Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hat den Iran zu Verhandlungsfortschritten aufgefordert, um einen „Krieg“ zu vermeiden. Es sei „unerlässlich“, jetzt zu „greifbaren Ergebnissen“ zu kommen, sagte Grossi am Donnerstag bei einem Besuch in Teheran. Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi und der Chef der iranischen Atomorganisation, Mohammad Eslami, warnten derweil davor, Druck auf ihr Land auszuüben.

„Es ist zu diesem Zeitpunkt unerlässlich, einige konkrete, greifbare, sichtbare Ergebnisse zu erzielen, die zeigen, dass diese gemeinsame Arbeit die Lage verbessert (…) und in einem allgemeinen Sinne uns von Konflikt und letztlich Krieg wegführt“, sagte Grossi bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Eslami.

Eslami warnte den IAEA-Gouverneursrat vor Beschlüssen gegen das iranische Atomprogramm. „Jede interventionistische Resolution in atomare Angelegenheiten der Islamischen Republik Iran wird definitiv mit sofortigen Gegenmaßnahmen beantwortet“, sagte der Chef der iranischen Atomorganisation.

Auf Grossis Programm stand auch ein Treffen mit dem iranischen Präsidenten Massud Peseschkian. Außer Eslami traf der IAEA-Chef am Donnerstag zudem Außenminister Araghtschi. 

Dieser nannte die Unterredung „wichtig und direkt“ und bekräftigte, dass der Iran sich an das Abkommen zur Nichtverbreitung von Atomwaffen halte. „Wir haben vereinbart, mit Mut und gutem Willen weiterzumachen“, schrieb Araghtschi im Online-Dienst X. Der Iran habe „nie den Verhandlungstisch verlassen“ und sei „bereit, auf der Grundlage unserer nationalen Interessen und unserer unveräußerlichen Rechte zu verhandeln“. Allerdings sei sein Land „nicht bereit, unter Druck und Einschüchterung zu verhandeln“, betonte der Außenminister. 

Araghtschi hatte als Chefunterhändler an den internationalen Atomgesprächen teilgenommen, die 2015 zu einem Abkommen zwischen den USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und dem Iran geführt hatten. Das Abkommen zielte darauf ab, das iranische Atomprogramm einzuschränken, im Gegenzug wurden Sanktionen gegen das Land gelockert.

Grossis Besuch erfolgte gut eine Woche nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl. Während der ersten Amtszeit des Republikaners hatten sich die USA einseitig aus dem Atomabkommen mit dem Iran zurückgezogen. Nach dem Ausstieg der USA hielt sich auch der Iran schrittweise nicht mehr an seine Verpflichtungen. Der iranische Präsident Peseschkian, der seit Juli im Amt ist, hat sich für eine Wiederbelebung des Atomabkommens ausgesprochen und ein Ende der Isolation seines Landes gefordert.

Es wird befürchtet, dass mit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus im Januar die Spannungen zwischen dem Iran und den USA weiter zunehmen werden. In einem AFP-Interview hatte Grossi gewarnt, die Spielräume in den Gesprächen würden enger. Es sei zwingend notwendig, „Wege zu finden, um zu diplomatischen Lösungen zu gelangen“. 

Grossi hat den Iran wiederholt zu mehr Kooperationsbereitschaft aufgefordert. Nach Angaben der IAEA ist der Iran der einzige Nicht-Atomwaffenstaat, der über auf 60 Prozent angereichertes Uran verfügt. Das Land ist damit auf dem Weg, Uran auf die für Atomwaffen notwendigen 90 Prozent anzureichern. Für Atomkraftwerke wird lediglich auf rund 3,7 Prozent angereichertes Uran benötigt. Das Atomabkommen von 2015 sah vor, dass der Iran diese Grenze nicht überschreiten dürfe.

Am Montag hatte der neue israelische Verteidigungsministers Israel Katz erklärt, der Iran sei „mehr denn je von Angriffen auf seine Atomanlagen bedroht“. Zuvor hatten mehrere israelische Beamte und ehemalige Minister einen Angriff auf die Atomanlagen des Iran gefordert. US-Medienberichten zufolge wurde diese Möglichkeit jedoch wegen Einwänden aus Washington verworfen.

Der Iran unterstützt die Hamas im Gazastreifen und die libanesische Hisbollah-Miliz im Krieg gegen Israel. Teheran hat in diesem Jahr bereits zwei Mal direkt Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert, was Israel zu Vergeltungsmaßnahmen veranlasste – zuletzt am 26. Oktober, als es iranische Militäreinrichtungen angriff.