In Krefeld soll ein Mann Brände gelegt und im Kino Benzin verschüttet haben. Ein Beamter streckt den Verdächtigen mit zwei Schüssen nieder. Allerdings war die Polizei ohnehin an dem Mann dran.

Wenige Stunden vor der Brandserie in Krefeld hat die Polizei den später in einem Kino niedergeschossenen mutmaßlichen Täter kontaktiert. Noch am Tattag, den 10. Oktober, sei dem Verdächtigen die Einladung zu einem Präventivgespräch angekündigt worden durch einen Sachbearbeiter des Programms „Periskop“, wie aus einem Antwortschreiben von Innenminister Herbert Reul (CDU) und Familienministerin Josefine Paul (Grüne) an die SPD-Landtagsfraktion hervorgeht. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag) berichtete ebenfalls über das Schreiben und den Kontakt zum Verdächtigen am Tattag.

Das Programm der NRW-Polizei dient zur Früherkennung und zum Umgang mit psychisch auffälligen Gewalttätern unabhängig von ihrer Nationalität. Laut dem Schreiben wurde der 38-Jährige am 17. September 2024 in die Prüffallstufe 1 des Konzepts aufgenommen und am 7. Oktober 2024 aufgrund damaliger Informationen auf 2 hochgestuft. Dies bedeute eine Überprüfung und Recherche in weiteren Datenquellen. Dies dauerte an. Eine Einstufung des Mannes als Person mit Risikopotenzial (Stufe 3) sei folglich bis zur Tat noch nicht erfolgt. 

Seit dem Start von „Periskop“ im Mai 2022 seien in NRW Prüffälle für gut 4700 Personen erfasst worden. Zum Stichtag 30. September 2024 seien 362 Menschen als Personen mit Risikopotenzial (Stufe 3) durch die NRW-Kreispolizeibehörden eingestuft gewesen, heißt es.

Im Krefelder Fall soll der Beschuldigte am Abend des 10. Oktobers zuerst in seiner Dachgeschosswohnung eines Krefelder Mehrfamilienhauses ein Feuer gelegt haben, in dem sich zu der Zeit keine weiteren Personen aufhielten. Dann soll er mit einem Hammer Scheiben eines geparkten Fahrzeuges eingeschlagen, aus einem Kanister brennbare Flüssigkeit hineingeschüttet und angezündet haben. Danach soll er mit dem Hammer ein Fenster der Agentur für Arbeit eingeschlagen und ebenfalls ein Feuer entfacht haben. 

Der Täter soll dann versucht haben, einen Jugendlichen, der ihm über den Weg lief, mit einem metallenen Gegenstand am Kopf zu verletzen. Der Jugendliche konnte zu einem parkenden Polizeifahrzeug flüchten, das in der Nähe eines Kinos am Hauptbahnhof stand, und die Beamten auf den Mann und dessen Bewaffnung aufmerksam machen. Die Beamten nahmen unverzüglich die Verfolgung auf, heißt es in dem Bericht unter Berufung auf die Ermittler. 

Währenddessen habe der Täter etwa ein bis zwei Meter hinter der Eingangstür im Foyer des Kinos Benzin aus seinem Kanister verschüttet. „Bevor er das Benzin mit einem in seiner Jackentasche mitgeführten funktionstüchtigen Feuerzeug in Brand setzen konnte, erreichten die ihn verfolgenden Polizeibeamten das Kino. Da die Polizeibeamten davon ausgingen, dass der Beschuldigte bewaffnet gewesen sei und das verschüttete Benzin habe entzünden wollen, forderten sie ihn auf, stehenzubleiben und die Waffe wegzuwerfen“, heißt es. 

Dem sei der Mann nicht nachgekommen. Vielmehr sei er in Richtung der Kinosäle gerannt, in denen sich 89 Kinobesucher befanden. Unter Vorhalten ihrer Dienstwaffen hätten die Beamten ihre Aufforderungen an den Beschuldigten wiederholt, der daraufhin in seine Jackentasche gegriffen habe. Um der Gefahr zu begegnen, habe ein Beamter einen Schuss abgegeben und den Mann am Oberschenkel getroffen. Da er den Aufforderungen weiter nicht gefolgt sei, habe der Beamte ein weiteres Mal geschossen und den Mann in Höhe des Schlüsselbeins getroffen. Der Verdächtige wurde behandelt und vorläufig festgenommen. 

Gegen den Beschuldigten wurde am 11. Oktober ein Haftbefehl wegen versuchter schwerer Brandstiftung erlassen. Dies betreffe zunächst nur die Tat in dem Kino. Die Ermittlungen hätten laut Auskunft der Staatsanwaltschaft vom 16. Oktober „bislang keine Feststellungen zu den Hintergründen der Tat oder zur Motivation des Beschuldigten ergeben“, heißt es. 

Der Iraner sei 2002 erstmals unerlaubt nach Deutschland eingereist. Er habe sich seitdem vorübergehend in Deutschland, Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Österreich, Russland, der Ukraine, der Schweiz, Dänemark, Norwegen, Luxemburg, Spanien und Schweden aufgehalten. 2008 erfolgte demnach die Zuweisung nach Krefeld. Von 2010 bis 2014 verbüßte er nach einer Verurteilung durch das Landgericht Krefeld eine Freiheitsstrafe. Danach tauchte er den Angaben zufolge für zehn Jahre nicht mehr in Krefeld auf und kam im April 2024 zurück. Frankreich habe ein Rückübernahmeersuchen abgelehnt. Für eine Rückführung in den Iran sei eine Erklärung erforderlich, dass die Person freiwillig zurückkehre. Diese Erklärung habe der Mann laut Stadt Krefeld nicht unterzeichnet.