Die SPD steht angesichts der letzten Wahlergebnisse vor großen Herausforderungen. Intern gab es Debatten, die auch in Form eines offenen Briefes nach Außen getragen wurden. Wie geht es weiter?

Nach den schlechten Wahlergebnissen bei den letzten Wahlen will die SPD stärker die Lebensverhältnisse und Alltagsthemen der Menschen in den Blick nehmen – und vor allem geschlossen nach Außen auftreten. Es gehe um Verkehr, Strom, soziale Netze etwa in der Pflege und Gesundheit, sagte Esken beim Parteitag des sachsen-anhaltischen Landesparteitags der SPD in Quedlinburg. „Eine funktionierende Infrastruktur kostet Geld. Mit der Sparpolitik von CDU und FDP ist das nicht zu erreichen“, sagte Esken. Den Staat kaputtzusparen sei ein Konjunkturprogramm für die politischen Ränder, so Esken. Nach parteiinternen Rufen nach Veränderung wurden auf dem Parteitag Appelle für mehr Geschlossenheit beklatscht.

Der stellvertretende Ministerpräsident und Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt, Armin Willingmann, sagte: „Die Menschen wollen Antworten von der Politik und nicht nur Selbstvergewisserung.“ Sicherheit und Verantwortung seien zentral. Bei der Sicherheit gehe es für die Menschen nicht nur um Polizei und Armee, sondern um eine sichere Existenz, Jobs, die Versorgung der Kinder in den Kitas und Schulen, um innere und äußere Sicherheit. Die SPD habe da Antworten. 

Die SPD regiert in Sachsen-Anhalt seit 2021 gemeinsam mit der CDU und der FDP. Bei den Kommunal- und Europawahlen im Juni musste die Partei Verluste hinnehmen. Bei der Europawahl erhielt sie 8,7 Prozent der Stimmen (minus 3,9 Prozentpunkte), bei den Stadtrats- und Kreistagswahlen 11,9 Prozent (minus 1,8 Prozentpunkte). Im Juli forderten in einem offenen Brief mehrere namhafte SPD-Mitglieder einen Neustart ihrer Partei. „Wir sind einfach in weiten Teilen dieses Bundeslandes nicht mehr präsent“, klagten die Unterzeichner in dem Schreiben.

Geschlossenheit nach Außen angemahnt 

Bei dem zweitägigen Parteitag wurde mehrfach Einigkeit angemahnt. Sozialministerin Petra Grimm-Benne forderte von den Genossinnen und Genossen: „Bitte, lasst uns geschlossen diese Partei halten. Wir brauchen keine offenen Briefe.“ Eine zerstrittene Partei werde nicht gewählt. Der Landesvorsitzende Andreas Schmidt appellierte an die Genossinnen und Genossen, Positionen immer wieder neu zu überprüfen und nach außen geschlossen, selbstbewusst und kämpferisch aufzutreten. Über den Leitantrag des Landesvorstands wurde quasi nicht diskutiert. 

Doppelspitze wiedergewählt

Die Delegierten bestätigten die beiden Landesvorsitzenden Juliane Kleemann und Andreas Schmidt. Für die Doppelspitze hatte sich auch die Politikwissenschaftlerin und Landtagsabgeordnete Elrid Pasbrig beworben, die den offenen Brief im Sommer mitunterzeichnet hatte. „Wir müssen sozialdemokratische Politik machen, die die Bürger abholt“, hatte Pasbrig in ihrer Bewerbungsrede gesagt. Zuwanderung und Bürgergeld beschäftigten die Leute auf der Straße. Die SPD dürfe sich nicht von der AfD treiben lassen.

Beim Wahlgang gegen Kleemann erhielt Pasbrig 29,63 Prozent der Stimmen, die 54 Jahre alte Kleemann aus der Altmark 69,44 Prozent. Der 54-jährige Merseburger Landtagsabgeordnete Schmidt kam auf 75,24 Prozent der Stimmen. Weitere männliche Mitbewerber gab es nicht.

Gardelegens Bürgermeisterin nimmt Wahl nicht an

Bei der Wahl der 12 Beisitzer im Landesvorstand wurden die Differenzen innerhalb des Landesverbandes erneut deutlich. Es standen 17 Kandidierende zur Wahl. Nicht gewählt wurden mehrere Unterzeichnerinnen des offenen Briefes für Veränderungen. Nach Verkündung der Wahlergebnisse nahm die Bürgermeisterin von Gardelegen, Mandy Schumacher, die sich bei der Vorstellung dem „Team Veränderung“ zuordnete, ihre Wahl nicht an. Elrid Pasbrig, die nicht als Landesvorsitzende gewählt wurde, fiel auch bei der Wahl der Beisitzer durch, ebenso Jörg Felgner.

Analyse der Stimmung im Land

Die Analyse der Stimmung im Land spielte in mehreren Reden eine Rolle. Die SPD-Bundesvorsitzende Esken sagte, es herrsche derzeit eine Mischung aus Verunsicherung und Enttäuschung, „hier und da schlägt uns blanke Wut entgegen“. Die Menschen fühlten sich von der Politik nicht gehört und gesehen, das mache sie ohnmächtig. Wichtig sei, dass die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können, untergehakt und nicht jeder für sich. Es müsse wieder investiert werden, betonte die Parteichefin.

Esken sagte, zentral seien neue Beteiligungsformate etwa für erneuerbare Energien und den Strukturwandel. Kommunale Bürgerräte seien ein möglicher Weg. Esken forderte zudem mehr Demokratie und Mitbestimmung in den Schulen und in den Betrieben.