Die anstehende Neuwahl zum Bundestag bringt auch Hessens Städte unter Zeitdruck. Wahlhelfer rekrutieren, Wahllokale verfügbar machen – die Vorbereitungen sind anspruchsvoll.
Schon vor der nun erzielten Einigung auf einen Termin sind in hessischen Städten bereits die Vorbereitungen für die vorgezogene Neuwahl des Bundestages angelaufen. Das Wahlamt sei bereits im Hintergrund in der Planung und entwickele verschiedene Strategien, um alle kommenden Schritte rechtzeitig durchzuführen und handlungsfähig zu sein, erklärte etwa ein Sprecher der Stadt Fulda. „Die Stadt ist darauf vorbereitet, bei Bedarf zusätzliche Ressourcen einzusetzen, um Verzögerungen zu vermeiden.“
Die Fraktionsspitzen von Union und SPD einigten sich inzwischen auf einen Vorschlag für eine vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar 2025, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Der Termin ist auch mit den Grünen abgestimmt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird voraussichtlich am 16. Dezember die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Die endgültige Entscheidung über den Wahltermin muss danach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen.
Frankfurt muss etwa 380 Wahlräume anmieten
„Die offensichtliche Einigung der Fraktionen auf den 23. Februar 2025 nehmen wir zur Kenntnis. Unsere Vorbereitungen können wir insofern daraufhin ausrichten“, sagte Stefan Köster vom Frankfurter Bürgeramt, Statistik und Wahlen. Dennoch bleibe die Vertrauensfrage und die formelle Festsetzung des Wahltages durch den Bundespräsidenten abzuwarten. Und Köster betont auch: „Grundsätzlich ist jede Wahl oder Abstimmung eine Mammutaufgabe. Viele Prozesse bauen aufeinander auf, viele Akteure sind in die Aufgabenerledigung eingebunden.“
Alleine in Frankfurt gelte es, etwa 380 Wahlräume anzumieten, sagte Köster. Zudem gestalte sich die Akquise von Wahlhelfenden immer schwieriger. „Insofern sind wir über jede freiwillige Meldung dankbar.“
Größte Herausforderung: Wahlhelfer finden, Wahllokale verfügbar machen
Auch in Hanau sieht man die kurzen Fristen und Zeiträume für die Wahlvorbereitung als enorme Herausforderung – in der Regel werde mit solchen Themen etwa ein Jahr im Voraus begonnen. Größte Herausforderung dürfte sein, kurzfristig Wahllokale verfügbar zu machen und ausreichend Wahlhelfende zu gewinnen und zu schulen. Rund 800 Personen benötigt Hanau dafür und damit etwa ebenso viele wie Gießen. Man hoffe, auf bestehende Wahlhelferinnen und -helfer zurückgreifen zu können und werbe um neue, hieß es aus der mittelhessischen Stadt. Die Leute würden in den kommenden Tagen angeschrieben und um Unterstützung gebeten.
„Es ist herausfordernd, aber machbar“, sagte ein Sprecher der Stadt Kassel. „Jeden Tag, den wir zusätzlich für die Planung einsetzen können, hilft, die Aufgaben gut zu meistern.“ Viele Aufgaben wie die Reservierung von Wahllokalen seien in komprimierter Zeit zu erledigen. Auch in Kassel sieht man die größte Herausforderung darin, kurzfristig ausreichend freiwillige Wahlhelferinnen und -helfer zu finden, von denen die Stadt für jede Wahl rund 2.100 benötigt. „Für die Wahlbehörde wäre es eine große Hilfe, wenn sich viele Menschen bereits im Vorfeld aktiv als Wahlhelferinnen und Wahlhelfer für diese Wahl bewerben“, erklärte der Sprecher.
Zusätzliche Ressourcen für Briefwahl
Der Fuldaer Sprecher erklärte ebenfalls: „Die verkürzte Vorbereitungszeit macht die Akquirierung von Wahlhelfern anspruchsvoller, daher sind wir auf jede freiwillige Unterstützung angewiesen und freuen uns über jede Helferin und jeden Helfer.“ Das Wahlamt versuche zudem, auf die gleichen Wahllokale wie bei vergangenen Wahlen zurückzugreifen. Aufgrund der Kurzfristigkeit könnten allerdings Terminkollisionen etwa mit Fastnachtsveranstaltungen auftreten, „doch wir sind vorbereitet und werden bei Bedarf alternative Lösungen finden“.
Auch die Organisation der Briefwahl sei trotz kürzerer Vorbereitungszeit durchaus machbar, hieß es aus Fulda, auch wenn sie erhöhte Kapazitäten erfordere. „Wir werden zusätzliche Ressourcen bereitstellen, um sicherzustellen, dass alle Briefwahlunterlagen rechtzeitig bearbeitet und versendet werden können.“
Marburg sieht ebenfalls die Gewinnung der benötigten Mitarbeitenden als zentrale Herausforderung. Es müssten 14 städtische und 939 ehrenamtlich Helfende mobilisiert werden. Hinzu kommt die Reservierung der notwendigen Räume – 74 Wahllokale und 30 Briefwahlbezirke.
Möglicherweise Urlaube absagen oder verschieben
Vorsorglich hat sich Hanau auch darauf eingestellt, dass wegen der anstehenden Neuwahl möglicherweise Urlaube abgesagt oder verschoben und zwischen den Jahren Mehrarbeit geleistet werden muss. Auch in Marburg könnte das nötig werden – Überstunden könnten für die Mitarbeitenden, die sich um die Organisation der Wahl selbst kümmern, sowie die der Poststelle und des Dienstleistungsbetriebs der Stadt anfallen, damit alle Fristen eingehalten werden können, hieß es von der Stadt.
Auch der stellvertretende hessische Landeswahlleiter Jonas Fischer hob die Herausforderungen durch die Neuwahl hervor. „Die Durchführung landesweiter Wahlen bedeutet immer einen erheblichen organisatorischen Aufwand für alle Beteiligten, gerade auch für die Kommunen, die die Wahl vor Ort organisieren müssen.“ Die personellen und organisatorischen Anforderungen könnten und müssten nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben und Fristen bewältigt werden.
Wiesbaden muss auch OB-Wahl vorbereiten
Und wie äußert sich die Landeshauptstadt Wiesbaden? Die zuständige Dezernentin Maral Koohestanian spricht von erheblichen Herausforderungen für eine vorgezogene Bundestagswahl wegen der verkürzten Vorbereitungszeit. „In Wiesbaden kommt noch die Oberbürgermeisterwahl im März 2025 hinzu, was die Planung zusätzlich verkompliziert“, erläuterte Koohestanian.
Die Rekrutierung und Schulung von Wahlhelfern für die baldige Bundestagswahl seien herausfordernd, „aber wir sind zuversichtlich: Das Interesse am Wahlehrenamt wächst“, ergänzte Koohestanian. „Trotz des knappen Zeitplans werden wir alles tun, um die Wahlhelfenden optimal vorzubereiten – schließlich hängt der reibungslose Ablauf der Wahl maßgeblich von einer gründlichen Schulung ab.“
Die Weihnachts- und Ferienzeit werde die Vorbereitungen etwas bremsen, da dann viele Mitarbeiter im Urlaub seien: „Das betrifft sowohl die Materialbeschaffung als auch die Unterstützung durch andere Ämter“, erklärte die Dezernentin. Aber Wiesbaden bleibe optimistisch: „Wir sind gut organisiert und werden die Herausforderungen meistern, um eine ordnungsgemäße Wahl sicherzustellen.“
Darmstadt: Möglich, aber nicht leicht
Auch die Stadt Darmstadt ist zuversichtlich. „Eine vorzeitige Neuwahl durchzuführen, ist uns möglich und kann auch vom Wahlamt der Stadt Darmstadt kurzfristig vorbereitet und organisiert werden“, erklärte ein Sprecher. Dennoch werde die Organisation einer vorgezogenen Neuwahl sicherlich nicht leicht und bedürfe eines deutlich höheren Maßes an personellen und zeitlichen Ressourcen. Das bedeute Urlaubsverzicht bei Mitarbeitern zwischen den Jahren und ein deutliches Maß an Überstunden.
Zudem verblieben wegen des erhöhten Arbeitsaufkommens im Bereich Wahlen weniger Ressourcen für die Bereiche Melde- und Passwesen. Die angebotenen Termine im neuen Jahr hätten daher vorsorglich reduziert werden müssen und müssten möglicherweise auch weiter reduziert werden. „Hinzu kommt, dass der Zeitraum zur Wahlhelfersuche deutlich verringert ist.“ Da es ohnehin immer weniger freiwillige Wahlhelfer gebe und noch weniger Zeit bleibe, um diese anzuwerben, würden sicherlich mehr Einwohnern aufgefordert, zu helfen.