Nach der Veröffentlichung des umstrittenen Strategiepapiers der FDP schweigt Christian Lindner zunächst. Im ZDF-Interview spricht er dann doch – versucht aber nichts dazu zu sagen.

Das hatten sich die Liberalen wahrscheinlich anders vorgestellt: Drei Monate vor der Bundestagswahl steckt die FDP in einer Existenzkrise. Grund dafür ist das Strategiepapier, in dem die Partei minutiös den Bruch der Ampel-Koalition vorbereitet hatte. Das Dokument hatte die FDP am Donnerstagabend veröffentlicht – die Parteiführung bestreitet allerdings, das umstrittene Papier gekannt zu haben.

Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann behauptet, das Dokument sei „kein Gegenstand der politischen Beratung von gewählten Mandatsträgern und Regierungsmitgliedern gewesen“. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte indes Berichte abgestritten, wonach die Parteiführung den Ampelbruch als „D-Day“ bezeichnet habe. Nur ist das glaubhaft? Immerhin trägt das Strategiepapier den Titel: „D-Day Ablaufszenarien und Maßnahmen“.

Und was sagt der Parteichef zu all dem?FDP nach D-Day-Dokument 17.00

Am Tag nach dem „D-Day“-Debakel war Christian Lindner zunächst untergetaucht. Später erklärte er schriftlich, er habe das Papier „nicht zur Kenntnis genommen und hätte es auch nicht gebilligt“, um anschließend auf dem Ex-Koalitionspartner SPD herumzuhacken.

Danach äußerte sich Lindner noch einmal – diesmal im Gespräch mit ZDF-Moderatorin Marietta Slomka. Die wollte vom Parteichef wissen: „Was ist peinlicher: Das Papier als solches oder wie man danach versucht hat, es zu vertuschen?“ Christian Lindner räumte Fehler „bei internen Prozessen und auch bei der Kommunikation“ ein. Gleichzeitig sprach der FDP-Chef von „Durchstechereien“. Es habe sich um ein internes Papier gehandelt, das an die Öffentlichkeit gebracht worden sei, um der FDP zu schaden. Über die Loyalität seiner Mitarbeiter wolle er aber nicht spekulieren, stellte Lindner klar.

Christian Lindner will nichts vom D-Day-Papier gewusst haben

Weiteren Fragen zu dem umstrittenen Dokument versuchte Lindner auszuweichen und betonte stattdessen wiederholt, dass er zu seiner politischen Verantwortung, aus der Ampel-Koalition auszusteigen, stehe.Presseschau zur FDP 11.42

Doch das reichte Slomka nicht. Sie wollte mehr wissen zum D-Day-Debakel und dem Strategiepapier. Lindner behauptete daraufhin, das Dokument sei „niemals Gegenstand von Beratungen eines politischen Führungskreises gewesen“. Da sei ein „falscher Eindruck“ entstanden. Das Papier hätten Mitarbeiter professionell entworfen. Sie hätten das „nach bestem Wissen und Gewissen getan“, betonte Lindner. „Aber das Ergebnis hat nicht überzeugt – nicht im Stil, nicht in der Anlage.“ Das sei bedauerlich.

Wie geht die FDP in den Wahlkampf?

Trotz allem zeigte sich der FDP-Chef optimistisch. Ja, der Ampelbruch habe „Schrammen an der Glaubwürdigkeit“ hinterlassen. Und trotzdem wolle er seine Partei in die Bundestagswahl führen.

Was die Liberalen dazu sagen, bleibt derweil fraglich. Zwei seiner engsten Kollegen haben noch am selben Tag den Dienst quittiert. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai entschuldigte sich bei seiner Rücktrittserklärung dafür, die Öffentlichkeit „unwissentlich falsch“ über das interne „D-Day-Papier“ informiert zu haben. Dafür entschuldige er sich. Er habe nichts von dem Papier gewusst – „weder von der Erstellung noch von der inhaltlichen Ausrichtung“. Aber er übernehme „die politische Verantwortung, um Schaden von meiner Glaubwürdigkeit und der FDP abzuwenden.“ Auch FDP-Geschäftsführer Carsten Reymann erklärte seinen Rücktritt.

Kandidaten, die die Lücke füllen könnten, gibt es genug. Wer es am Ende macht, wurde aber noch nicht durchgestochen.