Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will die Erhöhungen des Mindestlohns an die allgemeine Lohnentwicklung knüpfen. Bei einer solchen Verknüpfung läge der Mindestlohn derzeit schon bei „um die 14 Euro“ pro Stunde, sagte Scholz in seiner am Samstag verbreiteten wöchentlichen Videobotschaft. Tatsächlich liegt der Mindestlohn aktuell bei 12,41 Euro. Er wird nach geltender Rechtslage von einer unabhängigen Kommission mit Vertretern von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und der Wissenschaft festgesetzt.

Scholz‘ Forderung liefe auf eine Abkehr von der Mindestlohnkommission hinaus. „Der Mindestlohn sollte im Gleichschritt mit den Löhnen insgesamt steigen“, sagte der Kanzler. Er verwies darauf, dass die Löhne in Deutschland in den vergangenen Monaten so stark gestiegen seien „wie seit langem nicht“. Er fügte hinzu: „Gute Arbeitsbedingungen, ordentliche Löhne, mehr Beschäftigung – so sorgen wir für neues Wachstum.“

Die FDP kritisierte den neuerlichen Vorstoß des Kanzlers. Der Mindestlohn dürfe nicht zu einem „politischen Spielball“ werden, erklärte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober. Politische Forderungen zur Erhöhung des Mindestlohns hätten „nichts mit Respekt für Arbeitnehmer zu tun“. Vielmehr seien es „zu hohe Sozialleistungen, die viele Arbeitnehmer als ungerecht empfinden“, erklärte Kober. „Hier brauchen wir mehr Respekt vor Leistung.“

Seit Anfang 2024 liegt die Lohnuntergrenze bei 12,41 Euro, für Anfang 2025 ist gemäß der Festlegung der Kommission eine weitere Anhebung um 41 Cent geplant. Zuletzt wurden die Arbeitnehmervertreter in der Kommission von der Arbeitgeberseite überstimmt – was etwa in der SPD für großen Ärger sorgte.

Bundeskanzler Scholz hatte sich bereits im Frühjahr dafür ausgesprochen, die gesetzliche Lohnuntergrenze schrittweise auf 15 Euro zu erhöhen. Er löste damit auch eine Debatte über die eigenständige Arbeit der Mindestlohnkommission aus. Auch aus den Reihen von Grünen und Gewerkschaften häuften sich in der Folge die Forderungen nach einem Mindestlohn von 15 Euro.

In seiner Videoansprache vom Samstag verwies Scholz auch darauf, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland vergangenes Jahr 55 Milliarden Stunden gearbeitet hätten – so viele Stunden wie nie zuvor. 40,2 Wochenstunden arbeite jede Vollzeitkraft in Deutschland im Schnitt – und damit mehr als bei den Nachbarn in den Niederlanden, in Frankreich oder Dänemark.

„Wer also sagt, in Deutschland werde nicht genug gearbeitet, dem fehlt es an Respekt – dem fehlt es aber auch an ökonomischem Sachverstand“, fügte Scholz hinzu – offenbar in Anspielung auf Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU).

Merz hatte kürzlich in einem Interview zu mehr Fleiß gemahnt und sich besorgt über die Einstellung mancher Menschen zur Arbeit gezeigt. Wenn diese nur als „unangenehme Unterbrechung unserer Freizeit“ gesehen werde, führe dies „in einen massiven Wohlstandsverlust“, sagte er der „Bild am Sonntag“.