Nach dem Ampel-Aus und dem Wirbel um das „D-Day“-Papier stellte sich FDP-Chef Christian Lindner den Fragen von Caren Miosga. Die Presse sieht den Auftritt kritisch.

Erst ließ Christian Lindner die Ampel-Koalition platzen, wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz als Finanzminister entlassen, dann tauchte auch noch das sogenannte „D-Day“-Papier auf, das den minutiösen FDP-Plan zum Ende der Koalition enthüllte. Schwere Zeiten für den Parteivorsitzenden, der am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Caren Miosga“ Stellung zu den Entwicklungen bezog. Lindner Caren Miosga 06.16

So sehen deutsche Medien den Auftritt von Christian Lindner

„Der Spiegel“: „Ob Christian Lindner das Dokument wirklich nicht kannte? Das ist auch nach dem Talk nicht klar. Wobei das auch gar nicht so entscheidend ist wie die Frage, ob es den Weg des kalkulierten, hinterrücks herbeigeführten Bruchs beschreibt, den er selbst einschlagen wollte, während er in der Öffentlichkeit gleichzeitig über Verantwortung referierte. Das ist der Vorwurf, der im Raum stand. Und da steht er nun immer noch.“

„Die Zeit“: „Lindners Interesse an der Sendung besteht darin, seine Hände in Unschuld zu waschen. Er gibt sich als ein Gerechter, dem Unrecht geschieht. Wenn er bisweilen beschämt wirkt, so ist es offenbar eine stellvertretende Scham. Eigentlich, so suggeriert er, müsste sich die böswillige Öffentlichkeit schämen, die ihn so sehr verkennt. Hier ist ein Mann, der von der Welt Gerechtigkeit fordert, und da er sie nicht bekommt, behilft er sich mit Selbstgerechtigkeit.“FS Neues Kabinett Scholz 16.10

„Süddeutsche Zeitung“: „Selten ist ein Politiker im Fernsehen so gnadenlos untergegangen. Je mehr die Moderatorin fragt, desto mehr gerät er in die Defensive. Lindner ist von dem Gespräch, das stellenweise eher an ein Kreuzverhör erinnert, sichtlich genervt. Für ihn ist es, wie man im Fußball gerne sagt, ein gebrauchter Abend. Statt des erhofften Befreiungsschlags erlebt er ein Debakel.“

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“: „Lindner wagt bei Miosga die Flucht nach vorne, gibt sich als unverstandener Kämpfer für den deutschen Wohlstand und gegen die rot-grünen Schuldensünder. Seine Einlassungen vom Tag seiner Entlassung als Finanzminister wirken ziemlich schlecht gealtert. Der ‚Schaden‘ an der Demokratie, er ist schon da, und die ’staatspolitische Verantwortung‘ kauft der FDP keiner mehr ab.“

„Die Welt“: „Von Beginn an herrschte eine aggressive bis feindselige Stimmung. Miosgas Einwürfe und Nachfragen provozierten den FDP-Vorsitzenden deutlich. Eine denkwürdige Sendung, an deren Ende alle gegen den ehemaligen Finanzminister zu sein schienen. Dessen selbstmitleidige Art machte es jedoch nicht besser.“ 

„Redaktionsnetzwerk Deutschland“: „Dass Miosga Lindner nicht glaubte, reizte den Liberalen, der von den vergangenen Tagen sichtlich mitgenommen zu sein schien. Einen kritischen Treffer landete Miosga mit der Frage, warum Lindner – immerhin ein prominentes Gesicht der gescheiterten Ampelkoalition – noch im Amt sei.“