Die Themen Fachkräfte und Infrastruktur treiben den Biotechnologie-Koordinator von Rheinland-Pfalz um. Es gibt unter anderem Gedankenspiele zu einer Produktionsanlage in kleinem Maßstab für Start-ups.

Mit einem Ausbau der Aus- und Fortbildung von Fachkräften sowie bestimmter Forschungs- und Gebäudeinfrastruktur will der Landeskoordinator für Biotechnologie, Eckhard Thines, Rheinland-Pfalz als Branchenstandort weiter voranbringen. Es brauche etwa für Start-ups kleinere Produktionsstätten, um in frühen Entwicklungsstadien Kosten zu sparen. Auch mit einem gezielten Einsatz von Künstlicher Intelligenz lasse sich Geld sparen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Um genügend Fachkräfte zu haben, müssten speziell für junge Menschen noch mehr Entwicklungschancen geboten werden. 

Produktionskapazitäten für die Biotechnologie befänden sich aktuell zu einem beträchtlichen Teil in großen Firmen, betonte Thines. „Die sind zertifiziert, das sind Prozesse, die sind teuer und hochökonomisiert.“ Für Start-ups sei es schwer, dort hineinzukommen oder sie könnten es sich nicht leisten. Hier könnte eine speziell für Pilotprojekte in überschaubarem Rahmen gedachte Anlage helfen. Es werde nachgedacht, so etwas gekoppelt mit Künstlicher Intelligenz (KI) aufzubauen. KI könne dazu beitragen, die Zahl der Experimente und damit die Kosten in Grenzen zu halten. 

Ideen für eine Pilotierungsanlage

Mit Blick auf eine solche Pilotierungsanlage sagte Thines: „So was ist nicht billig, aber es gibt einen gigantischen Bedarf.“ Er sehe auch bei der Industrie eine Nachfrage, auch sie brauche für Forschung Kapazitäten abseits der großen Produktionsanlagen. „Ich bin fest überzeugt, dass man Partner aus der Industrie bekommt, um so etwas hochzuziehen“, sagte Thines, der an der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität (JGU) eine Professur für Biotechnologie innehat. Denkbar sei, dies in einer Art Public-Private-Partnership aufzusetzen, also einer öffentlich-privaten Zusammenarbeit. 

Bei den Fachkräften sehe er aktuell den Flaschenhals bei Laboranten, technischen Assistenten und IT-Kräften. „Wir brauchen aber auch Leute für Gesundheitsökonomie, wir brauchen Leute für Patentrecht und für IP-Recht. Das sind Dinge, denen man in der Ausbildung gerecht werden muss.“ An seinem Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie an der JGU gingen in den nächsten fünf Jahren fünf technische Assistenten in den Ruhestand. „Das treibt mir Schweißperlen auf die Stirn, der Markt für technische Assistenten ist leer“, sagte Thines.

Um Nachwuchs zu sichern, müssten jungen Menschen Perspektiven geboten werden. „Im Endeffekt glaube ich nicht, dass es daran hängt, dass wir nicht genug Leute bekommen. Es hängt daran, ob man jungen Leuten eine attraktive Perspektive geben kann.“ Es brauche wissenschaftliche Weiterbildung, Zertifikatsprogramme, auch Masterstudiengänge im Fernstudium. „Das sind Angebote, die wir aufbauen wollen.“ 

Blick Richtung Hochschulen und Schulen

Wichtig seien international ausgerichtete Studiengänge in englischer Sprache. 2012 habe es in der Biologie der Uni Mainz 31 Erasmus-Verträge gegeben und lediglich zwei aus dem Ausland stammende Studenten. „Das hängt nicht daran, dass Mainz so eine unattraktive Stadt ist, im Gegenteil. Sondern es hängt daran, dass wir einfach kein englischsprachiges Angebot hatten.“ 

Mittlerweile habe sich viel getan, betonte Thines. „Wenn wir heute in der Biologie neu akkreditieren, akkreditieren wir eigentlich nur noch Studiengänge, die englischsprachig sind. Mit Ausnahme der Lehramtsstudiengänge.“ Auch an Schulen müssen noch intensiver geworben werden, betonte der Landeskoordinator. „Wir müssen in die Schulen gehen, wir müssen im MINT-Unterricht mit Biotechnologie noch präsenter werden.“ 

Thines: „Wenn es einfach wäre, könnte es jeder“

„Wir müssen uns so aufstellen, dass wir in Ausbildungs- und Forschungsthemen dem Markt gerecht werden“, ergänzte Thines. Aktuell werde viel darüber gesprochen, dass etwa die BASF an ihrem Stammsitz in Ludwigshafen Anlagen abschalte. Gleichzeitig aber baue das Unternehmen Biotechnologie und Fermentationstechnologie auf. „Das ist ein dynamischer Wandel.“ Auf den müsse reagiert werden. Die Fermentationstechnologie beschäftigt sich mit der Nutzung von Mikroorganismen zur Herstellung verschiedenster Produkte. 

Für die weitere Entwicklung des Biotechnologie-Standorts Rheinland-Pfalz müsse an ganz vielen Stellschrauben parallel gedreht werden. „Man muss eine Langfristigkeit im Blick haben, obwohl die technische Entwicklung möglicherweise so schnell ist, dass sie von dieser Langfristigkeit eingeholt, bevor man am Ziel ist“, sagte Thines. Das mache es nicht einfach. „Aber meine Güte, wenn es einfach wäre, könnte es jeder.“