Der Mann hält die Justizbehörden seit Jahren auf Trab. Das Vorstrafenregister ist lang. Meist ging es um Betrug. Nun könnte ein Verfahren dank eines Deals und eines Geständnisses zum Abschluss kommen.
Einmal 30.000 Euro, dann 15.000 Euro und später 10.000 Euro – immer wieder haben seine Opfer dem als „Trauerschwindler“ bekanntgewordenen Ex-Bestatter Geld gegeben. Zahlreiche Posten enthält die Erklärung seiner Verteidigerin vor dem Landgericht Rostock, mit der er die Taten gesteht. Die Anklage wirft dem 50-Jährigen in einem Berufungsverfahren zwischen 2016 und 2018 gewerbsmäßigen Betrug zulasten dreier Frauen vor. Er soll sexuelle Beziehungen zu den Frauen unterhalten und in zwei Fällen deren emotionale Lage nach Trauerfällen ausgenutzt haben.
Die von der Verteidigerin vorgelesene Erklärung wirkt wie eine buchhalterische Auflistung. Der schon lange insolvente und inzwischen 50-jährige Angeklagte spielte sich demnach als zahlungsfähiger Geschäftsmann auf, der vermeintlich zwischenzeitliche Durststrecken bewältigen musste, dringende Ausgaben erfand und rechtzeitige Rückzahlung versprach. Allein den drei Frauen entstand ein Schaden von fast 200.000 Euro.
Einige Opfer sahen ihr Geld erst verspätet wieder und erst, nachdem sie mit Anwälten gedroht hatten, andere hingegen höchstens einen kleinen Bruchteil. Die am Donnerstag am Landgericht Rostock vorgetragene Erklärung der Verteidigerin war Teil eines Deals: im Gegenzug zu einer Begrenzung der möglichen mehrjährigen Haftstrafe, sollte der Angeklagte ein umfassendes Geständnis ablegen. Demnach würde sich das Strafmaß grob um die Marke von fünfeinhalb Jahren einpendeln.
Frau nach Tod ihres kleinen Kindes kennengelernt
Seine Anwältin beschrieb etwa wie ihr Mandant in der Rolle des Bestatters eine Frau kennenlernte, kurz nachdem ihr kleiner Sohn gestorben war. Sie habe sich in ihn verliebt und sich sogar von ihrem Lebensgefährten getrennt. Dass ihr Klient selbst eine Familie hatte, habe er verschwiegen. Der Mann habe seinem Opfer von finanziellen Engpässen berichtet, bis sie schließlich erst ein Darlehen und später auf Drängen noch ein Zweites aufgenommen und ihm das Geld gegeben habe. Später habe sie von den eigentlichen Lebensumständen des Mannes erfahren und mit einer Anzeige wegen Betrugs gedroht. Mehr als 22.000 Euro habe allein sie verloren.
Neben dem laufenden Berufungsverfahren die drei Frauen betreffend, soll im Rahmen der Verständigung auch ein zweites noch ausstehendes Berufungsverfahren zum Abschluss geführt werden. Zu diesem lag aus der ersten Instanz vom September dieses Jahres schon ein Geständnis des Angeklagten vor, das die Verteidigerin nun wiederholte. Er betrog demnach unter anderem ein älteres Ehepaar um hohe Geldbeträge, bezahlte Handwerkerleistungen unvollständig und mit deutlicher Verspätung und verstieß gegen Darlehensabsprachen.
Weitere Ermittlungsverfahren
Im Fall der drei Frauen hatte ihn das Amtsgericht Rostock unter Einbeziehung einer weiteren Verurteilung, die sich auf den entsprechenden Tatzeitraum bezieht, zu insgesamt drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Das andere Verfahren endete am Amtsgericht mit der Verhängung einer Haftstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. Gegen beide Urteile hatte der Mann Berufung eingelegt.
Bei der Staatsanwaltschaft Rostock laufen weitere Ermittlungsverfahren gegen den bereits umfangreich Vorbestraften. Die früheren Besitzer eines Bestattungsunternehmens, das er übernommen hat, werfen dem Mann etwa vor, 420.000 Euro für den Kauf der Firma nie gezahlt zu haben.
Angeklagter lebt von Bürgergeld
Der Angeklagte wollte im Rahmen des Deals auch erreichen, dass noch laufende Ermittlungen gegen ihn eingestellt werden. Der Vorsitzende Richter stellte klar, dass er dies zumindest nicht anordnen könne, weil sich die Verständigung nur auf Verfahren des Gerichtes begrenze. Die Staatsanwaltschaft habe der Verteidigerin aber eine Einstellung in Aussicht gestellt, sagte der Richter unter Verweis auf entsprechende Aussagen der Anwältin.
Ohnehin ist für die Opfer bei dem Beschuldigten, der durch eine gleichnamige ARD-Dokumentation als „Trauerschwindler“ bekannt ist, wohl nichts zu holen. Laut Angaben, die er vor dem Amtsgericht gemacht hatte, lebt er vom Bürgergeld-Regelsatz und in einer Mietwohnung mit einer Monatsmiete von 1.200 Euro, die vom Jobcenter übernommen wird. Das Verfahren nähert sich nun seinem Abschluss. Der Richter kündigte für den nächsten Termin am 3. Dezember die Schlussplädoyers und für den Folgetermin am 9. Dezember eine mögliche Urteilsverkündung an.