Die Rechtspopulistin Giorgia Meloni und der rechte Milliardär Elon Musk schmieden seit Langem gemeinsame Pläne. Nun wird ihre Freundschaft auch öffentlich sichtbar.

Dass die Chemie zwischen ihnen stimmt, war unübersehbar. Giorgia Meloni im kleinen Schwarzen mit V-Ausschnitt und dezentem Halsschmuck, Elon Musk im Gala-Anzug mit etwas zu großer schwarzer Fliege. Die beiden Tischnachbarn plauderten angeregt beim Dinner am vergangenen Montag im New Yorker Ziegfeld Ballroom. Italiens Ministerpräsidentin und der Tech-Unternehmer teilen immerhin dasselbe Weltbild eines rechten Patriotismus. Über die vergangenen Monate haben sich die beiden angenähert. Und sie brauchen einander mehr denn je. 

Der Milliardär Musk tritt als Großsponsor in Donald Trumps Wahlkampf auf. Von ihm verspricht sich Meloni offene Türen zum Weißen Haus im Fall von Trumps Wiederwahl zum US-Präsidenten – und positioniert sich so auf der Seite der Ultrarechten. Musk wiederum braucht Meloni für seine Geschäfte in Europa. Sie ebnet ihm den Weg zu umfangreichen Investitionen für seine Hightech-Firmen in Italien. Zu seinem Imperium gehören der Elektroautohersteller Tesla, der Online-Dienst X, der Satellitenbetreiber Starlink und die Raketenfirma Space X. Der 53-jährige Patron und die 47-jährige Politikerin haben einiges gemeinsam vor. Doch öffentlich sichtbar wurde ihre Freundschaft erst beim Gala-Abend des Atlantic Councils im Ziegfeld Ballroom. 

Giorgia Melonis Auszeichnung war umstritten

Die US-Denkfabrik vergibt jedes Jahr den „Global Citizen Award“. Am Montag wurde der Preis an Meloni verliehen: für ihre Verdienste als erste Frau im Amt der Ministerpräsidentin Italiens, für ihre Wende pro Nato und pro EU, für ihren Vorsitz der G7-Gruppe und für ihre Unterstützung gegenüber Kiew. Die Auszeichnung Melonis war wegen ihrer restriktiven Politik in Sachen Immigration und LGBT-Rechte innerhalb des Atlantic Councils durchaus nicht unumstritten. Doch als Meloni dann, wie üblich, ihren Laudator auswählte – nämlich Musk – war so mancher in der Jury erschrocken.Meloni Restaurant Albanien 7.45

Musk fördert rechte Verschwörungstheorien auf X.  Mehr als durch politische Äußerungen entglitt seine Rede während des Gala-Dinners jedoch durch Peinlichkeiten, die die 600 Gäste im Saal mit mildem Gelächter abfederten. „Es ist eine Ehre, diesen Preis an eine Frau zu verleihen, die innen noch schöner ist als außen“, sagte Musk. „Sie hat einen unglaublichen Job gemacht. Sie ist authentisch, ehrlich, treu, was man nicht immer über Politiker sagen kann.“ Meloni revanchierte sich und bezeichnete Musk als „kostbares Genie“.  Sie beschwor die angeblichen „Werte des Westens“ herauf. „Wir sollten uns nicht schämen, Konzepte wie Nation und Patriotismus zu verteidigen“, forderte Meloni. 

Musk hat die Nase vorn

Spricht man Meloni auf ihre Nähe zu Musk an, dann wiegelt sie ab. Nicht politische, sondern strategische Gründe würde sie antreiben. Ihre Regierung ist nun mit einem Gesetz vorgeprescht, dass Italien vor Cyberangriffen schützen soll. In einem Notfall sollen demnach strategische, militärische und zivile Dienstleistungen durch eine Internetverbindung über Satelliten gewährleistet werden. Auf diesem Gebiet gibt es aber in der westlichen Welt nur zwei Anbieter: die französische Firma Eutelsat Oneweb und Starlink. Das Unternehmen von Musk verfügt über mehr Satelliten und liegt deutlich niedriger im Preis. In einem Wettbewerb würde Starlink klar vorne liegen.

Der Satellitenbetreiber ist bereits im Gespräch mit Melonis Regierung in Rom. Offiziell ist noch die Rede von „Experimenten“. Es geht um die Internet-Versorgung von schwer zugänglichen ländlichen oder bergigen Gegenden Italiens. Starlink könnte künftig via Satelliten die klaffenden Lücken im italienischen Netz schließen. 

7,3 Milliarden Euro Investitionen in Technologie

Auch in der Raumfahrt gilt Musk mit seiner Firma Space X offenbar als attraktiv: Im Juli reiste Verteidigungsminister Guido Crosetto zur Besichtigung von Space X in die USA und erörterte dort Projekte zur Sicherheit Italiens. Das neue „Weltraum-Gesetz“ sieht Investitionen in einem Umfang von insgesamt 7,3 Milliarden vor. Ab 2026 sollen ausländische Firmen mit Projekten beauftragt werden. Sich an Musk zu halten, erscheint aus italienischer Sicht vielleicht eine Notwendigkeit. Doch diese Notwendigkeit scheint der Rechtspopulistin Meloni nicht zu missfallen. 

Meloni und der gebürtige Südafrikaner sind sich in New York zum dritten Mal begegnet. Bei ihrem ersten Treffen im römischen Regierungssitz Palazzo Chigi im Juni 2023 gingen sie ihre Themen schon einmal durch: von Cybersicherheit bis Elektroautos, von Marktderegulierung in Europa bis Pressefreiheit und Geburtenknick. Man verstand sich auf Anhieb und Musk nahm dann Melonis Einladung zur größten politischen Veranstaltung ihrer Partei Fratelli d’Italia bereitwillig an.

So reiste Musk im Dezember 2023 wieder nach Rom zur viertägigen Fantasy-Weihnachtsparty „Atréju“, wo die rechte Jugend Italiens feiert. Der Name des Festivals ist eine Hommage an den Drachenreitenden Krieger aus dem Roman „Die unendliche Geschichte“. Meloni hegt bekanntlich eine Vorliebe für das Fantasy-Genre, das sie stets mit rechtem Gedankengut auflädt. Die Veranstaltung stand unter dem Titel „Bentornato orgoglio italiano“ (Willkommen zurück zum italienischen Stolz). Melonis Mantra, das so ähnlich klingt wie Donald Trumps „America First“. 

Auftritt bei Melonis Parteiveranstaltung: Elon Musk wirbt mit seinem Sohn im Arm fürs Kinderkriegen
© Imago Images

Musk war der Stargast. Sein Thema: der Geburtenrückgang. Er trat mit einem seiner zehn Kinder im Arm auf die Bühne und rief die Italienerinnen zum Kinderkriegen auf. Mehr Kinder und weniger Einwanderer, sagen unisono Musk und Meloni. In Italien hat die Rechtspopulistin einen „Mama-Bonus“ eingeführt – freilich nur für verheiratete Mütter mit mehr als zwei Kindern. 

Musk lässt keine Gelegenheit aus, seiner Freundin Giorgia Solidarität zu bezeugen. Auf dem Höhepunkt der Krise ihrer Migrationspolitik im September 2023 sprang der Multimilliardär ihr zur Seite. Im Streit Melonis mit der Bundesregierung um deutsche Finanzierung für private Seenotrettung ergriff er für sie Partei.

Musk beklatscht Melonis Migrationspolitik

Musk hat 198 Millionen Follower auf X. Er platziert gezielt seine Botschaften. In den Tagen vor der Preisverleihung des Atlantic Councils postete er Melonis Videobotschaft von 2023, in der sie sich für ihre Migrationspolitik verteidigte, dem größten Flop ihrer Regierung. Im Video wendet sie sich direkt an jene, die nach Italien flüchten wollen: „Wenn ihr illegal ins Land kommt, werdet ihr zurückgeschickt“, drohte sie. Musk applaudierte und kommentierte: „Bravo!“

Meloni kann die Unterstützung des reichsten Mannes der Welt mit einem von Forbes geschätzten Vermögen von 257 Milliarden Dollar nur recht sein. Sie ist bereit, Italien für seine Investitionen in Raumfahrt und Satelliten-Kommunikation zu öffnen. Im Fall eines Wahlsieges will Trump Musk als Berater in sein Kabinett holen. Meloni spekuliert auf einen direkten Draht ins Weiße Haus. Doch auch Musk braucht Meloni als seine Verbündete in Europa.

Brüssel will mit dem „Digital Service Act“ ein Gesetz auf den Weg bringen, das Internet-Plattformen – auch X – dazu verpflichtet, Falschinformationen, vor allem im Nachgang politischer Wahlen, zu blockieren. Meloni signalisierte bereits Widerstand gegen das Gesetz. Sie wird ihrem Freund zu Hilfe zu kommen – im Namen der „Freiheit der Gedanken“.