Vor dem Hintergrund eines Vergewaltigungsprozesses sind in Frankreich am Samstag mehrere tausend Menschen auf die Straße gegangen, um ihre Unterstützung für Opfer sexualisierter Gewalt zu zeigen. „Wir sind alle Gisèle“, skandierten 3500 Demonstrantinnen und Demonstranten in Paris und riefen: „Vergewaltiger wir sehen Dich; Opfer, wir glauben Dir“ und „Du bist nicht allein“. 

In der südfranzösischen Hafenstadt Marseille versammelten sich nach Angaben der Organisatoren mehr als tausend Menschen vor dem Justizpalast, vor dem ein Transparent mit der Aufschrift hing: „Die Scham muss die Seite wechseln.“ Auch im westfranzösischen Rennes versammelten sich zwischen 200 und 400 Menschen und hielten Schilder hoch mit den Worten: „Schütze Deine Tochter, erziehe Deinen Sohn“ und „Gisèle, wir lieben Dich.“

Die Demonstrierenden zeigten sich beeindruckt von „dem Mut“ von Gisèle Pelicot. Sie war von ihrem Ehemann über Jahre hinweg mit Schlafmitteln betäubt und Fremden zur Vergewaltigung angeboten worden. Der 71-jährige Dominique Pelicot steht derzeit in Avignon vor Gericht. Er hat gestanden, seine mittlerweile geschiedene Frau Gisèle ohne ihr Wissen gemeinsam mit Fremden missbraucht zu haben. 

Gisèle Pelicot hatte in der vergangenen Woche vor Gericht ausführlich geschildert, wie sie jahrelang unter unerklärlichen Gedächtnislücken und gynäkologischen Problemen litt, bevor sie erfuhr, in welcher Weise sich ihr Mann an ihr verging. Dies wurde aufgedeckt, als ihr Mann wegen eines anderen Vergehens ins Visier der Justiz geriet und die Ermittler auf etwa 4000 Fotos und Videos von Vergewaltigungen der offensichtlich bewusstlosen Frau stießen.

Etwa 200 Mal war Gisèle Pélicot zwischen 2011 und 2020 ohne ihr Wissen vergewaltigt worden, teils von ihrem Ehemann und in 92 Fällen von Fremden. Die Ermittler identifizierten 50 von ihnen, die sich nun neben dem Hauptangeklagten vor Gericht verantworten müssen. Ihnen drohen Haftstrafen von bis zu 20 Jahren. 

Die Tatsache, dass Gisèle Pelicot einen öffentlichen Prozess akzeptierte, löste in der Öffentlichkeit eine breite Welle der Unterstützung für Opfer sexualisierter Gewalt und Belästigung aus.