Im Netz präsentieren sich Mormoninnen gerne als kochende Hausfrauen. Die neue Reality-Serie „The Secret Lives of Mormon Wives“ zeigt ein anderes Bild – und sorgt für Furore.

Die erfolgreichste Mormonin im Netz ist aktuell wohl Influencerin Hannah Neeleman. Noch nie von ihr gehört? Auf ihrem Profil „Ballerina Farm“ hat die junge Mutter zehn Millionen Follower, die sie täglich mitnimmt in ihr Leben auf der gleichnamigen Familienfarm: viele Kinder, selbst gekochtes Essen, eine scheinbar heile Welt – und ganz im Einklang mit den strengen Regeln der Glaubensgemeinschaft. So dürfen Mormonen zum Beispiel keinen Sex vor der Ehe haben, weder Alkohol noch Kaffee oder schwarzen Tee trinken und auch nicht rauchen.

Etwas anders präsentieren sich die in Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah lebenden Protagonistinnen in „The Secret Lives of Mormon Wives“ (zu sehen bei Disney+). Die Reality-Serie sorgt besonders in den USA gerade für ordentlich Furore. 

„The Secret Lives of Mormon Wives“: #MomTok-Skandal

Denn der Show voraus ging bereits ein Skandal. Taylor Frankie Paul, eine der Hauptdarstellerinnen in „The Secret Lives of Mormon Wives“, erreichte vor einigen Jahren Ruhm auf Tiktok, als sie gemeinsam mit Freundinnen unter dem Hashtag „MomTok“ Tanzvideos und andere Kollaborationen postete. Die Frauen konnten sich über viele Klicks und Follower freuen. Doch dann der Schock: 2022 erklärte Taylor Frankie Paul, sie und ihr Ehemann würden sich scheiden lassen. Nicht nur das. Sie enthüllte, dass sie und andere Mitglieder von „MomTok“ sogenannte „Soft Swinging“-Partys veranstaltet hätten, bei denen sie ihre Partner untereinander tauschten. „MomTok“ brach auseinander, die anderen Frauen machten Paul Vorwürfe, sie selbst sorgte währenddessen für Aufsehen, als sie kurze Zeit nach der Trennung einen neuen Partner an ihrer Seite präsentierte.

„The Secret Lives of Mormon Wives“ beginnt mit der Aufarbeitung des Online-Skandals. Die erste Episode endet direkt mit einem Knall: Taylor Frankie Pauls Verhaftung. Es ist nicht die einzige Storyline, die so manch einem Mormonen übel aufstoßen dürfte. 

PAID Hardcore-Christen auf Youtube 17.57

Kritik an Darstellung

Im Netz sorgt die Darstellung der Religion und die Repräsentation durch die Influencerinnen teilweise für Wut. Zu freizügig, zu wild, zu wenig traditionell seien die jungen Frauen. Dabei wird genau das in der Serie selbst thematisiert. Denn die Frauen teilen sich untereinander auf, sagen konkret, dass es unter ihnen die „Heiligen“ gibt und eben die „Sünder“. Letztere sind die Geschiedenen unter ihnen, immerhin vier von acht Frauen. Manche von ihnen trinken auch mal Alkohol, meistens bleiben sie aber bei „Soda Drinks“, also Limonaden.

Tatsächlich ist es interessant zu sehen, wie die Religion und das alltägliche Leben der Frauen in der Serie präsentiert werden. Beispielsweise wenn sie diskutieren, wie Frauen in der Kirche behandelt werden und wie Männer besondere Privilegien genießen. Oder wie paradox es ist, dass ihnen als jungen Mädchen gesagt wurde, Sex sei etwas Böses, bis sie vor den Traualtar schritten. „Vor der Heirat ist Sex ein Tabu, aber danach wird von dir erwartet, dass du für deinen Mann ein Pornostar bist“, so eine der jungen Frauen. Fast schon komisch ist die Szene, als sie feststellen, dass sie alle die Hauptverdienerinnen in ihren Ehen sind. Dank Social Media. Sie bringen das Geld nach Hause und kümmern sich gleichzeitig um die Kindererziehung.

Erstes Kind mit 16 Jahren

In Folge sieben sprechen die acht Frauen über die Ehe und die Tatsache, dass Mormonen meist (zu) jung heiraten. „Das ist auch das Problem. Alle heiraten, bevor ihr Gehirn überhaupt entwickelt ist“, sagt eine von ihnen kritisch. Mikayla Matthews erzählt in einer der ersten Folgen, dass sie mit gerade einmal 16 Jahren schwanger wurde. Der Vater des Kindes – ihr heutiger Ehemann – war damals bereits 21 Jahre alt.

Und so ist „The Secret Lives of Mormon Wives“ zwar einerseits astreiner Eskapismus, der nicht allzu viel Gehirnschmalz kostet, andererseits gibt die Serie tatsächlich einen Einblick in das Leben der Mormonen, den man bisher so nicht bekommen hat. An manchen Stellen wirkt die Show geradezu feministisch – wer hätte das gedacht.

„The Secret Lives of Mormon Wives“ ist im Streaming auf Disney+ abrufbar