Saar-Innenminister Jost hat angekündigt, dass der Verfassungsschutz personell aufgestockt wird. Behördenleiter Pohl erklärt, welche neuen Herausforderungen es gibt und welche Experten benötigt werden.

Der Verfassungsschutz des Saarlandes will sich zukunftsfähiger aufstellen. Dazu soll die Behörde um zehn auf knapp 100 Stellen aufgestockt werden. „Die Sicherheitslage stellt uns vor große Herausforderungen“, sagte der Leiter des Verfassungsschutzes, Ulrich Pohl, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Er sei Innenminister Reinhold Jost (SPD) sehr dankbar für die geplante personelle Verstärkung. Sie schaffe die Voraussetzung dafür, „dass sich die Verfassungsschutzbehörde des Saarlandes in ihrer Aussagefähigkeit und Bewertung weiter verbessern kann“. Im Mittelpunkt ständen dabei die Bearbeitungsschwerpunkte Islamismus/Islamistischer Terrorismus, Rechtsextremismus, Spionage- und Cyberabwehr sowie Sabotageschutz.

Am Montag stellen Reinhold Jost und Ulrich Pohl im Innenministerium den saarländischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023 vor. Aufgabe des Verfassungsschutzes ist unter anderem die Erfassung und Analyse verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Dafür beobachtet und sammelt die Behörde Informationen über Aktivitäten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. 

Vor allem der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und der Nahostkonflikt haben laut Pohl Einfluss auf die verfassungsschutzrelevanten Phänomenbereiche – also Arbeitsschwerpunkte wie Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus oder Islamismus. „Die klaren Trennlinien zwischen ihnen verwischen und in der virtuellen Welt, in der immer schwieriger zu unterscheiden ist, was wahr oder falsch ist, entfremden sich Menschen von demokratischen Werten“, sagte er. 

Zu den aktuellen Herausforderungen zähle, dass in diesen Bereichen immer mehr Daten in unterschiedlichsten Formaten und unterschiedlichsten Plattformen vorhanden seien. Ihre händische Auswertung werde immer schwieriger. „Dafür brauchen wir neue Kompetenzen“, so der Chef des Verfassungsschutzes. Etwa durch Datenwissenschaftler (Data-Scientisten), die dieses Potenzial in enger Zusammenarbeit mit den Auswertern ausschöpfen können und daraus eine strukturierte, auswertbare Datenbasis schaffen. Vor allem für diejenigen, die gerne mit Daten arbeiteten und über mindestens einen Bachelor-Abschluss in Informatik, Mathematik oder Statistik verfügten, sei dies „eine interessante Herausforderung“, meinte Pohl. 

IT-Experten und Islamwissenschaftler werden gebraucht

Darüber hinaus sollen mit neuen Kräften auch die Beratungstätigkeiten der Cyberabwehr und des Sabotageschutzes verstärkt werden. „Alle, die mindestens über einen Bachelor-Abschluss in Informatik, bevorzugt mit dem Schwerpunkt IT-Sicherheit oder IT-Forensik verfügen, und bereit sind, sich auch mit den fachlichen Themen in diesem Arbeitsbereich auseinanderzusetzen, könnten eine Bereicherung für unsere Arbeit darstellen“, sagte der Verfassungsschützer. Zudem benötige man weitere Informatiker, weil auch das tägliche Arbeitsumfeld der Verfassungsschutzbehörde immer digitaler werde. Der sichere Austausch von größeren und zum Teil geheimen Datenmengen sei eine unabdingbare Voraussetzung für eine funktionierende Facharbeit.

Doch nicht nur IT-Experten sollen das Team des Verfassungsschutzes verstärken, sondern auch Islamwissenschaftler: „Sie können uns helfen, aus vorhandenen Informationen mögliche islamistische und terroristische Radikalisierungstendenzen herauszuarbeiten und damit die Grundlage unserer Bewertungen noch weiter zu verbessern“, sagte Pohl.

Nach Aussage von Innenminister Jost handle es sich bei den zehn neuen Stellen um den „stärksten Aufwuchs“, den es bislang bei der Verfassungsschutzbehörde gegeben habe. „Der Verfassungsschutz ist unser Frühwarnsystem gegen Bedrohungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, teilte Jost auf Anfrage mit. Mit dem neuen und zusätzlichen Personal werde der Verfassungsschutz besser aufgestellt, um den zunehmenden Bedrohungen durch Extremisten zu begegnen.