Tesla-Chef Elon Musk soll die amerikanische Verwaltung auf Effizienz trimmen. Seine Vergangenheit lässt ahnen, dass er es ernst meint. Den Behörden steht ein Wirbelsturm bevor.
Natürlich steht am Beginn der neuen Aufgabe des Elon Musk eine Abkürzung: Die Einheit, die der reichste Mann der Welt nach dem Willen von Donald Trump künftig leiten soll, trägt den Arbeitstitel „Department of Government Efficiency“. Es ist kein Zufall, dass die Abkürzung dafür – DOGE – genau so klingt wie die Kryptowährung, die Musk mit feurigem Eifer unterstützt und deren Name wiederum auf einen populären Hunde-Meme im Netz zurückgeht.
Der Multimilliardär liebt solche Buchstaben- und Zahlenspielchen. Die Modellbezeichnungen der Autos seines Tesla-Konzerns ergeben aneinander gestellt mit gutem Willen den Begriff „Sexy“, Musks Kinder tragen Namen wie X Æ A-Xii, und das erste, was Musk tat, als er den Kurznachrichtendienst Twitter übernahm, war, ihn kurzerhand in „X“ umzubennen. Ohne Rücksicht auf den Umstand, dass damit eine sehr populäre Marke vom einen auf den anderen Tag abgewrackt wurde.
„Schockwellen durchs System schicken“
Wer allerdings angesichts derartiger Kindereien glaubt, sein neuer Job sei für Musk keine ernste Sache, der dürfte schon sehr bald eines besseren belehrt werden. Der kommende US-Präsident Trump hat den Tesla-Chef gemeinsam mit dem Unternehmer Vivek Ramaswamy damit beauftragt, „die Regierungsbehörden auseinander zu nehmen, überbordende Regulierung abzubauen, überflüssige Ausgaben zu kappen und die Bundesbehörden zu restrukturieren“. Musk selbst soll, so hieß es in einer offiziellen Mitteilung von Trumps Übergangsteam, dazu gesagt haben, es würden nun „Schockwellen durch das System geschickt“.
Der Kahlschläger – Musk soll US-Behörden aufräumen 19:04
Zwar gibt es bisher keine Abteilung im US-Regierungsapparat, die eine solche Autorität hat, und selbst Trump kann nicht ohne weiteres eine solche schaffen. So soll das Gremium wohl auch eher außerhalb der offiziellen Strukturen arbeiten. Das allerdings wird Musk kaum davon abhalten, seine Mission mit dem Furor anzugehen, mit dem er auch seine bisherigen Unternehmungen verfolgt hat. Als Tesla vor dem Start des Models 3 in arge Produktionsschwierigkeiten geriet, feuerte der Unternehmer zahlreiche verdiente Manager und übernachtete glaubwürdigen Berichten zufolge oft selbst in der Fabrik, um den Fertigungsprozess zu optimieren. Bei Twitter mussten mehrere Tausende Beschäftigte nach der Übernahme gehen, weil Musk sie nicht mehr für nötig hielt. Geld verdient die Plattform bis heute nicht.
„Musk ist nicht unfehlbar“
Mit welchem Stil die Regierungsbehörden künftig zu rechnen haben, zeigt sich an einer Anekdote, die der Musk-Biograph Walter Isaacson über die Zeit nach der Übernahme von Twitter erzählt. Um Kosten zu sparen, plante der Star-Milliardär, Server des Unternehmens von einem Dienstleister in Sacramento in ein Twitter-Gebäude in Portland zu überführen. Eine Managerin warnte, ein solcher Umzug sei frühestens „in sechs bis neun Monaten“ möglich. Das Ergebnis war, dass Musk selbst mit mehreren Getreuen zu der Anlage fuhr, die Server auf eigene Faust demontierte und mit einem Mietfahrzeug abtransportierte. Ein Husarenstreich, wie er typisch für den Unternehmer ist – der allerdings auch zur Folge hatte, dass das Netzwerk über Monate mit massiven Ausfällen zu kämpfen hatte. „Er besaß zwar ein gutes Gespür dafür, wann es angebracht war, Bedenkenträger zu ignorieren, aber unfehlbar war es nicht“, schreibt Isaacson.
Die Berichte über Musks Management-Stil sind voll mit Berichten über radikale Aktionen dieser Art, und nicht immer ist es nur Bewunderung, die da mitschwingt. Ashlee Vance, ein anderer Biograph Musks, zitiert Mitarbeiter des Raumfahrt-Unternehmens SpaceX mit einer zwiespältigen Einschätzung: „Es konnte frustrierend sein, mit Elon zusammenzuarbeiten. Er hat eine bestimmte Sichtweise und weicht niemals davon ab. Es gibt nicht viele Menschen, die für ihn gearbeitet haben und die glücklich sind. Aber es stimmt auch, dass er die Kosten für die Raumfahrt heruntergetrieben hat und seinem Business-Plan treu geblieben ist.“
Geschenk zum US-Jubiläum
Auch für seine Effizienz-Einheit dürfte Musk so etwas wie einen Business-Plan haben. „Wir werden die massive Verschwendung und den Betrug austreiben, die sich innerhalb der 6,5 Billionen Dollar an Regierungsausgaben abspielen“, tönt es in der offiziellen Ankündigung Trumps. Fast ein Drittel dieser Ausgaben, so hatte Musk es schon vor der Wahl verkündet, sollen gestrichen werden. „Eine kleinere Regierung, mit mehr Effizienz und weniger Bürokratie wird das perfekte Geschenk für das 250. Jubiläum der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung“, heißt es nun. Ein erster Schritt: Die Beamten sollen „wöchentliche Berichte“ darüber vorlegen, was sie erreicht haben. Ein klassisches Führungs-Druckmittel.
Dass Musk, der einst die US-Demokraten und ihren damaligen Präsidenten Barack Obama unterstützte, überhaupt in diese Position gelangt ist, ist eine kleine Merkwürdigkeit für sich. US-Medien berichten, dass der Multimilliardär durch seine Unterstützung für Trumps Wahlkampf in den engsten Kreis von dessen Team vorgerückt ist. Er nimmt an Telefonaten mit den Staatschefs der Ukraine oder der Türkei teil, berät Trump in Personalfragen und hat zum Teil sogar sein Quartier in Trumps Florida-Domizil Mar-a-Lago aufgeschlagen. Selbst auf erweiterten Familienfotos taucht der gebürtige Südafrikaner auf. „Ich freue mich, der First Buddy zu sein“, frohlockte Musk auf „X“.
Für seine künftige Aufgabe, so heißt es, wolle Musk ein „A-Team“ aus dem Privatsektor zusammenstellen, zu erwarten ist eine Auswahl von Deregulierungsfans aus dem Silicon Valley. Musk selbst spricht von „frenetischen Revolutionären, die einen kleinen Regierungsapparat wollen“.
Absehbare Interessenkonflikte
Damit aber zeichnet sich schon etwas ab, was in den kommenden Monaten zu einem großen Problem werden dürfte. Musk, aber auch viele seiner möglichen Mitstreiter, verdienen eine Menge Geld mit Regierungsaufträgen. Sie leben – zum Beispiel im Fall von Tesla – auch von behördlichen Konstrukten wie den CO2-Gutschriften, die das Unternehmen anderen Konzernen verkaufte oder hoffen darauf, dass eine staatliche Bitcoin-Reserve den Preis ihrer Kryptowährungen nach oben treibt. In Musks Fabriken kommt es immer wieder auch zu Unfällen, es gibt Verfahren, in denen es um die Frage geht, ob die Vorgaben zur Arbeitssicherheit eingehalten werden. Wenn der Chef nun selbst an der Verwaltung herumwerkelt, kann er sie auch in die für ihn passende Richtung lenken. Und das wiederum dürfte seinen Konkurrenten aus der Wirtschaft kaum gefallen.
In der Vergangenheit hat Musk immer wieder gezeigt, dass er seine diversen Unternehmen nicht als einzelne Einheiten betrachtet, sondern als Teile eines zusammenhängenden Ganzen. Ingenieure von Tesla helfen bei SpaceX aus, Material von SpaceX wird bei der Entwicklung neuer Tesla-Modelle genutzt. „Alle seine Geschäfte sind kurzfristig und langfristig miteinander verknüpft“, schreibt der Biograph Vance. „Tesla baut Batterien, die Solar City an Endkunden verkaufen kann. Solar City versorgt die Ladestationen von Tesla mit Solarpaneelen, sodass Tesla seinen Kunden kostenfreies Laden anbieten kann.“
Da vieles dafür spricht, dass Musk auch seine Effizienz-Einheit als Business betrachtet, wird es sehr bald auch hier zu Überschneidungen kommen. Damit aber würde eine alte amerikanische Dystopie endgültig Wirklichkeit: eine Regierung, die nicht nur gefördert oder beeinflusst wird von den reichsten Männern des Landes – sondern im Grunde gleich komplett von ihnen übernommen. Vielleicht denkt sich Elon Musk noch eine Abkürzung dafür aus.