Wie unser Kolumnist Micky Beisenherz den Wahlsieg von Donald Trump und das Ampel-Aus erlebt hat – und welche Schlüsse er aus dem Schlamassel zieht.

Das iPhone klingelt um 4.30 Uhr. Früher habe ich mir für solche Uhrzeiten den Wecker gestellt, um nicht den Boxkampf in Las Vegas zu verpassen. In meinem gestreiften Dittsche-Bademantel schleppe ich mich ins Wohnzimmer. Durch den Spalt der Türe trifft mein Blick den meiner Frau. Sie hat die Wahlberichterstattung schon seit dem Abend verfolgt. Sie schaut zu mir hoch mit einem Gesicht, das mir noch vor dem Blick auf den Bildschirm sagt: Isch over. 

Trump hat bereits über 200 der benötigten 270 Wahlleute, während Kamala (ja, wir nennen sie noch kumpelhaft beim Vornamen) noch im zweistelligen Bereich rumkrebst. Im Morgenmagazin der Öffentlich-Rechtlichen verkündet ein Buzzer mit einem dröhnenden Geräusch immer neue Horrormeldungen von neuen gewonnenen Trump-Staaten, bevor eine Studioband kontraintuitiv Liedchen spielt, als binde die Knoff-Hoff-Band ein lustiges Experiment ab. Was irgendwie sogar stimmt.kurzbio beisenherz

Die Absurdität dieses Schauspiels lässt uns schon wieder lachen. Wie wir da sitzen, in unseren Jogginghosen, zerknautscht und zerzaust. Um 6.50 Uhr kommt meine Tochter ins Wohnzimmer und schaut sich auf meinem Schoß die Lage an. „Scheiß Donald Trump.“

Yup. Putin, Trump, Taliban. Begriffe, mit denen mein Kind schon erschreckend viel anfangen kann. War ich mit neun auch schon so? In dem Alter habe ich zur Freude meines Vaters Kohl und Strauß imitiert. 1986. War auch keine unproblematische Zeit. Aber so?

Jetzt um halb acht, im gedämpften Schein des LED-Weihnachtsbaums, ist es eigentlich ganz schön. Krümel, der Hamster, gräbt sich durch die Holzwolle, als hätte es CNN gar nicht gegeben. Mit meiner Tochter im Auto auf dem Weg zur Schule singen wir laut Lola Youngs „Messy“ mit. Messy. Wie passend. Später, bei der morgendlichen Runde im Stammcafé, nur ein Thema: Trump. Wir schauen uns an, als wäre unser Lieblingsverein im DFB-Pokal gegen einen Kreisligisten rausgeflogen. Ungläubig. Aber auch amüsiert. Wie einer, dem ein Hurrikan das komplette Haus weggerissen hat, und ausgerechnet lediglich die hässliche Vase der Schwägerin ist geblieben. Faszinierend, wie Trump, dieser Stand-up-Comedian aus der Hölle, das wieder geschafft hat. Und wie bräsig die Demokraten um (jetzt ist sie bereits) Harris diesen kurzen Wahlkampf angegangen sind.Ampel-Memes 17.12

„Scholz hat Lindner rausgeschmissen!“

Über das und mehr reden wir abends in München während meiner Show auf der Bühne, als es aus dem Auditorium schallt: „Scholz hat Lindner rausgeschmissen!“ Nee! Echt jetzt? Was für ein Tag. Du wachst mit Trump auf und gehst ohne Lindner ins Bett. Jetzt haben wir in den USA eine Regierung zu viel und zu Hause eine zu wenig. Meine Gäste und ich bauen diesen Irrsinn direkt in den Abend ein, und es verfestigt sich im Saal ein bestimmtes Gefühl: Lagerfeuer. Wir wärmen uns aneinander. Wie damals, wenn wir als Jugendliche einen Horrorfilm geschaut haben und anschließend unbedingt noch zusammenbleiben wollten. Es wird ein sensationeller Abend. Es wird unglaublich viel gelacht. Ja, alles verrückt. Und doch sind wir froh, es gemeinsam erleben zu dürfen. Die einzige Chance, die nächsten Jahre durchzustehen. Gemeinschaft als Gesprächstherapie-Angebot. Mit den Eltern am Frühstückstisch, mit Freunden in der Bar. Je mehr die große Welt auseinanderdriftet, desto mehr müssen wir die Bindungen im Kleinen stärken.

Bald die nächste Push-Mitteilung: „Söder fordert von Habeck Demut.“ Söder. Demut. Das werden lustige Wochen auf deutschen Weihnachtsmärkten.