Das Aus der Ampel in Berlin hat Folgen auch beim Schutz von Frauen. Ein Gesetz hätte den Eigenanteil von Schutzsuchenden in Frauenhäusern abschaffen sollen. Wie groß das Problem in Sachsen-Anhalt ist.

Jedes Jahr suchen in Sachsen-Anhalt Hunderte Frauen und Kinder in Frauenhäusern Schutz vor Gewalt – und noch immer müssen sie dafür einen Eigenanteil bezahlen. Es komme immer wieder vor, dass Betroffene durch den Aufenthalt Schulden anhäuften oder das Schutzangebot aus finanziellen Gründen ablehnten, sagte die Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenschutzhäuser in Sachsen-Anhalt, Katja Kaiser aus Halle. Laut Sozialministerium lag der Eigenanteil je Frau zwischen 5 und rund 48 Euro pro Tag.

Die Häuser hätten unterschiedliche Lösungsideen von besonderen Härtefallregelungen bis zur Hilfe durch den Weißen Ring oder Spendenaktionen. „Das sind immer handgestrickte Lösungen“, sagte Kaiser. Die von Gewalt betroffenen Schutzsuchenden dürften jedoch nicht noch als Bittstellerinnen dastehen. 

Ampel-Aus bringt Ungewissheit

Die Frauenschutzhäuser, die den Eigenanteil benötigen, um eine Finanzierungslücke zu schließen, haben bislang auf das neue Gewalthilfegesetz auf Bundesebene gesetzt mit einer bundesweit einheitlichen Finanzierung ohne Eigenanteil, wie Kaiser sagte. Mit dem Ampel-Aus ist nun ungewiss, ob das Gesetz noch auf den Weg gebracht wird.

Linken-Fraktionschefin Eva von Angern bringt das Thema heute in den Landtag ein – sie fordert eine zügige Verabschiedung trotz Ampel-Aus. Dafür müsse sich die Landesregierung einsetzen. Zudem haben die Grünen eine Aktuelle Debatte zum besseren Schutz von Frauen vor Gewalt beantragt. Am Mittag wird es im Landtag eine Gedenkstunde zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen geben. 

Sozialministerium verweist auf Berliner Koalition

Das SPD-geführte Sozial- und Gleichstellungsministerium bekräftigte auf Anfrage „ein großes Interesse“, die Eigenbeteiligung der von Gewalt betroffenen Frauen für die Nutzung der Schutzangebote abzuschaffen. Das Ministerium verweist aber auf den Bund. Man setze sich weiter für eine „zügige Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes ein, das einen Rechtsanspruch auf Schutz vor Gewalt und eine bundesweit einheitliche Finanzierung der Gewaltschutzangebote beinhalten soll, die ohne Eigenbeteiligung der Frauen auskommt“.

Im vergangenen Jahr haben die 19 Frauenhäuser in Sachsen-Anhalt über 680.000 Euro Wohnkosten eingenommen – teils haben die Frauen den Eigenanteil selbst gezahlt, bei Bewohnerinnen mit Leistungsbezug übernahm der Staat die Kosten.

Viele Kinder in Frauenschutzhäusern

Im Jahr 2023 wurden laut Landesverwaltungsamt 518 Frauen und 565 Kinder in den Frauenhäusern aufgenommen. Im Jahr zuvor waren es noch 493 gewesen. Die prozentuale Belegung stieg somit von 68 Prozent auf 75 Prozent. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer steigt. 2021 lag sie noch bei 55 Tagen und stieg bis 2023 auf 66 Tage. Ein Frauenhaus habe seine Platzzahl im Jahr 2023 aufgrund von Personalmangel von acht auf vier reduzieren müssen. 267 der 518 aufgenommenen Frauen hatten einen Migrationshintergrund, wie es weiter hieß. 

In Sachsen-Anhalt gibt es 19 Frauenhäuser mit grundsätzlich 117 Schutzplätzen. Den Schutzorten stehen 52 Personalstellen zur Verfügung. Zudem können die Frauenhäuser seit diesem Jahr eine Hauswirtschaftskraft einstellen. Der Umfang hängt laut Landesverwaltungsamt von den verfügbaren Plätzen im Frauenhaus ab. Im laufenden Jahr sind zur Finanzierung der Schutzangebote rund 3,56 Millionen Euro vorgesehen. Auch besteht die Möglichkeit, Extra-Mittel für Dolmetscherleistungen zu beantragen.