Nach fast dreijährigem Kampf um den Fortbestand scheint es für die umstrittene Klimastiftung MV eine Zukunft zu geben. Der Gründungsvorstand tritt ab, ein neuer steht bereit.
Mit ihrem Rücktritt vom Vorstand der umstrittenen Klimaschutzstiftung MV haben Werner Kuhn und Katja Enderlein den Weg für einen Neustart geebnet. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ging das Rücktrittsschreiben heute bei der Landesregierung ein. Nach Angaben Kuhns gaben persönliche Gründe seiner Vorstandskollegin den Ausschlag für den um etwa drei Wochen vorgezogenen Rückzug.
Der frühere Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hatte schon im Mai den Vorsitz an Kuhn abgegeben und sich nach längeren Kontroversen mit Parlament und Regierung aus der Stiftung zurückgezogen. Ein weiteres Gutachten hatte zuvor seine Auffassung bestätigt, dass die Stiftung nach geltendem Recht nicht aufgelöst werden kann. Als künftiges, ebenfalls ehrenamtlich tätiges Vorstandsduo sind nach dpa-Informationen der Hamburger Anwalt Christoph Morgen und der frühere Präsident des Landesbauernverbandes, Detlef Kurreck, im Gespräch.
Klimastiftung mit Nord Stream 2 eng verbandelt
Die Klimastiftung war Anfang 2021 auf Betreiben der Landesregierung in erster Linie gegründet worden, um die Ostsee-Erdgasleitung Nord Stream 2 fertigstellen zu können. Dazu durfte sie laut Satzung einen gesonderten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einrichten, der Aufträge auslösen konnte. Sanktionsdrohungen aus den USA hatten zuvor Baufirmen und Ausrüster bewogen, sich aus dem Milliardenprojekt zurückzuziehen.
Das insbesondere von Polen heftig kritisierte Engagement des Landes erlosch mit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022. Doch scheiterten alle Versuche, die mit Geld aus Russland finanzierte Stiftung aufzulösen. Der Landtag forderte im März die Regierung schließlich auf, die Klimastiftung in die Zivilgesellschaft zu überführen.
Kabinett beschäftigt sich mit Zukunft der Stiftung
Dem Vernehmen nach wird sich das Kabinett von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) schon auf seiner Sitzung am Dienstag mit der Zukunft der Stiftung befassen und dann möglicherweise auch personell die Weichen stellen. Laut aktueller Satzung obliegt es der Regierungschefin, den Vorstand zu berufen.
Christoph Morgen gilt als versierter Treuhänder und Fachanwalt für Insolvenzrecht. Ihm wird ein entscheidender Anteil an der Rettung der früheren MV-Werften zugeschrieben, die nach der Insolvenz des asiatischen Mutterkonzerns Genting 2022 vor dem Abgrund standen.
Kurreck bestätigte gegenüber der dpa seine Bereitschaft, im Vorstand der Stiftung mitzuwirken. „Ich denke, die große Mehrheit der Menschen hat erkannt, dass es den Klimawandel gibt und man etwas dagegen tun muss. Wir brauchen dabei weniger Ideologie und mehr Pragmatismus“, sagte Kurreck. Mit dem Geld der Klimastiftung könnten wichtige Umweltprojekte angeschoben werden, die weit in die Zukunft reichen und einen echten Nutzen bringen. „Sie müssen nachhaltig und für die Menschen verständlich sein“, mahnte der Landwirt.
Erdgas-Millionen für Umweltschutz
Das Land als Stifter hatte für den Grundstock 200.000 Euro eingebracht, will sich nun aber vollständig aus der Stiftung zurückziehen. Die Nord Stream 2 AG, ein Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Gazprom, hatte 20 Millionen Euro bereitgestellt. Mit dem Geld sollten Umweltprojekte finanziert werden. Allerdings fiel die Hälfte davon schon als Schenkungssteuer an.
Unklar ist, ob die noch verfügbaren Stiftungsmittel in den Grundstock überführt werden sollen und dann nur die Anlagegewinne für Umweltprojekte bereitstehen. Bislang wurden die Gelder direkt eingesetzt. Dem Vernehmen nach stehen noch etwa 13 Millionen Euro zur Verfügung, die von Nord Stream 2 und aus Erlösen des bereits aufgelösten Geschäftsbetriebes der Klimastiftung stammen.
Satzungsänderungen in Warteschleife
Beim Justizministerium als Stiftungsaufsicht liegen den Angaben zufolge vom alten Vorstand mehrere Anträge auf Änderung der Stiftungssatzung vor. Neben der Mittelverwendung geht es dem Vernehmen nach unter anderem auch um die künftige Struktur, den Verzicht auf ein Kuratorium oder das Anstreben der Gemeinnützigkeit.
In einem der dpa vorliegenden Schreiben an Justizministerin Jaqueline Bernhardt (Linke) dringt Innenminister Christian Pegel (SPD) darauf, Entscheidungen dazu vorerst nicht zu treffen. Der künftige Vorstand solle nicht durch „eine vordeterminierende Festlegung“ in seinem Handeln beschränkt werden. Die „ihm gebührenden Gestaltungsspielräume“ gelte es zu erhalten, heißt es in dem zweiseitigen Brief.
Untersuchungsausschuss befasst sich mit Stiftung
Um den Fortbestand der umstrittenen Stiftung gibt es seit langem Streit. Ein Sonderausschuss des Landtags untersucht die Rolle führender Landespolitiker bei der Gründung der Klimaschutzstiftung und das Wirken der Stiftung insbesondere zur Fertigstellung der Gasleitung, für die es wegen der Feindseligkeiten Russlands gegen die Ukraine aber keine Betriebserlaubnis von Deutschland gegeben hatte.