Es ist die wohl umstrittenste Hinrichtungsmethode der USA: Ein weiterer Häftling wurde nun mit Stickstoff hingerichtet. Die Tochter des Mordopfers ist gegen die Todesstrafe.
Zum dritten Mal ist in den USA ein zum Tode verurteilter Mensch mit Stickstoff hingerichtet worden. Der 50 Jahre alte Carey Grayson starb am Donnerstagabend in einer Strafanstalt in Alabama, wie das Justizministerium des US-Bundesstaates mitteilte. Bei der umstrittenen Prozedur wird einer Person über eine Gesichtsmaske Stickstoff zugeführt – die Folge ist der Tod wegen Sauerstoffmangels.
Grayson war zusammen mit drei Mittätern wegen des Mordes an der 37-jährigen Vickie Deblieux verurteilt worden, die zum Tatzeitpunkt im Jahr 1994 per Anhalter von Tennessee nach Louisiana unterwegs war. Er war damals 19. Die anderen waren noch minderjährig und sitzen lebenslange Haftstrafen ab. Die vier Jugendlichen boten Deblieux damals an, sie mitzunehmen – fuhren sie aber stattdessen in ein bewaldetes Gebiet, wo sie die Frau den Gerichtsdokumenten zufolge zu Tode schlugen und ihren Körper verstümmelten. Sie stachen 180 Mal auf sie ein, eine ihrer Lungen wurde entnommen, ihre Finger abgeschnitten.
Bei seiner eigenen Hinrichtung berichteten Augenzeugen der Medien, dass Grayson einen Gefängniswärter beschimpfte, als er nach letzten Worten gefragt wurde, und eine obszöne Geste machte. Ihnen zufolge keuchte der 49-Jährige nach Einfuhr des Stickstoffgases über eine Maske minutenlang, bevor er sich zu bewegen aufhörte und für tot erklärt wurde.
Tochter des Mordopfers gegen Todesstrafe
Grayson hatte US-Medienberichten zufolge massive mentale Probleme. Auch deshalb sprach sich die Tochter des Opfers gegen die Todesstrafe aus. Die Ermordung ihrer Mutter habe der Familie viel Leid zugefügt, sagte sie, dennoch frage sie sich, „wie all dies durch die Maschen des Justizsystems rutschen konnte, weil die Gesellschaft diesen Mann als Kind im Stich gelassen und meine Familie darunter gelitten hat.“ Die Ermordung von Häftlingen unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit müsse aufhören.
Die Anwälte Graysons hatten versucht, einen Aufschub der Exekution zu erreichen und argumentiert, die Hinrichtungsmethode sei unmenschlich, weil die Verurteilten bei Bewusstsein erstickten. Der Oberste Gerichtshof der USA lehnte das ab. Alabamas Justizminister Steve Marshall beschrieb den 50-Jährigen als ein „Monster“ und sagte, mit der Hinrichtung sei der Gerechtigkeit Genüge getan.
Stickstoff-Methode in den USA umstritten
In Alabama waren dieses Jahr bereits zwei weitere verurteilte Straftäter mit dieser neuen Methode exekutiert worden. Augenzeugen sprachen jeweils von einem minutenlangen Todeskampf. Nach der ersten Stickstoff-Hinrichtung in dem südlichen Bundesstaat hatte das UN-Menschenrechtsbüro vor einer Verbreitung dieser Methode gewarnt. „Wir läuten die Alarmglocken, weil dies möglicherweise eine Form von menschenrechtswidriger Folter darstellt“, sagte UN-Menschenrechtssprecherin Ravina Shamdasani damals.
Nach Angaben des Informationszentrums zur Todesstrafe hat es seit 1976 in den USA 1604 Hinrichtungen gegeben. Bislang haben 23 der 50 US-Bundesstaaten die Todesstrafe abgeschafft. In mehreren anderen Bundesstaaten wird sie de facto nicht mehr vollstreckt.
Mit 55 Prozent unterstützt eine Mehrheit der US-amerikanischen Bevölkerung die Todesstrafe für verurteilte Mörder, zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup. Doch die Kritik daran nimmt zu. Immer wieder gibt es auch Fälle, bei denen die Hinrichtung schiefgeht. Andere zum Tode Verurteilte werden im Nachhinein für unschuldig befunden. Dazu kommen ganz praktische Probleme: ein Mangel an Gift-Medikamenten, fehlendes Fachpersonal – und Geld (mehr dazu lesen Sie hier).