hürden: Medizinische oder biologische Gründe 

Darüber hinaus gibt es Paare, die (obwohl sie wollen) keine Kinder bekommen können – aus medizinischen oder biologischen Gründen. Die Entscheidung oder der Wunsch nach Nachwuchs ist in solchen Fällen ohnehin schmerzhaft genug. Der zusätzliche Druck und die Erwartungen von Großeltern können diesen Schmerz nur verstärken und führen bei Paaren oft eher noch zu unangebrachten Schuldgefühlen.

Das Recht, über das eigene Leben zu bestimmen, liegt ausschließlich bei den Menschen, die es selbst führen. Großeltern haben kein Recht, von ihren Kindern Enkelkinder zu erwarten oder gar einzufordern – selbst wenn solche Wünsche verständlich sein mögen. Großeltern, die so denken, sollten ihre Perspektive ändern und die Lebensentscheidungen ihrer Kinder respektieren. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.