Nacktfotos und gefakte Sexvideos: Die Digitalisierung bringt auch neue Formen der sexualisierten Gewalt mit sich. Niedersachsens Regierungsfraktionen wollen Betroffene gezielter unterstützen.

SPD und Grüne im niedersächsischen Landtag fordern mehr Unterstützung für die Opfer von sexualisierter Gewalt im Internet. „In einer Welt, in der der Austausch von Bildern und Videos über soziale Medien und private Netzwerke in Sekundenschnelle erfolgen kann, entstehen neue Formen der Gewalt“, heißt es in einem Antrag, den die Regierungsfraktionen heute ins Plenum einbringen.

Konkret fordert Rot-Grün eine zentrale Informationsstelle für Opfer. Betroffene sollen dort über ihre Erlebnisse sprechen können. Zudem sollen sie informiert und über ihre Rechte und Möglichkeiten aufgeklärt werden.

Zu den neuen Gewaltformen gehören etwa sogenannte Sextortion, bei der Täter mit der Veröffentlichung von Nacktbildern drohen, oder Revenge Porn (deutsch: Racheporno), wobei intime Aufnahmen ohne die Zustimmung der Betroffenen verbreitet werden. Besonders alarmierend seien zudem sogenannte Deepfakes, heißt es im Antrag weiter. Damit sind manipulierte Medieninhalte gemeint, bei denen künstliche Intelligenz verwendet wird, um Gesichter, Stimmen oder Bewegungen zu verändern. Auch pornografische Inhalten können damit erstellt werden.

LKA erfasst die Taten bisher nicht gesondert

Dass diese Art der sexualisierten Gewalt zum Teil nur im Internet stattfindet, ist für die Wahrnehmung der Betroffenen ein Problem, wie die Sprecherin der Fachberatungsstelle Violetta, Janna Helms, sagte: „Das Ding ist, dass viele Betroffene von sexualisierter Gewalt mittels digitaler Medien es tatsächlich nicht so als Gewalt wahrnehmen.“

Das Landeskriminalamt in Niedersachsen hat zur bildbasierten sexualisierten Gewalt, so die offizielle Bezeichnung im Antrag von Rot-Grün, keine Zahlen vorliegen. Solche Fälle werden bisher in der Kategorie „Erpressung auf sexueller Grundlage“ erfasst, wie eine Sprecherin sagte. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die polizeiliche Kriminalstatistik nur Fälle in Niedersachsen erfasse. Somit erschienen Fälle mit dem Tatort Internet nicht in der Statistik, „auch, wenn das Opfer in Niedersachsen zu Hause ist“.

Das Amt der Bundesregierung für die Anliegen von Betroffenen begrüßte den Vorstoß von SPD und Grünen in Niedersachsen: „Der Antrag greift akute Risiken auf, die der digitale Raum mit sich bringt.“ Von den Gefahren seien besonders Kinder und Jugendliche betroffen, denen die notwendige Kompetenz fehle, um gezielte Täuschungen zu erkennen.

Forderungen sind nicht genug

Es gibt jedoch auch Kritik an dem Antrag. Laut der Fachberatungsstelle Violetta und des Bundesamtes für die Anliegen von Betroffenen reicht eine zentrale Informationsstelle nicht aus. Digitale sexualisierte Gewalt könne nur mit einem umfassenden Maßnahmenpaket bekämpft werden. Dazu gehörten etwa spezialisierte Ermittlungsbehörden, Präventionsarbeit in Schulen und mit Eltern sowie eine klare Verantwortung von Online-Anbietern durch gesetzliche Rahmenbedingungen.