Einige Menschen verzichten inzwischen auf Kuhmilch. Sie greifen auf pflanzliche Alternativen aus Hafer, Soja oder Nüssen zurück. Doch die Drinks unterscheiden sich in ihren Nährstoffen. Wir zeigen Ihnen, welcher am besten ist.

„Milch macht müde Männer munter“ – so heißt es in einem Schlagerlied. Lange galt Milch als das wohl gesündeste Getränk. Doch statt Männer munter zu machen, kann sich ein größerer Milchkonsum gar negativ auswirken: Milch kann das Risiko für Prostatakrebs bei Herren steigern, wenn sie Kuhmilch täglich in größeren Mengen trinken. Ihr guter Ruf ist seit den 1950er-Jahren stetig weiter gefallen. Ob aus gesundheitlichen Gründen oder ethischer Motivation, viele Menschen greifen statt zur Kuhmilch auf Pflanzendrinks zurück. Doch welche der Milchalternativen ist am gesündesten? Die Antwort darauf ist gar nicht so einfach.

Übrigens dürfen die Pflanzendrinks durch eine EU-Verordnung nicht als Milch vermarktet werden. Und werden daher Pflanzendrink genannt – eine Ausnahme ist die Kokosmilch, obwohl sie nicht tierischen Ursprungs ist, darf sie als Milch bezeichnet werden. Umgangssprachlich ist der Begriff Hafermilch allerdings gebräuchlicher als Haferdrink.

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Nährstoffe der Kuhmilch nicht 1:1 in Pflanzenmilch

Kein Pflanzendrink kann 1:1 die Nährstoffe in der Kombination einer Kuhmilch liefern, dessen sollten sich Verbraucher:innen bewusst sein, informiert Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung im Gespräch mit dem stern. „Kein anderes Lebensmittel steuert so gut Kalzium, Jod oder andere wertvolle Mineralstoffe wie Vitamin B2 und B12 in dieser Kombination zur Ernährung bei.“ Heißt also: Es reicht also nicht aus, statt einem Glas Kuhmilch einfach ein Glas Pflanzendrink zu trinken, um die gleichen Nährstoffe aufzunehmen. Hauptbestandteil in den Pflanzendrinks ist neben Getreide; Nuss oder Hülsenfrucht meist Wasser und (zugesetzter) Zucker. Bis auf Sojadrinks enthalten sie nicht so viel Eiweiß wie Kuhmilch, sagt Gahl.

Ob Soja-, Reis-, Hafer-, Dinkel-, Mandel-, Cashew- oder Haselnussdrink – auch untereinander sind die Pflanzendrinks nicht direkt miteinander vergleichbar, weil sie je nach Ausgangsprodukt unterschiedliche Nährstoffanteile haben.

Hafer, Dinkel oder Reis – Getreidedrinks enthalten viele Kohlenhydrate

Während die Sojamilch wohl der Klassiker ist, ist der Haferdrink wahrscheinlich die beliebteste pflanzliche Alternative. Manche nehmen an, dass der Getreidedrink wegen seiner vielen Kohlenhydrate nicht die beste Wahl ist. „Haferdrinks sind nicht ungesund – man sollte aber auf eine gute Zusammensetzung achten. Der Haferdrink enthält relativ viele Kohlenhydrate, aber auch andere Produkte wie Reis- und Dinkeldrinks sind reich an Kohlenhydraten. Haferflocken sollte ich nicht unbedingt noch mit Haferdrink kombinieren, um ein ‚zu viel‘ an Kohlenhydraten zu vermeiden. Eine Kombination mit zuckerarmem Obst wie Beeren ist gut und schmeckt auch gut“, sagt Antje Gahl. Sie führt weiter aus: „Wenn ich den Haferdrink zum Frühstück pur statt Milch trinke, kann es sein, dass dieser den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt. Wer nur einen kleinen Schuss im Kaffee trinkt, muss aber keine Bedenken wegen eines erhöhten Blutzuckerspiegels haben.“

Der feinsüßliche Geschmack des Haferdrinks geht auf die Herstellungsweise zurück: „Damit aus Hafer ein Getreidedrink wird, wird er üblicherweise fermentiert. Fermentieren bedeutet, dass einzelne Enzyme hinzugefügt werden, die die enthaltene Stärke in die einzelnen Zuckermoleküle aufspalten. Deshalb enthalten Haferdrinks natürlicherweise Zucker“, sagt Antje Gahl. Aber: Auch Kuhmilch enthält Kohlenhydrate in Form von Milchzucker.

Sojamilch ist der Proteinhaltige unter den pflanzlichen Milchalternativen

Im Gegensatz zu dem Drink aus Getreide ist der Sojadrink ein guter Eiweißlieferant. Es lasse sich nicht per se sagen, dass ein Pflanzendrink besser als der andere ist. Es komme stark auf die restliche Ernährungsweise an und wie ich den Pflanzendrink nutzen möchte, meint Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl. „Menschen, die weniger tierische Produkt zu sich nehmen möchten, können diese Pflanzendrinks als „Ersatz“ für Trinkmilch von der Kuh nehmen. Wer aber vegan isst, sollte unbedingt darauf achten, einen Pflanzendrink zu kaufen, dem Kalzium zugesetzt ist. Wer Probleme hat, Eiweiß in seine Ernährung zu integrieren, sollte zum Sojadrink greifen. Er ist der Proteinhaltige unter den Pflanzendrinks.“

Mittlerweile gibt es im Handel viele angereicherte Pflanzendrinks zu kaufen: „Viele Pflanzendrinks sind mit Kalzium angereichert – in einem Gehalt, der dem der Kuhmilch entspricht – also 120 Milligramm pro 100 Gramm. Meist sind sie mit B-Vitaminen oder Vitamin D angereichert. Der Griff zu angereicherten Produkten kann je nach Ernährungsform sinnvoll sein.“ Bio-Produkte allerdings dürfen per Definition nicht mit Kalzium angereichert sein, sagt Antja Gahl.

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Vegane Ernährung – auf kritische Nährstoffe achten

Sollen nur pflanzliche Lebensmittel auf dem Teller landen, empfiehlt Antje Gahl neben Kalzium besonders auf Eisen, Jod, Zink, Vitamin B2 und Selen zu achten. Zu den kritischen Nährstoffen zählen auch langkettige Omega-3-Fettsäuren. Statt Fisch sollten Veganer:innen hier Mikroalgen oder Mikroalgenöl in ihren Speiseplan einbauen. Vitamin B12 kann nur über angereicherte Lebensmittel und Supplemente in ausreichender Dosierung aufgenommen werden, wenn auf alle tierischen Lebensmittel verzichtet wird.

„Wenn ich mich vegan ernähre, ist es wichtig, über den Tag verteilt Proteine aus verschiedenen pflanzlichen Quellen zu mir zu nehmen, da Eiweiß aus pflanzlichen Lebensmitteln eine geringere biologische hohe Wertigkeit hat als das aus tierischen. Das bedeutet: Pflanzliches Eiweiß ist nicht so gut nutzbar für den Menschen. Man kann dieses durch schlaue Lebensmittel-Kombination aber erhöhen: z.B. Vollkorngetreideprodukte mit Hülsenfrüchten oder Kartoffeln mit Hülsenfrüchten. Der Kalziumbedarf wird durch angereicherte Pflanzendrinks gut gedeckt“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin.

Natürlich muss unabhängig von der Ernährungsform auf eine ausgewogene Zusammenstellung geachtet werden, um alle wichtigen Nährstoffe aufzunehmen. Aber: „Je eingeschränkter die Lebensmittelauswahl, desto schwieriger ist es, alle Nährstoffe aufzunehmen. Um es am Beispiel der Kuhmilch noch mal zu verdeutlichen: All diese Nährstoffe in dieser Kombination und Wertigkeit kommen nur in der Kuhmilch vor. Möchte ich auf sie verzichten, reicht es nicht aus, genauso viel Pflanzendrink zu trinken, um die gleichen Nährstoffe aufzunehmen“, schildert Antje Gahl. Anders als etwa die Academy of Nutrition and Dietetics aus den USA empfiehlt die DGE eine vegane Ernährung für Schwangere, Jugendliche und Kinder nicht. 

Pflanzendrinks haben auch Vorteile gegenüber der Kuhmilch: „Sie enthalten keine Laktose und kein Cholesterin. Sie sind also gut geeignet für Menschen mit einer Milcheiweißallergie oder einer Laktoseintoleranz. Pflanzendrinks enthalten zum Teil weniger Fett als Kuhmilch und auch mehr ungesättigte Fettsäuren. Der Reisdrink und die Nussdrinks sind glutenfrei.“ Verbraucher:innen sollten auf Pflanzendrinks ohne zugesetzten Zucker zurückgreifen.

In der Bildergalerie finden Sie einen Überblick über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Pflanzendrinks.

Quellen: Ökotest 1, Ökotest 2, Ökotest 3, Ökotest 4, Helios, Onmeda, Niko Rittenau (2019): Vegan – Klischee ade!, Ventil, 5.Auflage; Sonja Reifenhäuser (2015): „Vegane Lebensmittel“, Gräfe und Unzer, Stellungnahme Academy of Nutrition and Dietetics, BfR, Prostata Hilfe Deutschland, Studie Prostatakrebs