Weinanbaugebiete wurden stets von Frauen repräsentiert – bis jetzt. Nach den Weinregionen Rheinhessen und Ahr könnte nun auch in Württemberg ein Mann gekrönt werden. Aber es gibt Konkurrenz.

Erstmals seit mehr als 70 Jahren treten bei der Wahl zur Württembergischen Weinkönigin in diesem Jahr nicht nur Frauen an: In diesem Jahr greift auch ein Mann nach der Krone. Unter den fünf Kandidierenden für den 59. Titel ist der Ludwigsburger Lehramtsstudent Moritz Ocker. Würde er die Jury überzeugen, wäre er bereits der dritte Mann in dieser Position in einem der 13 deutschen Weinanbaugebiete. Bei der Wahl in Heilbronn (19.30 Uhr) werden die Kandidatinnen von einer Jury in mehreren Fragerunden auf ihr Wissen rund um den Wein und auf ihr Auftreten geprüft. 

Gewinnt Ocker eine der drei Kronen, wäre der 28-Jährige Württembergs erster Weinprinz oder Weinkönig, teilte der Weinbauverband mit. Anders als die Kandidatinnen, würde er allerdings keinen Kopfschmuck tragen, sondern eine an die Stilistik der aktuellen Kronen angelehnte Amtskette. 

Längere Debatte im Verband 

Einfach war die verbandsinterne Debatte über eine männliche Bewerbung wohl nicht: „Der Entscheidung geht ein längerer Abstimmungsprozess innerhalb des Vorstands des Weinbauverbands voraus“, sagte Peter Albrecht, der Vizepräsident des Weinbauverbands. Es sei in einer Arbeitsgruppe beschlossen worden, ernsthafte männliche Bewerbungen zu prüfen und zuzulassen. 

Der Verband sieht allerdings durch männliche Kandidaten auch Chancen, das Amt aufzuwerten und zu modernisieren. „Die durchweg positiven Rückmeldungen und Erfahrungen aus anderen Weinbaugebieten bestärken uns in der Entscheidung“, sagte Verbandsgeschäftsführer Hermann Morast im Vorfeld der Wahl. 

Neben Ocker machen sich vier Kandidatinnen Hoffnungen auf den Titel. Im Rennen sindJanina Hötzer (25), Kauffrau für Büromanagement aus Ilsfeld, sowie Ines Pfeiffer aus Korntal-Münchingen. Die 29-Jährige ist verantwortlich für Social Media und Online-Marketing.

Lisa Schmidt, eine 22 Jahre alte Bewerberin aus Besigheim, stammt aus einer Winzerfamilie, die in fünfter Generation Weinberge bewirtschaftet. Die Industrieelektrikerin besaß schon im Alter von sechs Jahren ihre eigene sogenannte Kinder-Butte und ihre erste Rebschere. Kim Weißflog (20) aus Lauffen am Neckar ist ebenfalls in der Auswahl dabei. Sie studiert Bildungswissenschaften und lebt mit einem herangehenden Winzer zusammen, der sie auch über das Familienweingut an die Liebe zum Wein und seinem Anbau heranführt. 

Gewinner oder Gewinnerin hat strammes Programm vor sich

Egal, ob Königin oder König: Es geht bei der Wahl um die Nachfolge der amtierenden Württembergischen Weinkönigin Larissa Salcher aus Bretzfeld (Hohenlohekreis). Sie hatte sich bei der Wahl im vergangenen Jahr ebenfalls gegen vier weitere Kandidierende durchgesetzt, um den württembergischen Wein zwölf Monate lang zu repräsentieren. Als Weinkönigin dürfte auch eine neue Titelträgerin oder ein Weinkönig viel unterwegs sein: Hinter den scheidenden und vor den neuen Hoheiten liegt laut Weinbauverband „ein aufregendes und intensives Jahr“ mit über 200 Veranstaltungen.

Württemberg ist das viertgrößte deutsche Weinbaugebiet und nach Verbandsangaben das Einzige, in dem mehr Rotwein als Weißwein erzeugt wird. Zu den gängigsten Rebsorten zählen neben der schwäbischen Spezialität Trollinger bei den roten Gewächsen Schwarzriesling, Lemberger und Spätburgunder. Bei den Weißweinen sind es vor allem Riesling, Müller-Thurgau, Silvaner, Grauburgunder und Kerner. Insgesamt stehen die Reben auf rund 11.500 Hektar, aufgeteilt in 17 Großlagen und 210 Einzellagen.