Können die rollenden Kellner gegen Personalmangel in der Gastronomie helfen? Ein Pilotprojekt will das herausfinden. Jetzt kommt noch ein ganz neuer Aspekt hinzu.

Mehrere Serviceroboter werden derzeit im Main-Kinzig-Kreis auf ihre Tauglichkeit für einen Einsatz in Kneipen, Cafés und Restaurants getestet. Die Spessart Tourismus GmbH, die das Projekt organisiert, zieht eine positive Zwischenbilanz des seit gut einem Jahr laufenden Tests.

Über die Hälfte der Betriebe, die bisher die rollenden Helfer kostenlos vier Wochen lang ausprobieren konnten, können sich die Anschaffung eines derartigen Geräts vorstellen, wie Alana van Heek von Spessart Tourismus erklärte. Allerdings ließen die hohen Anschaffungskosten einige Gastronomen zögern, sagte sie. Die Roboter kosten zwischen 12.000 und 13.000 Euro. Und auch die Räumlichkeiten müssen passen: Enge und verwinkelte Arbeitsgebiete mögen die fahrenden Kellner nicht so sehr.

Test in Inklusionsbetrieb

Das Pilotprojekt ist jetzt erweitert worden: Im Café Brockenhaus, einem Inklusionsbetrieb des Behinderten-Werks Main-Kinzig, wird getestet, ob ein Roboter Menschen mit körperlichen Einschränkungen so unterstützen kann, dass sie als Servicekräfte arbeiten können. Seit Mittwoch hilft Roboter „Viola“ ihnen dabei, Kaffeetassen und Getränkeflaschen zu befördern. Männer und Frauen, die wegen einer Behinderung kein Tablett durch die Räume tragen könnten, sind dank der Unterstützung in der Lage, den Gästen die jeweiligen Bestellungen zu servieren, die sie am Tisch vom Tablett des Roboters herunterheben.

„Diesmal geht es nicht um Fachkräftemangel in der Gastronomie„, betont BWMK-Projektleiter Christoph Heim. Der Einsatz solle vielmehr helfen, Menschen mit Behinderungen neue Arbeitsmöglichkeiten zu bieten, die sie ohne diese technische Unterstützung durch den Roboter nicht hätten. Er könne sich vorstellen, dass dieser Ansatz auch in Behindertenwerkstätten umgesetzt werden könne.

Lob und Streicheleinheiten für „Viola“

Die bisherigen Erfahrungen seien gut, berichtet Benjamin Ming, Gastronomiechef im Brockenhaus. „Viola“ sei in weniger als einer Stunde an die Räumlichkeiten des Cafés angepasst worden. Die anfängliche Skepsis bei Mitarbeitenden sei schnell gewichen. Und auch die Gäste reagierten interessiert und positiv.

Bei einer Testvorführung am Freitag war zu sehen, wie drei Mitarbeitende mit körperlichen Einschränkungen gut im Team mit dem Roboter harmonierten. Mitunter wurde „Viola“ von ihnen gelobt und sogar gestreichelt, wenn „sie“ ihre Aufgabe erfüllt hatte. Den Namen „Viola“ hat das Café-Team selbst für den Roboter ausgesucht. In anderen Testbetrieben wurde der Roboter beispielsweise „Peanut“ genannt. Die Betriebe können die Namen frei wählen.

Hessenweit einzigartig

Das Pilotprojekt im Main-Kinzig-Kreis sei hessenweit wohl einzigartig, erklärt Frank Syring vom Wiesbadener Digitalministerium. Bei dem wissenschaftlich begleiteten Versuch wurden die drei verschieden große Roboter bislang in zehn Betrieben eingesetzt. Das Projekt soll noch ein bis eineinhalb Jahre laufen und auf den Einsatz in Pflegeeinrichtungen erweitert werden.

Ziel ist es, Einsatzmöglichkeiten, Vorteile und Nachteile, Erfahrungswerte, zusätzliche Kosten und Einsparpotenzial bei Personalkosten zu untersuchen. Dabei sollen gleichzeitig auch mögliche Berührungsängste sowohl bei den Gastronomen als auch bei den Gästen untersucht werden.