Beim FC Bayern ist die „Gewinner-Mentalität“ zurück. Kane trifft und Musiala trotzt der Kritik. Die Situation des Rekordmeisters könnte eigentlich nicht besser sein. Doch jemand ist „sauer“.
Trainer Vincent Kompany vom FC Bayern München musste sich nach der Übernahme der Tabellenführung in der Fußball-Bundesliga kurz zügeln. „Wenn wir weitermachen wie jetzt, machen wir vielleicht am Ende der Saison … ähm… eigentlich will ich das gar nicht sagen. Einfach weitermachen“, sagte der vor der Saison kritisch beäugte Trainer mit einem Schmunzeln nach seinem dritten Bundesliga-Spiel als Coach des Rekordmeisters.
Nach dem furiosen 6:1 (4:0) bei Aufsteiger Holstein Kiel steht das Münchner Starensemble auf Platz eins, darauf hatten die verwöhnten Bayern-Fans fast ein Jahr warten müssen. Für Kapitän Manuel Neuer war aber ein Fakt noch viel wichtiger als der Blick auf die Tabelle: „Wir haben die Gewinner-Mentalität zurück. Wir ruhen uns jetzt nicht aus.“ Freilich ist es noch zu früh, als dass die übermächtige Saison des Titelverteidigers aus Leverkusen schon vergessen wäre.
Eberl verteidigt Goretzkas Ausbootung
Nun steht der Rekordmeister dort, wo er nach dem eigenen Selbstverständnis auch hingehört. Der Start in die Spielzeit lief optimal: Der Pokalsieg bei Zweitliga-Aufsteiger Ulm, drei Siege aus drei Liga-Spielen – und auch sonst wirkt fast alles wohlklingend. Harry Kane trifft in Kiel dreimal, Jamal Musiala trotzt der Kritik von TV-Experte Dietmar Hamann mit seinem Treffer nach 14 Sekunden und Leroy Sané steht nach seiner Leisten-Operation wieder im Kader. Klingt harmonisch. Doch der FC Bayern wäre nicht der FC Bayern, gäbe es nicht auch Härtefälle.
Großer Verlierer in der noch jungen Saison ist Mittelfeldspieler Leon Goretzka. Der 29-Jährige hat einen schweren Stand bei Trainer Kompany. Der FCB hätte den Spitzenverdiener gerne im Sommer verkauft. Doch daraus wurde nichts. In Kiel stand der 57-malige Nationalspieler, für den aktuell auch Bundestrainer Julian Nagelsmann keine Verwendung hat, nicht einmal im Kader.
Sportvorstand Max Eberl verteidigte die Ausbootung von Goretzka. „Ich mag ihn sehr, auch wenn er momentan natürlich sauer ist. Das verstehe ich auch. Aber das gehört zum Fußball-Leben auch dazu“, sagte Eberl beim TV-Sender Sky. „Wir haben von Anfang an klar kommuniziert, dass wir einen sehr ausgewogenen Kader haben werden. Dass wir mit Alex Pavlovic einen Spieler haben, der jetzt Nationalspieler geworden ist und jetzt mit Palhinha einen Transfer machen werden, das wusste Leon vorher“, erklärte Eberl. „Dann ist es nun mal so, dass die Konkurrenzsituation beim FC Bayern groß ist“, schob er hinterher.
Matthäus: „Im Kader vermisse ich ihn“
Ex-Profi und Sky-Experte Lothar Matthäus zeigte sich überrascht. „Im Kader vermisse ich ihn. Alle haben ihn gelobt, wie er in dieser Woche trainiert hat. Man hat auch gehört, dass Kompany ihn super gelobt hat. Dass er gar nicht im Kader ist, wundert mich natürlich“, sagte der Rekordnationalspieler.
Schon in der ersten Runde des DFB-Pokals in Ulm (4:0) war Goretzka nicht Teil des Kaders gewesen. Bei den Siegen der Bayern in Wolfsburg und gegen Freiburg stand er zwar im Aufgebot. Aber nur gegen die Breisgauer wurde er kurz vor Spielschluss eingewechselt.
Freund: „Wir wollen immer ganz oben stehen“
„Wenn es nicht Leon ist, dann ist jemand anderes nicht im Kader“, sagte Kompany und versuchte die Situation zu entschärfen. So verpasste Goretzka den äußerst souveränen und abgeklärten Auftritt der Bayern im Norden. Holstein-Kapitän Lewis Holtby und Angreifer Benedikt Pichler sprachen zu Recht von einem „Klassenunterschied“.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Bayern hat bislang noch keinen echten Brocken vor sich gehabt. In diese Kategorie fallen auch nicht Dinamo Zagreb als Auftaktgegner in der reformierten Champions League am Dienstag (21.00 Uhr/DAZN) und danach Werder Bremen in der Bundesliga. Erst danach kommt es am 28. September zum ersten großen Kräftemessen mit Double-Gewinner Leverkusen.
„Das war ein guter Start, aber jetzt geht es Schlag auf Schlag“, sagte Sportdirektor Christoph Freund, für den der Status quo schnell wieder zur Gewohnheit werden soll: „Wir wollen immer ganz oben stehen. Das ist unser Anspruch.“