Überfüllte Züge, unpünktlich Züge – der Nahverkehr in der Region hat schon bessere Zeiten erlebt. Auch die Verantwortlichen beim VBB sind genervt. Trotzdem droht bald eine Erhöhung der Ticketpreise.

Großer Frust beim VBB: Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg hat die Deutsche Bahn mit deutlichen Worten für den Zustand der Schieneninfrastruktur kritisiert.

„Bei den Regionalbahnen auf der Berliner Stadtbahn ist unsere Pünktlichkeit auf nur noch rund 60 Prozent gesunken. Das ist ein ganz großes Elend. Die Infrastruktur ist dabei der allergrößte Verursacher“, sagte Thomas Dill, Bereichsleiter für das Nahverkehrs- und Qualitätsmanagement beim VBB. „Wir haben derzeit Probleme bei der Pünktlichkeit, mit Personalausfällen und auch dem Zustand der Züge. Wir sind insgesamt sehr unzufrieden, weil wir aus besseren Zeiten kommen.“ 

Die Pünktlichkeit im gesamten VBB-Netz liegt Dill zufolge im Moment bei knapp über 80 Prozent. Vor wenigen Jahren seien die Werte noch um zehn Prozentpunkte besser gewesen. 

Trotz allem könnte es schon bald wieder zu einer Erhöhung der Ticketpreise kommen. Der VBB-Aufsichtsrat hat dazu getagt, aber noch keine Entscheidung getroffen. Es gebe im Gremium noch Abstimmungsbedarf über einige Tabellen, sagte VBB-Sprecher Joachim Radünz der Deutschen Presse-Agentur. Für Mitte Oktober sei eine neue Sitzung des Aufsichtsrates angesetzt worden, bei der „definitiv“ über die künftigen Preise entschieden werden soll. Eine Einzelfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Berlin kostet derzeit 3,50 Euro (Berlin AB). 

VBB: Große Belastung durch Langsamfahrstellen 

Bis zur Erhöhung der Zuverlässigkeit im Regionalverkehr könnte es deutlich länger dauern als bis zur nächsten Erhöhung der Preise. Vor allem Langsamfahrstellen, die nicht schnell behoben werden, bremsten viele Züge aus, sagte Patrick Schardien vom VBB Qualitätsmanagement. „Der Effekt der Langsamfahrstellen auf die Pünktlichkeit hat stark zugenommen. Die Langsamfahrstellen sind immer länger und bleiben auch länger bestehen.“

Als Beispiel nannte er eine Langsamfahrstelle bei Groß Köris südlich von Berlin. Über Wochen habe dort jeder Zug Richtung Berlin fünf bis neun Minuten Verspätung eingesammelt, da die Züge über mehr als einen Kilometer Strecke nur 20 statt 160 Kilometer pro Stunde fahren durften. Mittlerweile ist diese Stelle beseitigt. 

Dill: Nie genug investiert worden

Der Großteil der Schieneninfrastruktur in Deutschland wird von der Deutschen Bahn betrieben, genauer von der DB Infrago. Das Netz ist bundesweit flächendeckend in einem schlechten Zustand und führt täglich zu großen Problemen im Bahnverkehr. Auch die Deutsche Bahn selbst hat vielerorts damit zu kämpfen, auch in Berlin und Brandenburg betreibt sie zahlreiche Linien. „Es ist einfach nie genug investiert worden“, findet Dill. 

Auf der Stadtbahn stauen sich die Züge

Während die Infrastruktur in den vergangenen Jahren vernachlässigt wurde, ist das Verkehrsaufkommen auf der Schiene gewachsen. Inzwischen kann das System der Belastung vielerorts nicht mehr standhalten. 

Die Berliner Stadtbahn, die sich von Ost nach West durch die Hauptstadt zieht, ist dafür ein gutes Beispiel. Auf dem Streckenabschnitt sind jeden Tag viele Pendler unterwegs. Für die wollten die Länder Berlin und Brandenburg möglichst viele Züge bereithalten. Das hat dazu geführt, dass die Züge inzwischen mit sehr wenig Abstand hintereinander über die Strecke fahren. Steht dann ein Zug etwas länger an einem Bahnhof, staut sich der Verkehr auf, zahlreiche Züge sammeln Verspätungsminuten und die Zuverlässigkeit sinkt. 

„Wir brauchen so schnell wie möglich längere Bahnsteige“

Neben der Infrastruktur stellt auch das Deutschlandticket den VBB vor Herausforderungen. „Durch das Deutschlandticket haben wir eine höhere Nachfrage – und an manchen Stellen läuft das System über“, sagte Dill. Der VBB geht nicht davon aus, dass die Preiserhöhung um 9 auf 58 Euro ab Januar daran etwas ändern wird. 

Oft sorge das Fahrgastaufkommen für längere Haltezeiten und in der Folge für Verspätungen. „Wir sind dem Fahrgastaufwuchs nicht auf allen Strecken gewachsen“, machte Dill deutlich. Für 2025 rechnet der VBB mit einem ähnlichen Fahrgastaufkommen. 

„Wir brauchen so schnell wie möglich längere Bahnsteige“, so Dill. Auch an dieser Stelle geht der Blick zur DB Infrago. Diese sei aber aus seiner Sicht weder bei der Planung noch der Finanzierung in der Lage zu schnellen Lösungen. Nur mit längeren Bahnsteigen können die Züge noch weiter verlängert werden – was wiederum deutlich leichter umzusetzen wäre als neue, zusätzliche Verbindungen zu schaffen.