Er hatte keinen Führerschein, aber raste mit dem Auto des Vaters durch die Stadt. Für eine Frau hatte das tödliche Folgen. Nun hat ein Gericht ein vergleichsweise mildes Urteil gesprochen.

Ohne Führerschein und unter Einfluss von Cannabis hat ein 20-Jähriger mit dem Auto seines Vaters auf der Flucht vor der Polizei einen Unfall mit tödlichen Folgen verursacht. Eine 72-Jährige starb. Angeklagt hatte ihn die Staatsanwaltschaft daher unter anderem wegen Mordes und eine lebenslange Haftstrafe gefordert. 

Doch der Mann dürfte das Gefängnis schon bald wieder verlassen: Das Landgericht Baden-Baden verurteilte den heute 21 Jahre alten Mann unter anderem wegen fahrlässiger Tötung nach Jugendstrafrecht zu dreieinhalb Jahren Haft. 

Gericht sieht keinen Tötungsvorsatz, wird aber deutlich

In der Urteilsbegründung bezeichnete der Richter das Verhalten des Angeklagten zwar als „rücksichtslos“ und attestierte dem Mann eine erhebliche kriminelle Energie. Jedoch habe bei seiner Fahrt im Januar in Gaggenau (Landkreis Rastatt) kein Tötungsvorsatz vorgelegen.

Eine Polizeistreife hatte den damals 20-Jährigen kontrollieren wollen. Die Beamten hätten mittels Lichthupe, akustischer Hupe, Blaulicht und dem Haltesignal „Stopp Polizei“ auf sich aufmerksam gemacht. Der Mann, der die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft hat, sei mit mehr als Tempo 100 geflohen – bei erlaubten 30 Kilometern pro Stunde. Zeitweise seien sogar die Hinterräder abgehoben, hieß es vor Gericht.

Beim Abbiegen an einer Kreuzung habe er dann die Kontrolle über das Auto verloren und sei auf einen Fußgängerweg geraten, wo der Wagen mit einer Passantin zusammenstieß. Durch die Wucht des Aufpralls verletzte sich die 72-Jährige den Angaben zufolge so schwer, dass sie gut einen Monat später im Krankenhaus starb. 

Das Auto überschlug sich und beschädigte eine Bushaltestelle und einen Zaun. Der 21-Jährige selbst gab an, einige Stunden vor Fahrtantritt einen Joint geraucht zu haben. Von dem habe er aber nichts mehr gespürt. 

Glaubhafte Reue

Der Mann hatte die Tat vor Gericht eingeräumt und glaubhaft um Verzeihung gebeten: „Ich bereue es sehr, was passiert ist.“ Er denke, es wäre besser gewesen, gar nicht erst ins Auto zu steigen, hatte der 21-Jährige beim Prozessauftakt Mitte September in einer von seiner Anwältin verlesenen Erklärung gesagt. In seinem letzten Wort entschuldigte er sich erneut. 

Nach dem Unfall habe er vergeblich versucht, die verletzte Frau im Krankenhaus ausfindig zu machen und sich nach ihr zu erkundigen, hieß es in der schriftlichen Äußerung des Mannes. Zudem überlegte er demnach, ihr Blumen zu schicken – habe sich dann aber nicht getraut.

Mildere Strafe dank Jugendstrafrecht

Die Jugendkammer des Landgerichts orientierte sich mit dem Urteil an der Forderung der Verteidigung, die sich für eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht ausgesprochen hatte. Der Angeklagte sei in seiner Entwicklung verzögert, habe aus einer Kurzschlussreaktion heraus gehandelt und zudem deutliche Reue gezeigt. Er habe die Frau nicht töten wollen.

Das Gericht erklärte die mildere Jugendstrafe auch damit, dass der Verurteilte so bessere Chancen hätte, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen – etwa eine Ausbildung zu machen. 

Die Staatsanwaltschaft war hingegen der Ansicht, der 21-Jährige sei nicht psychisch beeinträchtigt gewesen. Auch sei keine Beeinträchtigung durch Drogen zum Tatzeitpunkt erkennbar gewesen. Ob die Anklagebehörde in Revision geht, war zunächst unklar. Dann müsste der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil auf Rechtsfehler hin überprüfen.