Korruption kommt in vielen Arbeits- und Lebensbereichen vor. Auch die Polizei ist davor nicht gefeit. Vorgebeugt werden soll mit verschiedenen Maßnahmen.
Weitergabe von Polizei-Interna, Unterschlagung von Dienstmunition, verschwundene Waffen aus der Asservatenkammer: Auch in den Reihen der hessischen Polizei gibt es korruptes Verhalten. Für Schlagzeilen sorgte zuletzt ein Beamter des Rauschgiftkommissariats im Polizeipräsidium Südosthessen, der Informationen über Kontrollen an Drogendealer weitergeleitet und ihnen so tonnenschwere Cannabis-Lieferungen ermöglicht haben soll.
Wie oft Korruptionsfälle bei der hessischen Polizei vorkommen, ist statistisch nicht erfasst. „In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für Hessen gibt es keine Auswerteparameter, mithilfe derer sich die Zahl der Korruptionsdelikte, die von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten begangen wurden, auswerten ließe“, erklärte ein Pressesprecher des Hessischen Landeskriminalamtes (HLKA).
Dem Ansehen der Polizei schade jedes einzelne, sagte Jens Mohrherr, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Das sind Einzelfälle, die uns wahnsinnig wehtun.“ Ein Polizeibeamter unterliege immer ganz besonderen ethischen Verpflichtungen. „Er hat nicht nur die Aufgabe, Straftaten zu verhindern oder zu erforschen, sondern er muss sich selbst natürlich wie kein Zweiter an Recht und Gesetz halten.“ Das werde bereits im Studium ab dem ersten Semester intensiv vermittelt.
Korruptionsfälle zerstören Vertrauen
„Aber natürlich kann man nicht ausschließen, dass der eine oder andere mal nach links guckt, wenn er eigentlich nach rechts schauen muss. Das will ich nicht verhehlen“, sagte Mohrherr. „Wir sind ein Spiegelbild der Gesellschaft.“ Wenn es um Straftaten gehe, dürfe das allerdings nicht gelten. „Die haben wir zu verhindern und zu bekämpfen. Dann dürfen wir nicht selbst in den Verdacht geraten, straffällig geworden zu sein. Unsere Kern-DNA ist: Wir stehen auf der richtigen Seite des Gesetzes.“
Korruptionsfälle zerstörten das Vertrauen in die Polizei. „Das können wir überhaupt nicht gebrauchen. Das wollen wir auch nicht“, betonte Mohrherr. „Denn auch wenn so etwas nicht häufig vorkommt, wird der ganze Berufsstand diskreditiert.“ Wie immer in einem Rechtsstaat gelte aber auch im Fall des Beamten aus dem Polizeipräsidium Südosthessen zunächst die Unschuldsvermutung, unterstrich Mohrherr.
„Jeder Einzelfall wirkt sich immer auf die ganze Organisation aus und schadet dem Ansehen der Polizei ganz erheblich“, sagte auch Dirk Peglow, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. „Im Fall des aktuellen Verdachts gegen einen hessischen Beamten reden wir von einer mutmaßlichen Straftat. Korruption fängt schon viel früher an. Das ist wichtig zu unterscheiden.“
Kann im Kleinen anfangen
Natürlich wüssten die Beamtinnen und Beamte, dass sie keine Geschenke oder Belohnungen annehmen dürften. „Aber die Frage ist: Wo fängt das an? Dann, wenn die Pizza für einen Polizisten nicht zehn Euro kostet, sondern nur fünf Euro? Solchen Entwicklungen müssen wir entgegenwirken“, unterstrich Peglow. Denn was im Kleinen beginne, könne zur Gewohnheit werden. „Die Verknüpfung, dass ich einen Vorteil erhalte, weil ich für Sicherheit sorge, ist nicht zulässig. Denn wir sorgen für Sicherheit, weil es unsere Aufgaben ist, weil wir dafür bezahlt werden. Und zwar vom Land und von niemandem sonst.“ Zur Aufarbeitung und Prävention sei Transparenz nach innen und außen wichtig.
Um Korruption vorzubeugen, hat das hessische Innenministerium nach Angaben des HLKA mehrere Richtlinien mit verbindlichen Regelungen in der Hessischen Landesverwaltung erlassen. „Nach der Richtlinie zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung in der öffentlichen Verwaltung des Landes Hessen ist in jeder Dienststelle eine Ansprechperson für Korruptionsprävention zu bestellen“, erklärte der Sprecher. Diese sei der Behördenleitung unmittelbar unterstellt.
Ansprechstelle für Beamte und Bürger
Entsprechend gebe es im HLKA sowie in den hessischen Polizeipräsidien jeweils Ansprechpersonen für Korruptionsprävention. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte könnten diese Funktion nicht ausüben, sie seien davon ausgeschlossen. Bedienstete und Bürgerinnen und Bürger könnten sich bei Verdachtsmomenten an die Ansprechperson wenden. Der Kontakt könne per E-Mail oder schriftlich mittels als „vertraulich“ gekennzeichnetem Brief aufgenommen werden. Die Kontaktdaten seien öffentlich auf der Website der hessischen Polizei aufgeführt.
„In Fällen, in denen Ansprechpersonen für Korruptionsprävention Hinweise vorliegen, die den Verdacht einer Korruptionsstraftat begründen, unterrichten diese die Behördenleitung“, erklärte der Sprecher. Dabei unterbreite die Ansprechpersonen Vorschläge zu internen Ermittlungen und Maßnahmen, mit denen Verschleierungen entgegengewirkt werden könne. Zudem unterstütze sie die Behördenleitung bei der Meldung von Korruptionsstraftaten an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden.
Zu den Aufgaben der Ansprechperson gehörten zudem unter anderem die Aufklärung der Beschäftigten, beispielsweise durch regelmäßige Informationsveranstaltungen, die Mitwirkung bei der Fortbildung und das Beobachten und Bewerten von Korruptionsanzeichen. Überdies erstelle sie Dokumentationen besonders gefährdeter Arbeitsgebiete mit dem Ziel korruptionsanfällige Strukturen und Abläufe zu reduzieren.
Transparente Aktenführung und Mehr-Augen-Prinzip
Daneben bestimme die Vorschrift unterschiedliche Maßnahmen, die zur Eindämmung von Einfallstoren für unlauteres Verhalten zu ergreifen seien. Dazu zählten unter anderem das Einhalten einer transparenten Aktenführung, der Dienst- und Fachaufsicht und des Mehr-Augen-Prinzips, führte der Sprecher aus.
Zur Prävention gehörten unter anderem auch verpflichtende und wiederkehrende Belehrungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Zudem werden die Bediensteten in der öffentlichen Verwaltung geschult, korruptionsgefährdete Bereiche mithilfe von Risikoanalysen zu identifizieren.“ Hierzu gehöre auch, Maßnahmen zu treffen, mit denen etwaigen Korruptionsgefahren entgegengewirkt werden könne.