„Wir sind das Land der Macher und nicht der Motzer“, sagt Schweitzer in seiner ersten Regierungserklärung und spricht etliche Vorhaben an. Die CDU kritisiert heftig, streckt aber auch die Hand aus.

Mehr Deutschförderung für Kinder, mehr Geld für die Kommunen und eine Beschleunigung von Digitalisierung und Bürokratieabbau: Das sind einige der Schwerpunkte, die der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer in seiner Arbeit setzen will. Er hielt heute seine erste Regierungserklärung im Landtag in Mainz.

Der SPD-Politiker will aber auch den Industriestandort, den Klimaschutz, den Wiederaufbau im Ahrtal sowie die Integration voranbringen. Oppositionsführer Gordon Schnieder (CDU) griff vor allem die Asyl- und Wirtschaftspolitik sowie den Umgang der Ampel-Regierung mit den Kommunen an.

Ein bürokratiearmes 200 Millionen-Förderprogramm für wirtschaftsschwache Kommunen werde rund einem Viertel der Rheinland-Pfälzer zugutekommen, sagte Schweitzer. Er kündigte auch die Einführung von Informatik-Unterricht an den Schulen ab 2026 und eine weitere Aufstockung der Polizei auf 10.500 Köpfe in den nächsten Jahren an. 

Schweitzer bekennt sich zu offenem Europa 

„Fest steht, dass unser Asylsystem verbessert werden muss. Es gibt zu viele Lücken“, sagte der 51 Jahre alte Pfälzer. Die Bundesregierung setze unter anderem auf temporäre Grenzkontrollen. Eine Schließung der Grenzen dürfe es aber mit Blick auf den Wohlstand nicht geben, betonte Schweitzer und bekannte sich ausdrücklich zu einem freien und offenen Europa. 

„Humanität und Ordnung, das sind die Ziele, die wir in der Asyldebatte verfolgen“, betonte Schweitzer. „Ich werde mich immer dagegen wehren, wenn Minderheiten diskriminiert werden, ob ihrer Herkunft.“ Dass Rheinland-Pfalz deutschlandweit die schnellsten Verwaltungsgerichtsverfahren bei Abschiebungen habe, sei politisch gewollt. Das Land werde die Mittel für die Aufnahme Geflüchteter deutlich erhöhen und die Kommunen bei der Abschiebung mehr unterstützen.

Oppositionsführer bietet Zusammenarbeit bei Migration an

CDU-Fraktionschef Schnieder bot dem Ministerpräsidenten eine Zusammenarbeit bei der Migration an. Die größte Oppositionsfraktion im Landtag wolle ihre Vorschläge einbringen. „Lassen Sie uns in einem gemeinsamen Schulterschluss aller demokratischen Parteien der Mitte etwas zum Besseren bewirken – für das Wohl unseres Bundeslandes, für den Schutz der Bevölkerung und für den demokratischen Zusammenhalt“, so Schnieder. „Die Aufgabe ist auch deshalb so groß, weil wir hier vernetzt denken müssen.“ Die Politikfelder Migration, Innere Sicherheit, Bildung und Soziales seien nicht mehr voneinander zu trennen. Vielen Menschen fehle es an Zukunftshoffnung.

Schnieder fordert mehr Abschiebehaftplätze

Schnieder forderte den Ministerpräsidenten auf, dafür zu sorgen, dass Menschen ohne Bleiberecht und schwerkriminelle Straftäter Rheinland-Pfalz zügig verließen. „Bauen Sie die Zentralstelle für Rückführungsfragen in Trier zu einer Zentralen Ausländerbehörde aus“, mahnte der CDU-Politiker, der bei der Landtagswahl im Jahr 2026 voraussichtlich als Herausforderer von Schweitzer antreten wird. 

„Wir brauchen eine Bündelung der Zuständigkeit für Abschiebungen und eine Entlastung der kommunalen Ausländerbehörden.“ Zudem sollte die Zahl der zur Verfügung stehenden Abschiebehaftplätze deutlich erhöht werden. Das sei die Voraussetzung dafür, dass sich Ausreisepflichtige nicht der Abschiebung entziehen könnten.

„Wir müssen der illegalen Migration und kriminellen Migranten deutliche Grenzen aufzeigen“, betonte Schnieder. „Aber es geht natürlich nicht allein um Kriminalität.“ Es sei offensichtlich, dass allein schon die hohe Zahl der Flüchtlinge das Gemeinwesen und die Kommunen überforderten. 

Schweitzer bekennt sich zu Industriestandort

Ministerpräsident Schweitzer sagte, seine Regierung werde sich dafür einsetzen, dass Rheinland-Pfalz ein starkes Industrieland bleibe. Zudem sollten die erfolgreichen Felder Biotechnologie und Künstliche Intelligenz „vermählt werden“.

Der CDU-Fraktionschef hielt Schweitzer eine Mitteilung der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz entgegen, nach der das Vertrauen der Wirtschaft in die Energiepolitik stark beschädigt sei. 40 Prozent der befragten Unternehmen würden ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sehen.

Schweitzer verspricht Bürokratieabbau und Geld für Digitalisierung 

Schweitzer kündigte an, nach Vereinfachungen im Bauordnungsrecht werde sein Kabinett bereits nächste Woche weitere Vereinfachungen und den Abbau von Bürokratiestandards vorstellen. Die Digitalisierung der Kommunen werde in den kommenden beiden Jahre mit mehr als 1,5 Milliarden Euro unterstützt.

CDU-Fraktion: Kommunen fühlen sich vom Land im Stich gelassen

Oppositionsführer Schnieder machte die Koalition aus SPD, Grünen und FDP dafür verantwortlich, dass sich die Kommunen vom Land im Stich gelassen fühlten. „Sie haben die kommunale Selbstverwaltung ausgehöhlt, Städten, Gemeinden, Kreisen die Luft zum Atmen genommen.“ Kein Bundesland lasse seine Infrastruktur so verkommen wie Rheinland-Pfalz. „Wir kümmern uns um unsere Infrastruktur“, betonte dagegen Schweitzer.

Deutschförderung an Kitas und Schulen wird intensiver

Der Regierungschef kündigte eine deutliche Ausweitung der Deutschförderung an. „Ab dem Schuljahr 2026/27 werden wir stufenweise den Sprachstand aller viereinhalbjährigen Kinder erfassen.“ Darauf aufbauend werde es Vorschläge für die individuelle Förderung jedes Kindes geben.

Rund die Hälfte der Kitas habe bereits Sprachbeauftragte. „Damit sie mehr Zeit für ihre Arbeit haben, wird das Land in einer ersten Stufe rund 350 Kitas in herausfordernder Lage auswählen und dort Sprachbeauftragte bis zu fünf Stunden pro Woche freistellen“, sagte Schweitzer. Die Kosten werde das Land übernehmen. Schon ab 2025 solle es beim Übergang von der Kita in die Schule einen Überblick über die Fähigkeiten des einzelnen Kindes geben. 

Oppositionsführer Schnieder äußerte sich skeptisch zu den bildungspolitischen Zielen: „Wir müssen viel mehr Ressourcen ins System geben“, forderte der CDU-Fraktionsvorsitzende. „Es reicht vorne und hinten nicht. Wir sind gespannt, wie viel Sie wirklich im neuen Haushalt an frischen Mitteln in die Bildung geben und was dadurch tatsächlich verbessert wird.“

Wiederaufbau des Ahrtals bleibt Schwerpunkt 

Der Wiederaufbau des Ahrtals bleibt ein Schwerpunkt der Landesregierung. Da noch nicht alle Hilfen bei den Betroffenen angekommen seien, werde die ISB in besonders schwierigen Fällen direkt den Kontakt suchen. Fast 1,3 Milliarden Euro seien im privaten Wiederaufbau und bei den Wirtschaftshilfen bereits bewilligt worden. 

Der Oppositionsführer kritisierte den Regierungschef stark dafür, dass er sich wegen der Umstände während der Flut-Katastrophe nicht bei den Menschen in der Region entschuldigt habe. „Sie haben eine große Verantwortungs-Chance heute verpasst“, sagte er zu Schweitzer. 

 

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