Seit fast drei Monaten wird an den deutschen Grenzen auch zu Luxemburg, Belgien und Frankreich wieder kontrolliert. Es gibt neue Zahlen. Und neue Kritik.

Seit drei Monaten gibt es wieder Grenzkontrollen an den deutschen Landesgrenzen. Von Gewöhnung oder Normalität kann dabei aber nicht die Rede sein. Vor allem in der Region zu Luxemburg reißt die Kritik an den wiedereingeführten Kontrollen nicht ab. Denn sie treffen Zehntausende Pendler, die von Deutschland täglich zur Arbeit in das Großherzogtum fahren – und auf dem Heimweg im Stau stehen.

Wie ist die bisherige Bilanz?

Seit dem 16. September wird in Rheinland-Pfalz an den Grenzen zu Frankreich, Belgien und Luxemburg sowie im Saarland zu Frankreich und Luxemburg kontrolliert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte die Kontrollen an allen deutschen Landesgrenzen für zunächst sechs Monate angeordnet, um die Zahl der unerlaubten Einreisen stärker einzudämmen. 

Nach Angaben der Bundespolizeidirektion in Koblenz, die für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland zuständig ist, wurden vom 16. September bis 30. November 1.159 illegale Einreisen gezählt, davon 726 aus Frankreich, 370 aus Luxemburg und 63 aus Belgien. 

Zurückweisungen und Abschiebungen

535 Menschen seien nach Frankreich zurückgewiesen worden, 203 nach Luxemburg und 38 nach Belgien. Die Bundespolizei weist darauf hin, dass die einbezogenen Zahlen zum November noch vorläufig seien und sich später noch kleinere Änderungen ergeben könnten.

Eine Zurückweisung beschreibe die Verhinderung der Einreise an der Grenze, die Person sei rechtlich noch nicht nach Deutschland eingereist. Die Einreise sei vollzogen, wenn die Grenze überschritten und die Grenzübergangsstelle passiert worden sei, teilte die Bundespolizei mit.

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen werden getroffen, wenn die Person bereits eingereist ist. Hierunter fallen die Zurückschiebung und die Abschiebung. Da habe es in dem Zeitraum 12 Fälle gegeben: 6 nach Luxemburg und 6 nach Frankreich.

Bei den Kontrollen seien 17 Schleuser ins Netz gegangen, teilte die Bundespolizei weiter der Deutschen Presse-Agentur mit. Zudem wurden 37 Menschen festgestellt, bei denen eine Einreiseverweigerung vorlag.

Kritik an Grenzkontrollen

An den Grenzen zu Frankreich, Luxemburg und Belgien gebe es „keine nennenswerten Fluchtbewegungen, die eine derart umfassende Kontrolle rechtfertigen würden“, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD). „Vielmehr belasten die Maßnahmen den wirtschaftlichen und kulturellen Austausch sowie die Pendlerinnen und Pendler in den Grenzregionen erheblich.“ Rheinland-Pfalz lebe von seiner engen Verflechtung mit den Nachbarländern: „Dies gilt es zu schützen.“

Ebling sagte, er erwarte, dass der Bund die Kontrollmaßnahmen „regelmäßig einer kritischen Prüfung auf ihre Notwendigkeit“ unterziehe. Grenzkontrollen innerhalb der EU sollten nur als ultima ratio infrage kommen und zeitlich eng begrenzt bleiben. „Das Schengen-System ist ein zentraler Baustein der europäischen Integration und darf nicht leichtfertig untergraben werden.“

Widerstand aus Luxemburg

Grenzkontrollen sind im Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen. Vor allem stationäre Kontrollen wie auf der Autobahn 64 nach Luxemburg in der Nähe von Trier stoßen auf Kritik – auch in Luxemburg. Die Grenzkontrollen könnten „nicht mehr toleriert werden“, sagte Luxemburgs Premierminister Luc Frieden jüngst in Saarbrücken. Sie richteten sich gegen die Interessen der Bürger, schwächten die Wirtschaft und seien keine Lösung für die Migrationsprobleme.

Frieden kündigte Widerstand gegen die Kontrollen an. Das luxemburgische Parlament hat von der Regierung des Großherzogtums eine Intervention bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gefordert. Zudem sollen Möglichkeiten einer rechtlichen Anfechtung geprüft werden – hieß es in einer Resolution. Luxemburg ist auf Pendler aus dem Ausland angewiesen.

Verlängerung steht im Raum

Kritisch gesehen werden die Grenzkontrollen auch im Saarland. Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) hatte nach Beginn erklärt: „Mein Europa ist das nicht, wenn Schlagbäume und Polizeikellen wieder das Bild der Grenzen prägen. Es ist nicht das Europa, das wir in der Großregion wollen, wenn der wirtschaftlich wichtige kleine Grenzverkehr aufgehalten wird.“

Vor wenigen Tagen hatte Faeser angekündigt, die Grenzkontrollen zur Bekämpfung illegaler Migration an allen deutschen Grenzen über den März 2025 hinaus verlängern zu wollen. Diese hätten sich bewährt, sagte sie bei der Innenministerkonferenz in Rheinsberg.

Angesichts der Neuwahl des Bundestags am 23. Februar ist unklar, ob Faeser ihre Ankündigung umsetzen kann. Wenn die CDU als Wahlsieger hervorgeht, ist eine Fortsetzung der Kontrollen aber auch wahrscheinlich.

Im nächsten Jahr 40 Jahren Schengen

2025 soll im luxemburgischen Schengen groß gefeiert werden. Denn am 14. Juni ist es 40 Jahre her, dass das Schengener Abkommen über unkontrollierte Grenzübertritte unterzeichnet wurde. Heute gehören 29 Länder mit rund 420 Millionen Menschen zum Schengen-Raum.

„Natürlich sind wir auch weiterhin absolut nicht einverstanden mit den Grenzkontrollen“, sagte Michel Gloden als Bürgermeister des symbolträchtigen Ortes im Dreiländereck zu Deutschland und Frankreich der Deutschen Presse-Agentur. „Wir sehen absolut keinen Sinn in den Grenzkontrollen.“ 

Die Pendler seien „genervt“, weil sie täglich eine halbe oder dreiviertel Stunde im Stau stünden. Im Dreiländereck sei es Alltag, Grenzen zu überqueren, um einzukaufen, Freunde zu treffen, zur Schule oder zur Arbeit zu gehen. Eine Verlängerung der Kontrollen wäre „schlimm und unverständlich“.

Gloden gibt sich aber optimistisch. „Unser Slogan ist: Schengen lebt!“ Er sei überzeugt: „Schengen wird auch das Ganze packen. Weil die Menschen wissen einfach zu schätzen, was es bedeutet, wenn man sich von einem Land ins andere ohne Kontrollen bewegen kann.“