Genug von gefeierten, aber etwas ausgelutschten Horrorgestalten zu Halloween? Dann sind diese Schocker der letzten Jahre einen Blick wert.

Die Scheusale Freddy Krueger, Michael Myers und Jason Voorhees mögen absolute Ikonen des Horrorgenres sein. Doch treiben sie eben schon seit 40, mitunter gar seit fast 50 Jahren ihr Unwesen. Beinahe ebenso häufig dürften manche Grusel-Aficionados deren Gräueltaten aus der „Nightmare on Elm Street“-, „Halloween„- und „Freitag der 13.“-Reihe schon gesehen haben. Wer sich daher auf das kommende Halloween-Fest am 31. Oktober mal nicht mit den Klassikern einstimmen will, sondern nach frischem Kunstblut dürstet, dem steht allein aus den vergangenen fünf Jahren eine schaurige-schöne Auswahl zur Verfügung. Hier der Beweis.

2019: Hell bis düster

Mit seinem 2019 erschienenen Streifen „Midsommar“ bewies „Hereditary“-Wunderkind Ari Aster (38), dass Horror nicht immer zappenduster sein muss. In gleißendem Licht inszenierte er seinen Horrorfilm mit Florence Pugh (28) in der Hauptrolle und dürfte dafür gesorgt haben, dass manch ein Zuschauer danach seinen Schweden-Urlaub stornierte. Eine Gruppe Studierender besucht darin eine eingeschworene schwedische Kommune, deren Mitsommerrituale schnell eine grausame Richtung einschlagen. Die Betonung liegt auf „einschlagen“.

Noch ein zweiter Regisseur, der kurz zuvor mit seinem Erstlingswerk zu begeistern wusste, legte 2019 nach. Mit „Wir“ erzeugte „Get Out“-Macher Jordan Peele (45) einen cleveren wie ungewöhnlichen „Home Invasion“-Horrorfilm. Jeder der Hauptdarsteller, von Lupita Nyong’o (41) bis Yahya Abdul-Mateen II (38), hat darin eine Doppelrolle inne. Schließlich wird darin eine vierköpfige Familie, so scheint es, von blutrünstigen Versionen ihrer selbst belagert. Wie schon bei „Get Out“ vermochte es Peele auch in „Wir“, Horror mit Sozialkritik zu vermengen.

2020: Überraschend bis klaustrophobisch

Wer sich nur die erste Hälfte von David Priors (55) „The Empty Man“ ansieht, könnte meinen, dass es sich dabei um eine recht generische Mischung aus Teen- trifft Besessenheitshorror handelt. Tatsächlich entfaltet sich jedoch im Laufe des Films, der größtenteils ohne explizite Gewaltdarstellung auskommt, eine vielschichtige Handlung, die dazu animiert, den Film noch einmal anzusehen. Die Grundgeschichte, die eine trickreiche Wendung nimmt: Ein Ex-Polizist (James Badge Dale, 46) wird damit beauftragt, ein verschwundenes Mädchen zu finden. Dabei wird er auf einen Kult aufmerksam, der offenbar ein übersinnliches Wesen heraufbeschwören will.

Wem machen die stockfinsteren Tiefen des Meeres und alles, was darin lauern kann, keine Angst? Mit „Underwater – Es ist erwacht“ erschien 2020 ein sehenswertes Update zu der altbekannten „Alien“-Formel. Statt ins All geht es darin für Kristen Stewart (34), Vincent Cassel (57) und Co. in eine mindestens ebenso klaustrophobische Tiefseestation, die nach einem Erdbeben droht, zur Todesfalle zu werden. Mit Schrecken und voranschreitender Laufzeit immer wenigeren Mitstreitern müssen die Überlebenden feststellen, was das Erdbeben ausgelöst hat…

2021: Sozialkritisch bis umfangreich

Die Schreckgestalt „Candyman“, basierend auf einer Kurzgeschichte von „Hellraiser“-Macher Clive Barker (72), schaffte es erstmals schon 1992 ins Kino. 2021 erfuhr die Geschichte einen sehenswerten Reboot. Regisseurin Nia DaCosta (34) schmückte den Hintergrund über den übernatürlichen Killer, der einen Haken statt einer Hand hat und immer dann erscheint, wenn man vor dem Spiegel fünfmal seinen Namen sagt, raffiniert aus. Dass Jordan Peele mit am Drehbuch gearbeitet hat, ist nicht zu übersehen. Auch die „Candyman“-Neuauflage befasst sich tiefschürfend mit Thematiken wie Rassismus und Polizeigewalt.

Ebenfalls 2021 veröffentlichte Netflix im Verlauf von nur zwei Wochen seine „Fear Street“-Trilogie, basierend auf der gleichnamigen Jugendbuchreihe. Was wie ein typischer Slasher beginnt, entwickelt sich zu einer sehenswerten Horror-Zeitreise, die sich in den Jahren 1994, 1978 und 1666 zuträgt und von einer übergreifenden Rahmenhandlung zusammengehalten wird. „Fear Street“ handelt von der Kleinstadt Shadyside, in der sich immer wieder grausame Mordserien zutragen. Eine Gruppe von Jugendlichen, denen plötzlich untote Killer an den Fersen kleben, kommt nach und nach einem grauenvollen Geheimnis auf die Spur, das sich bis ins 17. Jahrhundert erstreckt.

2022: Gehyped bis unkonventionell

Im Jahr 2022 kam mit „Smile“ ein Film in die Kinos, der einen erstaunlichen Hype erfuhr. Über Reaktionsvideos in den sozialen Netzwerken entwickelte sich ein regelrechter Kult um den Streifen, in dem Menschen plötzlich manisch zu Grinsen beginnen, kurz bevor sie sich selbst auf grausame Weise umbringen. Ähnlich wie einige Jahre bei „It Follows“ wird die Besessenheit wie eine ansteckende Krankheit dargestellt und schafft so mit geringen Mitteln maximalen Gruselfaktor.

Weitaus unkonventioneller kam im selben Jahr der Film „Barbarian“ daher. Aus mehreren Blinkwinkeln erzählt der Film mit Bill Skarsgård (34) zunächst von zwei Personen, die sich aufgrund eines Buchungsfehlers zur selben Zeit in derselben Airbnb-Wohnung wiederfinden. Nach anfänglicher Skepsis einander gegenüber wird den beiden schnell klar, dass mit der Bleibe in der Tat etwas nicht stimmt – und der Keller ein schreckliches Geheimnis verbirgt. „Barbarian“ schlägt gleich mehrere erzählerische Haken und schafft es auch, morbiden Humor mit Body-Horror zu verbinden.

2023: Raffiniert bis bitterböse

Eine positive Horror-Überraschung stellte im vergangenen Jahr der australische Film „Talk To Me“ dar. Mit einer mysteriösen Statue, die wie eine Hand geformt ist, können Jugendliche mit Verstorbenen kommunizieren. Für die Kids wird die Mutprobe schnell zur Sucht – bis das Tor zur Totenwelt zu weit aufgestoßen wird und das reale Konsequenzen mit sich bringt. In „Talk To Me“ besticht nicht nur der talentierte, weitestgehend unbekannte Cast. Der Film von Danny und Michael Philippou greift reale Themen wie Sucht und Trauerbewältigung symbolisch wirksam auf und verwandelt sie in übernatürliche Schrecken. Selbst gelungene Horrorfilme haben oft Probleme damit, die Geschichte zu einem würdigen Abschluss zu bringen – nicht so „Talk To Me“.

Auch „Evil Dead Rise“ gelang 2023 ein kleines Kunststück: Er vermählte auf ebenso tragische wie ungemein blutige Weise den wohlbekannten „Evil Dead“-Splatter mit einem erstaunlich tiefschürfenden Familiendrama. Statt einer Gruppe Halbstarker in einer Waldhütte terrorisiert das Böse darin eine Familie im heruntergekommenen Betonklotz mitten in der Großstadt. Der Film macht dadurch wenig und zugleich vieles neu. Alles, was in einem „Evil Dead“-Streifen vorkommen muss, ist trotzdem dabei. Soll heißen: übertriebener Gore an der Grenze zur Farce, fieser Body-Horror, wenn der Dämon erst einmal Besitz von jemandem ergriffen hat – und die obligatorische Kettensäge. Hier ist niemand – wirklich niemand – sicher.

Aktuell im Kino

Wer statt dem Heimkino das richtige Leinwand-Gruselfeeling erleben will, hat derzeit ebenfalls eine solide Auswahl. Wer auf psychologischen Horror steht, hat noch in einigen Kinos die Möglichkeit, James McAvoy (45) in „Speak No Evil“ beim Durchdrehen zuzusehen. Wer nach „Smile“ hingegen nicht genug von der diabolischen Grinsefratze bekommt, auf den wartet seit vergangener Woche Teil zwei im Kino. Für die ganz Hartgesottenen gibt es direkt zu Halloween am 31. Oktober Nachschub – dann startet hierzulande der dritte Teil der „Terrifier“-Reihe, die sich damit rühmt, selbst erfahrenen Horrorfans den Magen umzudrehen. In diesem Sinne: „Happy Halloween!“